Dilemma „Falschberechnungen von Renten“

Nachdem, insbesondere ab 01.01.1992, den bisherigen Bürgern der DDR ihre Rentenansprüche neu bzw. den nachfolgenden Rentenberechtigten ihre Ansprüche erstmalig berechnet wurden, hat bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Feststellung kompetenter Vertreter aus Sozialvereinen und -verbänden, Rechtsexperten auf dem Gebiet des Sozialrechts bis zu renommierten Medien, wie z.B. des MDR-Fernse­hens, Fachzeitschriften u.a. leider noch nichts an Aussagekraft verloren, dass eine große Zahl von Bescheiden, in der Regel zu Ungunsten der Rentenbezieher bzw. künftigen Anspruchsberechtigten, fehlerhaft sind. Experten nennen hier immer wieder Zahlen bis zu 40 %! Die Ursachen hierzu sind vielseitig, so z. B.:

  • eine ungenügende Zuarbeit bzw. Eigenkontrolle der Berechtigten bei der Rentenkontenklärung, nachfolgend Rentenauskunft, und selbst des jeweils zugehenden Rentenbescheides
  • komplizierte Gesetzesfassung des Sozial- bzw. Rentenrechts, was darüber hinaus zu ständigen und auch z. T. umfangreichen Änderungen und somit offensichtlich zu Überforderungen in der Bearbeitung durch die Mitarbeiter beim jeweiligen Rentenversicherungsträger führt
  • fehlerhafte Erfassung der Daten aus den Nachweisunterlagen im Zuge der Antragsbearbeitungen.

Hinweis: „Schlüsselpunkt“ für die gesamte vorangehende Kontenklärung, Renten­auskunft bis hin zur Erarbeitung des Rentenbescheides ist die Erfassung der Daten in der „Anlage 2/Versicherungsverlauf“!

Immer noch erhalten eine Vielzahl von Rentenbeziehern durch diese lücken-/fehler­haften Rentenbescheide eine zu geringe Rente oder müssen letztendlich gegen den jeweiligen Rentenversicherer die Sozialgerichtsbarkeit in Anspruch nehmen, wenn z. B. die Rentenversicherer Fehler nicht anerkennen und korrigieren wollen.

Als Beispiele für die fehlerhafte Erfassung bzw. Rentenberechnungen können hier nur einige Hinweise gegeben werden, die z. B. sind:

  1. fehler- bzw. lückenhafte Erfassung der Angaben aus dem/den Sozialversi­cherungsausweisen der DDR-Zeit (Eintragungen erfolgten in der Regel bis Ende 1991) bzw. nachfolgend der jährlichen Meldungen der Betriebe, Krankenkassen bei Krankheit, der „Arbeitsämter“ (jetzt „ARGE“) bei Arbeitslosigkeit.
  2. Nichterfassung von Entgelten im zivilen Bereich, welche bis zum 28.02.1971 über 600,– M/Monat – 7200,– M/Jahr lagen. (Ab dem 01.03.1971 erfolgte die Einführung der freiwilligen Zusatzrentenversicherung >FZR<)
    Für frühere Mitarbeiter der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Post gelten gemäß § 256a SGB VI weitergehende Regelungen zur Anerkennung der Entgelte über 600,– M Monat/7200,– M/Jahr, ggf. mit Wirkung bis zum 30.06.1990. Details können den entsprechenden Festlegungen im § 256 a nebst Erläuterungen im SGB VI entnommen werden.
  3. Bei Frauen wurde bei Geburten und anschließender Kindererziehung oder anderen Gründen in den Rentenberechnungen die Zahlung der „freiwilligen Versicherung“, sogenannte 3,– M-Beiträge und mehr, nicht erfasst und berechnet.
  4. fehlerhafte Erfassung aus ergänzenden Entgeltbescheiden von Arbeitgebern bzw. in der Übernahme dieser Daten durch die Rententräger.
  5. fehlerhafte Erfassung im bzw. in den Überführungsbescheid(en) des jetzt zu­ständigen Funktionsnachfolger/Versorgungsträgers für die (27) Zusatzversorgungssysteme bei der Deutschen Rentenversicherung  (DRV) Bund (vormals BfA – Bun­desversicherungsanstalt für Angestellte), Berlin, Hirschberger Straße 4.
  6. fehlerhafte Erfassung der Daten in dem/den Überführungsbescheid(en) der jetzt zuständigen Funktionsnachfolger/Versorgungsträger für die (4) Sonderversorgungsträger („bewaffnete Organe der DDR“).
  7. Ein Schwerpunkt ist vielfach (!!!) die DDR-Vergleichsberechnung der Rente für den Personenkreis der „Bestandsrenter/innen“, d. h. deren Rente für sie selbst bzw. bei Witwen/Witwer für ihre verstorbenen Partner (Witwer-/Witwenrente) bis zum 31.12.1991 begonnen hat. Diese Ansprüche sind in Anlage 16 des/der jeweiligen Rentenbescheide(s) erfasst und berechnet. Bis zur Gegenwart (!) können in erheblichem Maße noch immer in dieser Anlage 16 Falschberechnungen festgestellt werden, was z. T. „in Größenordnung“ zu niedrige Rente mit sich bringt.

