Die Stadtverwaltung Chemnitz hat in ihrem aufgestellten Planentwurf eine feste Summe an Finanzen aufgeschlüsselt, welche der Stadt für das kommende Jahr zur Verfügung steht. An der Höhe dieser Summe lässt sich nichts verändern, aber an der Finanzierung der einzelnen Posten, welche von den unterschiedlichen Dezernaten der Stadtverwaltung Chemnitz vorbereitet wurden. Die Bürgermeister dieser Dezernate bekommen vorher die ihnen für das kommende Jahr zur Verfügung gestellte Gesamtsumme übermittelt und müssen diese in den ihnen unterstellten Bereichen für den Haushaltsplanentwurf mit finanziellen Mitteln unterlegen. Das Gesamtwerk der Dezernate ergibt dann den Haushaltsplanentwurf, welchen die Oberbürgermeisterin absegnen muss. Danach geht dieser Entwurf an die Stadträte zur weiteren Bearbeitung. Diese sind dann gefordert, alles genau nachzulesen, zu hinterfragen und zu überprüfen.
Den Stadträten wird ca. zwei Monate vor Ende des aktuellen Jahres der Haushaltsplanentwurf für das folgende Jahr vorgelegt. Die Fraktionen legen mit ihren Stadträten fest, wer welchen Bestandteil liest und prüft. Außerdem geht der jeweilige Fraktionsgeschäftsführer den gesamten Plan durch, um sich einen umfassenden Überblick schaffen zu können. Danach gibt es interne Beratungen speziell zur Aufstellung des Haushaltsplanes. Darin wird sich über die herausgefundenen Inhalte ausgetauscht und „ungünstige“ Aufstellungen werden aufgezeigt. Je nach Interessenlage der jeweiligen Fraktionspolitik wird anschließend festgelegt, welche Änderungsanträge im Namen der Fraktion formuliert und eingereicht werden.
Es genügt dabei nicht, nur einfach festzustellen, in welchem Bereich mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen, sondern auf dem Formular des Änderungsantrages ist auch gleich die Angabe einer entsprechenden Deckungsquelle erforderlich. Die Stadträte sollen sich also auf die Suche begeben, wo finanzielle Mittel eingespart oder sogar gänzlich gestrichen werden können, um die zu beantragende Änderung zu finanzieren.
870 Seiten umfasste der Haushaltsplan für das Jahr 2010. 686 Millionen Euro waren auf diesen Seiten mit Positionen untersetzt. Die Erklärungen zu jeder einzelnen Position müssen wir als Wählervereinigung Volkssolidarität Chemnitz (Vosi) uns dazu selbst erfragen. Ein gewaltiges Werk von „vorn bis hinten“ mit Zahlen bedruckt, welche das finanzielle Schicksal der Stadt Chemnitz für ein ganzes Jahr besiegeln soll. Eine fast schier unmögliche Aufgabe für Steffi Barthold und mich.
Eine riesige Verantwortung, welche nicht allein nach „Feierabend“ für berufstätige Stadträte zu meistern ist. Wir haben daher gemeinsam mit einigen Mitgliedern unserer Wählervereinigung den Planentwurf auf die für uns wichtigsten Felder „reduziert“: Soziales, Kultur und Sport, öffentliche Sicherheit, Kinder und Jugend. Die Mitglieder der Wählervereinigung Ursula Liske, Elisabeth Hohenstein, Kathrin Thomas, Roland Dathe und ganz besonders auch Andreas Felber und Martin Angerhöfer haben uns hierbei unterstützt. Auch Günther Meyer und Gabi Reichel von der „Perspektive“ konnten uns so manchen Rat geben. Unabhängig davon hatten wir Kontakt zu Stadträten anderer Fraktion aufgenommen, um uns für das gewichtige „Neuland“ zu wappnen.
Wir haben auch in so mancher nächtlichen Aktion in diesem Zahlenwerk Bereiche ausfindig machen können, wo massive Einsparungen soziale Projekte gefährdeten. Darauf hin wurden von uns Änderungsanträge zur Umverteilung von Haushaltsgeldern erstellt und eingereicht. Durch Formfehler in den von uns so „stolz“ gefundenen Deckungsquellen waren wir aber angehalten, diese zurückzuziehen und andere Quellen anzugeben. Auf die sehr schwierige Suche von entsprechenden neuen Deckungsquellen mussten wir uns aber nicht begeben, da wir inzwischen erfahren hatten, dass andere Fraktionen ähnliche Anträge eingereicht haben, welche wir dann nur zu unterstützen brauchten.
Durch den Verlust unseres Fraktionsstatus wurde die Wählervereinigung Volkssolidarität finanziell mittellos gestellt. Wir können dadurch für uns auch keinen Fraktionsgeschäftsführer und weitere Helfer anstellen, die wie bei allen anderen Parteien eine wichtige Unterstützung bei der Bewältigung der Stadtratsarbeit ermöglichen. Bei allem Bestreben mussten wir letztendlich ganz ehrlich feststellen, dass es einfach für uns unter diesen schlechten Bedingungen nicht möglich war, jede Position tatsächlich zu hinterfragen. Ich habe deswegen in meiner Rede zum Haushaltsbeschluss vor dem Stadtrat diese Situation und deren Folgen beschrieben. Da die Chemnitzer Presse leider manchmal nur einseitig berichtet, wurde auch nicht erwähnt, für welche Projekte wir uns eingesetzt haben. Radio T, Verbraucherzentrale, den Erhalt einiger Jugendclubs und Medienzentren seien hier nur als Beispiele benannt. Die Wählervereinigung Volkssolidarität ist sehr froh darüber, dass genügend Mehrheiten zur Rettung vieler sozialer Projekte zustande kamen und die großen Parteien diese in ihren Änderungsanträgen nicht vernachlässigt haben.
