Aus der Chemnitzer Posthistorie

Der 13. Juni 1696 ist ein histo­risch bedeutsames Datum in der Geschichte des Chemnitzer Post­wesens. An diesem Tag wurde per Erlass des kurfürstlichen Oberpost­amtes Leipzig „zur Beförderung der Correspondenz und Fortbrin­gung reisender Personen“ der Ein­satz einer „wöchentlich zweimal ge­hende geschwinde fahrende Post von Leipzig über … Chemnitz … nach Annaberg“ verfügt. Damit er­folgte die direkte Einbindung unse­rer Stadt in das amtliche sächsische Postverkehrsnetz. Obwohl bereits seit Mitte des 16. Jahrhunderts Post­läufer und mit Beginn des 17. Jahr­hunderts Postreiter Chemnitz pas­siert haben müssen, kann man erst seit 1696 von einem regulären Post­wesen in Chemnitz sprechen. Unse­re Stadt erhielt erstmals ein Postamt. Erster Postverwalter war Christian Hermann. Der Standort der „Post­amtsexpedition“ befand sich Neu­markt/Ecke Johannisgasse, ebenso die damit verbundene Posthalterei; die „Passagierstube“ – der Warte­raum – war im Hotel „Blauer Engel“ untergebracht.

 

Chemnitz wurde auch Glied der Postverkehrsverbindung Dresden- Nürnberg und Ausgangspunkt der Strecke, die über Marienberg und Sebastiansberg nach Prag führte. In diesen Grenzen blieb der Postver­kehr lange Zeit und nahm erst mit Beginn des 19. Jahrhunderts wieder einen beträchtlichen Aufschwung. Bestanden 1816 14 fahrende und 9 reitende Posten von Chemnitz aus, so trafen 1846 wöchentlich 79 Posten in Chemnitz ein und gingen 78 Posten von hier ab. 1884 wur­den 175 Posten nach auswärts be­fördert. Dabei war Chemnitz so­wohl Ausgangs- bzw. Endpunkt als auch eine Etappenstation. 1854 tra­ten von Chemnitz aus 32.150 Passa­giere die Reise an. 1865 belief sich hier der Postverkehr auf 1.298.102 Sendungen. Übrigens spricht auch für die Bedeutung von Chemnitz als Schnittpunkt im Postverkehr, dass ab 1. Januar 1828 auf den Poststrecken nach Leipzig und Dresden wöchent­lich einmal ein „neuer, hinten und vorn in Federn hängender und be­quem eingerichteter Eilwagen“ ein­gesetzt wurde.

 

Das Anwachsen des Postverkehrs hatte auch strukturelle und Stand­ortveränderungen zur Folge. 1818 erfolgte die Trennung der Postamts­expedition von der Posthalterei, letztere ging in Privathand über. Mit dem 9. Juli 1836 erfolgte die Verle­gung der Postamtsexpedition in das Eckhaus Lange Gasse/Nicklasgasse.

 

Am 1. Dezember 1859 wurde dann der erste Postamtsneubau an der späteren Poststraße in Betrieb ge­nommen, der vier Jahrzehnte später nochmals eine beträchtliche Erwei­terung erfuhr. Mit der Inbetriebnah­me der Eisenbahnstrecke Chemnitz- Riesa am 1. September 1852 kam der Bahnpostdienst hinzu. Dafür wurde 1906/1907 der Komplex der sogenannten „Schillerpost“ errichtet.

 

Der Postdienst Chemnitz unterstand zunächst der Oberpostdirektion Leipzig (OPD). Am 1. Juli 1897 er­folgte die Bildung der OPD Chem­nitz, die bis zum 8. Juli 1945 exis­tierte. Ihre Unterbringung erfolgte zunächst im Hotel Reichold am Hauptbahnhof. Danach nahm sie ihre Tätigkeit in dem am 1. Juli 1904 eingeweihten attraktiven Gebäu­de am Stephansplatz wahr. Bis zur Auflösung der Länder 1952 war für Chemnitz die OPD Dresden zustän­dig. Dann führte die Bezirksdirek­tion Karl-Marx-Stadt die Regie, heu­te die Deutsche Post AG.

 

Ab 1876 wurden Post und Fernmel­dewesen vereinigt. Am 1. August 1883 gingen das erste Chemnitzer Fernsprechnetz mit 68 Hauptstellen, am 1. Januar 1888 die erste Fern­leitung nach Meerane, am 30. Au­gust 1930 das neue Fernmeldeamt an der oberen Aktienstraße (heu­te Minna-Simon-Straße) und am 29. November 1931 das vollständig automatisierte Ortsnetz in Betrieb. Heute trägt die Deutsche Telekom AG für Fernsprech- und Funkwesen die Verantwortung. Erwähnenswert in der Chemnitzer Postgeschich­te: Am 16. August 1851 erfolgte die Aufstellung der ersten Postbriefkäs­ten im Stadtgebiet und im Februar 1902 der ersten beiden Schließfach­schränke mit 178 Fächern.

 

In der DDR-Zeit war die Post in Chemnitz mit zwei Hauptpostäm­tern und 29 Postämtern präsent. Am 23. April 1961 wurde in der Luther­straße der erste Neubau der Deut­schen Post in Karl-Marx-Stadt nach dem 2. Weltkrieg der Öffentlich­keit zur Nutzung übergeben. Es er­hielt einen attraktiven Giebel, den der Zschopauer Künstler Rudolf Fleischer mit einem farbigen Kera­mikmosaik gestaltete. Es stellte drei Postler der damaligen Zeit im der charakteristischen Umhängetasche der Briefzusteller dar. An der Straße der Nationen entstand das seiner­zeit modernste Hauptpostamt der DDR, das am 6.Oktober 1967 ein­geweiht wurde, und ein Fernmelde­komplex an der Zschopauer Straße.

 

Zur Zeit besitzt die Deutsche Post AG außer der Hauptpost in der Stra­ße der Nationen noch vier Postäm­ter. Auch diese sollen bis 2011 ge­schlossen und durch sogenannte Partner-Filialen in Geschäften er­setzt werden.

aus VS Aktuell 2/2009, erschienen im  VS Aktuell 2/2009 Aus der Stadtgeschichte