Die Bretgasse gehört zu den kürzesten, aber auch zu den ältesten und interessantesten Straßen der Chemnitzer City. Die mittelalterliche Gasse, zugehörig zum einstigen Chemnitzer Viertel (heute Zentrum) führte ursprünglich vom Markt bis zur heute nicht mehr existierenden Lange Straße, das heißt, sie endete vor dem erhalten gebliebenen Gebäudeteil des am 1.Dezember 1859 eingeweihten Hauptpostamtes. Heute ist sie bis zum Gleisbett der Bahnhofstraße verlängert.
Erstmals ist die Bretgasse als „Bret- Gässchen“ in dem vom Geometer Johann Paul Trenckmann im August 1761 gezeichneten „Grund-Riss des Weichbildes der Stadt Kemnitz“ anschaulich dokumentiert. Dabei sind eingangs und ausgangs der Bretgasse zwei Wasserkästen eingezeichnet. Schwieriger ist es schon, die Herkunft des Namens zu deuten. Der Historiker Emil Weinhold führt ihn darauf zurück, dass in Pestzeiten Ein- und Ausgang der Gasse durch Bretterverschläge gesperrt wurden, um eine Ausbreitung der furchtbaren Krankheit zu verhindern. Im Adressbuch der Industrie- und Handelsstadt Chemnitz hingegen ist von „Breiter Gasse“ als Gegensatz zu anderen schmaleren Gässchen die Rede.
Nach dem Schocksteuerregister von 1717 umfasste die Bretgasse 13 Grundstücke, von denen 12 Handwerker im Besitz hatten: „3 Schuster, 2 Riemer, Schleifer, Tuchscherer, Buchbinder, Bäcker, Tischler, Sattler, Seiler je 1“. Einer von ihnen war der Sattlermeister Adam Wendisch. Um die Bretgasse ranken sich auch tragische und natürlich auch merkwürdige Ereignisse. Im Dreißigjährigen Krieg verzeichnet die Pinthersche Chronik unter dem 12. April 1634, „eine von Mordbrennern zwischen 11 und 12 Uhr im Bretgässchen bei Hans Rößler angelegte Feuersbrunst“, die 135 Häuser der Stadt in Schutt und Asche legte.
Von dem an der Ecke Markt/Bretgasse stehenden Haus waren die Fenster nach der Bretgasse hin zugemauert. Und damit hatte es der Sage zufolge folgende Bewandtnis: In diesem Haus lebte im 17. Jahrhundert der Advokat Seidelmann. Er war wegen seiner Grausamkeit gegenüber Armen berüchtigt. Zur Strafe fand sein Geist nach dem Tode keine Ruhe und er erschreckte die Vorübergehenden mit seiner Fratze an den Fenstern. Daraufhin wurden die Fenster zugemauert. Doch der Geist Seidelmanns rumorte im Haus weiter, bis er endlich durch den Stadtpfarrer in die Seidelmannhöhle nach Glösa verbannt wurde. An der Wende zum 20. Jahrhundert führte die Bretgasse den Spitznamen „feuchte Gasse“, denn die Untergeschosse von sämtlichen rechtsseitigen Häusern wurden von Schankstätten eingenommen: die Weinstuben Emil Hartenstein, die Schäfersche Schankwirtschaft, die Weinstube Reh, der „Europäische Hof“ und Erichs Bierstube. Dazu kamen noch auf der gegenüberliegenden Seite Lamberts Bierstube und die Weinstube von Kornmann. Auf der linken Seite erhob sich eingangs der Bretgasse ein ansehnliches Jugendstilgebäude. In ihm befanden sich bis 1945 die Kammerlichtspiele „Filmeck“, vordem „Astoria“ und auch „Zentrum-Lichtspiele“ genannt. Das Gebäude überlebte die Luftangriffe und wurde danach zum Stadthaus. In den Straßenverzeichnissen und Stadtplänen der DDR taucht der Name Bretgasse nicht auf. Er ist erstmals 1991 wieder in der „Citykarte Chemnitz“ verzeichnet. Seither schreibt sie neue Annalen.
Vom Markt aus linkerhand gibt sie am Platz „An der Alten Post“ den Blick auf das Mahnmal (im Volksmund „die Scheibe“) frei, das, von Silke Rehberg geschaffen, 1995 zum 50. Jahrestag des furchtbaren Luftangriffs auf Chemnitz eingeweiht wurde. Eine Digitaluhr gibt den momentanen Zeitpunkt seit dem schrecklichen Ereignis an.
Seit 2008 wurden in der Bretgasse Ersatzvarianten für das in die Kritik geratene Marktpflaster getestet. 1.500 Bürger nahmen daran teil. Doch das von ihnen favorisierte Testfeld kann nun doch aus Kostengründen nicht realisiert werden und so ist jetzt eine neue Variante im Spiel.