Außerdem wurden einige weitere Anträge von uns unterstützt, wie den Bau der Reithalle für geistig Behinderte in Röhrsdorf.
Für notwendige Erhaltungsmaßnahmen an Chemnitzer Schulen und Turnhallen stimmten wir ebenfalls für die Anträge von Linken und SPD. Die CDU brachte einen sehr wichtigen Antrag für den Bau einer Lichtsignalanlage an der Zwickauer Straße/Popowstraße ein. Viele Menschen müssen diese stark befahrene Straße überqueren, wenn sie auf das Gelände der Chemnitzer Tafel und des Baumarktes „Leitermann“ gelangen möchten. Nicht nur für Fußgänger ist das eine bisher zuweilen recht gefährliche Angelegenheit, da diese Straße schlecht einsehbar ist und die einzige Verbindung zur nahe liegenden Straßenbahnhaltestelle darstellt. Auch hier konnten wir uns mit unseren Stimmen für eine positive Veränderung einsetzten.
Der Endabstimmung zum Gesamtwerk des Haushaltsplanes mussten wir uns konsequenterweise enthalten, da uns zu viele Positionen einfach unklar blieben und wir nicht unbedacht mögliche Verschlechterungen sozialer Notwendigkeiten unterstützen dürfen.
So muss ich an dieser Stelle besonders unser Bedauern erwähnen, dass der sehr gute Vorschlag der FDP-Fraktion zur Streichung des Punktes „Erhöhung der Elternbeiträge in der Kita-Satzung“ ausgerechnet auch daran gescheitert ist, dass keine Mehrheit aus den sich sozial darstellenden Parteien zustande kamen. Dazu bleibt nur unser Unverständnis zu bekunden, denn es gibt in Chemnitz leider sehr viele Familien, wo beide Elternteile arbeiten gehen und diese dennoch kaum noch mit ihrem teilweise sehr geringen „Verdienst“ diese Erhöhung von immerhin 19 Prozent tragen können. Die Begründung, dass bei Hartz-IV-Empfängern die Kommune für diese Summe aufkommen muss und dieses daher nicht die soziale Situation verschlechtert, erscheint mir in anbetracht der vielen Geringverdiener mehr als weltfremd. Trotz dass im vorher behandelten Tagesordnungspunkt die Kürzung der Betreuungszeiten erfolgreich abgeschmettert wurde, ist das Ergebnis mit der nun durchgebrachten Erhöhung des Elternbeitrages ein Zeichen dafür, dass die Stadt Chemnitz nicht konsequent kinderfreundlich gestaltet wird. Anstatt dass die Kommune als Vorreiter zur Ansiedlung von jungen Familien ein eindeutiges Zeichen setzt, ging mit dieser Entscheidung ein weiterer Anreiz verloren.
Falls Sie sich nun fragen, ob denn für uns als Wählervereinigung unter diesen Bedingungen überhaupt eine fruchtende Mitarbeit im Stadtrat möglich ist, so möchte ich Ihnen eindeutig die Sinnhaftigkeit unserer Bemühungen bekräftigen. Wir lernen mit jeder Erfahrung dazu und werden deshalb auch für die nächste Haushaltsplanung besser vorbereitet sein.
Die Kontakte zu den Stadträten anderer Fraktionen müssen dafür besser ausgebaut werden. Die Grünen haben uns beispielsweise erneut eine Zusammenarbeit angeboten. Einige Stadträte der Linken und SPD stehen uns ebenfalls offen gegenüber. Wir erhoffen uns dadurch Möglichkeiten, eigene Vorschläge einzubringen, welche dann auch entsprechend unterstützt werden. Für uns ist das keine Frage: Um soziale Notwendigkeiten umzusetzen, stimmen wir den entsprechenden Anträgen anderer Fraktionen zu.
Wichtig ist, dass wir als Wählervereinigung rechtzeitig eine Arbeitsgruppe für die Erarbeitung und Diskussion des Haushaltsplanes 2011 bilden. Dann laufen die Konjunkturpakete aus und der Haushaltsplan wird seit Jahren wieder unausgeglichen sein. Die Finanzkrise und damit die Festlegungen von Bund und Land werden dann spürbar sein und zu massiven Einsparungen in den Kommunen führen. Hier müssen sich die „sozial denkenden Stadträte“ gemeinsam stark machen, damit es nicht zu massiven Streichungen im sozialen Bereich kommt.
Jedem Bürger, welcher gern mal eine Vorstellung zur Arbeit mit dem Haushaltsplanentwurf bekommen möchte, empfehle ich einfach in einer unserer Sprechstunden im Rathaus vorbeizuschauen. Wir erklären Ihnen gern am Beispiel des 870 Seiten starken Planes, wie wir im Stadtrat arbeiten. Außerdem suchen wir Menschen, die unsere Wählervereinigung als Mitglied unterstützen möchten.