Auf Grund der Berechnungsprinzipien gemäß § 307 b Sozialgesetzbuch (SGB) VI wird bei der DDR-Vergleichsberechnung für den Zeitraum ab 01.03.1971 (Einführung der FZR) das „gesamte Jahresbruttoeinkommen für die letzten 20 Arbeitsjahre“ erfasst und rentenmäßig berechnet.

Achtung: Durch die Rentenversicherungsträger wurden jedoch oftmals nur die in Anlage 2/Versicherungsverlauf der Rentenbescheide ausgewiesenen und vielfach niedrigere Werte der Beitragsbemessung „übernommen“.

Was wäre/ist zu tun?

Im Rahmen der eigenen Interessen und unter Wahrnehmung der Eigenverantwortung Prüfung der Unterlagen und Vergleich mit den im/in den Rentenbescheid(en) ausge­wiesenen Daten.

Bei Zweifeln oder gar festgestellten Mängeln/Fehlern sachkundigen Rat einholen und „Antrag auf Überprüfung gemäß § 44 SGB X“ in der Auskunfts- und Beratungsstelle der Rentenversicherung, z. B. in Chemnitz, An der Markthalle 3-5, zur Weiterleitung an den zuständigen Rentenversicherungsträger stellen.

Was kann eine Überprüfung mit sich bringen?

In Abhängigkeit vom Umfang der Fehlerhaftigkeit gab es vielfach eine Nachberech­nung mit zum Teil erheblichen Umfang sowie eine Nachzahlung für die zurücklie­genden 4 Jahre („gesetzliche Verjährungsklausel im Rentenrecht“).

Wer kann helfen?

Dies sind:

Beratungen in der/den Beratungsstelle(n) der Deutschen Rentenversicherung, in Chemnitz wie oben aufgeführt. Gegebenenfalls bei knappschaftlichem Versicherungsverhältnis Beratung in der Re­gionaldirektion  Knappschaft-Bahn-See in Chemnitz, Jagdschänkenstraße 50.

Oder auch im Versicherungsamt der Stadt Chemnitz, Annaberger Straße 93 bzw. z.B. bei Sozialverband (VdK) (Mitgliedschaftsabhängig) bzw. (kostenpflichtig) durch Rentenberater, Rechtsanwälte für Sozialrecht. Andere Möglichkeiten sind Konsulta­tionsstellen von anderen Sozialvereinen oder wie der „Bürgerkonsultationen zu sozia­len Angelegenheiten des Ortsverbandes Chemnitz und Umgebung der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde e.V. (GBM), Lohstraße 2 (früherer „Handwerkerhof“, Nähe Getreidemarkt).

 

Von Johannes Epperlein,Sprecher der Projektgruppe „Bürgerkonsultationen zu sozialen Angelegenheiten“ des Ortsverbandes Chemnitz und Umgebung der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde e.V. (GBM)

aus VS Aktuell 4/2013, erschienen im  VS Aktuell 4/2013 Seniorenpolitisches Netzwerk