Nachdem die Entscheidung über ein erneutes Sparkpaket der Verwaltung (genannt EKKo 2 als Weiterschreibung des Haushalts-, Entwicklungs- und Konsolidierungskonzept von 2011) am 30. Mai kurzfristig von der Tagesordnung der Stadtratssitzung genommen worden ist, kam diese schon am 2. Juli wieder auf den Tisch. Im Vorfeld ist schnell in der Öffentlichkeit bekannt geworden, dass vor allem im Kinder- und Jugendbereich und bei sozialen Projekten und Einrichtungen gespart werden soll, was zu vielen lautstarken Protesten führte. Verständlich, denn das letzte beschlossene Sparpaket (EKKo 1) liegt erst wenige Monate zurück und schon damals mussten zahlreiche Einrichtungen spürbare und auch existenzbedrohende Einschnitte hinnehmen. Wenn jetzt das nächste Paket einfach im Stadtrat durchgegangen wäre, dann würde sicherlich nächstes Jahr ein weiteres folgen.
Die Anstrengungen und die damit verbunden Folgekosten, um das durch Sparmaßnahmen Zerstörte irgendwann „reparieren“ zu können, werden noch viel höher als die eingesparte Summe sein. Fehlentwicklungen durch Vernachlässigung junger Menschen können nie wieder gut gemacht werden.
Wenn ich eine von der Verwaltung vorgeschlagene Sparmaßnahme abgemildert wissen möchte, bin ich gefordert, Gegenvorschläge einzubringen, und dass als ehrenamtlich arbeitender Stadtrat. Dabei sitzen in der Stadtverwaltung viele hauptamtliche und gut bezahlte Mitarbeiter, welche fachlich wissen müssten, was, wo und wie sozialverträglich machbar ist. Es ist unbestritten eine schwere Aufgabe, welche nur mit viel Verantwortungsbewusstsein und Fachkompetenz zu meistern ist.
Teilweise fühlen sich die Stadträte auch unzureichend informiert. So sollte das Bernsdorfer Hallenbad geschlossen werden, da es marode sei. Begründet wurde dies mit einem Gutachten, welches jedoch veraltet gewesen ist, denn seit dem Zeitpunkt der Begutachtung sind zahlreiche Sanierungsmaßnahmen vorgenommen worden. Gut, dass das in die Öffentlichkeit getragen worden ist. So konnte der Beschluss zur Schließung des Bades abgewendet werden.
Aus Sicht von Fachleuten wird das Schicksal dabei von ganz anderer Stelle gelenkt: Die niedrigen finanziellen Schlüsselzuweisungen durch Bund und Länder – trotz erheblicher Steuermehreinnahmen! – führen zur Notwendigkeit des Sparens. Durch Einsparmaßnahmen seitens der Stadt wird das Problem aus meiner Sicht an der falschen Stelle angegangen. Schon deshalb konnte ich nicht für die geplanten Einsparungen stimmen, auch wenn die Oberbürgermeisterin eindringlich hinsichtlich der angekündigten dramatischen Folgen an die Stadträte appellierte. Stattdessen sollten diese mit der Oberbürgermeisterin an der Spitze mit sachlichen Argumenten und viel Nachdruck bei den Verantwortlichen in Bund und Land protestieren. Viele Chemnitzer Verbände und Vereine, Initiativen und Menschen warten verzweifelt auf einen solchen Vormarsch und zeigen dies mit vielfältigen Aktionen. Bekennen wir uns gemeinsam zu den in Chemnitz lebenden Menschen und fordern den Anteil der zu erwartenden Steuermehreinnahmen für unsere Kommune ein!
Erfreulich ist, dass die meisten von der Verwaltung vorgeschlagenen Kürzungen nicht umgesetzt werden mussten, da die Lücke im Haushalt der Stadt zu einem großen Teil auch anders gestopft werden konnte: Die geplante Sanierung und der Ausbau der Stadthalle wurden verschoben, wodurch das Defizit bis auf 600.000 Euro ausgeglichen werden konnte. Mir stellt sich die Frage, warum die Stadtverwaltung nicht gleich bei solch großen Projekten spart, bei denen die Notwendigkeit noch nicht einmal klar erwiesen ist. Warum wurde der Fokus sofort auf die Bereiche Jugend, Kultur und Soziales gelegt? Und wie geht es nächstes Jahr weiter?