Am 30. Mai 2012 fand im Verwaltungsgericht Chemnitz die Verhandlung im Rechtsstreit um meinen aus unserer Sicht widerrechtlich entzogenen Sitz im Sozialausschuss statt. Dieser kam zustande, da nach einer erfolgreichen Klage der FDP-Fraktion beim Oberverwaltungsgericht Bautzen der Sozialausschuss neu gewählt werden musste. Obwohl ich bei dieser Neuwahl wieder in den Sozialausschuss gewählt wurde, legte die Oberbürgermeisterin offenbar aufgrund einer falschen Rechtsauskunft der Verwaltung ihr Veto ein, da die Besetzung des Sozialausschusses nicht spiegelbildlich den Wille des Wählers entspräche, worauf die FDP zuvor jedoch geklagt hatte. Also wurde die Wahl wiederholt und ich wurde wieder gewählt. Wiederum legte die Oberbürgermeisterin ihr Veto ein und drohte, die Wahl so lange wiederholen zu lassen, bis ich nicht mehr gewählt werde. Es stellt sich die Frage: Wozu Wählen, wenn das Ergebnis ohnehin von der Oberbürgermeisterin bestimmt wird?
Das Verwaltungsgericht Chemnitz sollte nun entscheiden, ob die wiederholte Neuwahl des Sozialausschusses aufgrund des Veto der Oberbürgermeisterin rechtens sei. Das Interesse an der öffentlichen Verhandlung war erstaunlich groß. Vor Beginn mussten 25 Besucher den Saal verlassen, da trotz schnell aus dem Wartebereich herbeigeschafften zusätzlichen Stühlen kein Sitzplatz mehr frei war. Etwa 60 Zuschauer konnten den Vortrag der Argumente beider Parteien folgen. Einen Urteilsspruch hörten sie jedoch nicht. Die Entscheidung wurde mir einige Wochen später zugestellt. Darin wurde begründet, dass nicht die Begründung des Widerspruchs der Oberbürgermeisterin – also der Verweis auf die Spiegelbildlichkeit – maßgeblich sei, sondern das rechtzeitige Veto an sich. Dadurch wäre die Wahl nicht wirksam geworden.
Kann eine Oberbürgermeisterin die Wahl eines Stadtratmitgliedes in einen Ausschuss einfach mit ihrem Veto verhindern, ohne dass sie dieses begründen muss? Ist eine Wählerstimme für eine Wählervereinigung genau so viel wert wie eine Wählerstimme für eine Partei? Für uns ergeben sich immer mehr Fragen, die wir im Interesse der Wähler geklärt haben möchten. Aus diesem Grund werden wir Berufung einlegen. Die nächste Verhandlung wird dann voraussichtlich im kommenden Jahr am Oberverwaltungsgericht in Bautzen stattfinden.