In jedem Bundesland ist einheitlich für alle Kindertageseinrichtungen festgelegt, wie viel pädagogisches Personal vorgehalten werden muss und darf, welches aus Mitteln von Land, Kommune und aus Elternbeiträgen refinanziert wird.
In Sachsen bedeutet das, dass eine Vollzeiterzieherin (= 8 Stunden täglich) 6 Vollzeitkinder (= 9 Stunden täglich) im Alter bis zu 3 Jahren oder 13 Vollzeitkinder (= 9 Stunden täglich), die älter als drei Jahre sind, betreut.
Diese Zahlen stehen so auf dem Papier. Sie sind die Berechnungsgrundlage. In der Praxis sieht das allerdings ganz anders aus, da viele verschiedene Faktoren, welche bei der Berechnung nicht berücksichtigt wurden, einen großen erschwerenden Einfluss haben.
- Laut Personalschlüssel zählt nur ein Kind mit einer neunstündigen Betreuungszeit als ein Kind. Entsprechend ist ein Kind mit einer viereinhalb-stündigen Betreuungszeit rechnerisch „nur ein halbes Kind“, Kinder mit sechs oder siebeneinhalb Stunden Betreuung nur etwas weniger oder etwas mehr als ein „dreiviertel Kind“
- In der Praxis hat jedoch jedes Kind den gleichen Bildungsanspruch, das gleiche Recht auf Zuwendung, auf Geborgenheit und Glücklichsein, auf Lernangebote, auf gute Rahmenbedingungen mit einem ganzen Stuhl, Platz in der Garderobe, einen vollständigen Portfolio Ordner u. s. w.
- Der Personalschlüssel ist auch die Grundlage für die Berechnung der jährlichen Sachkosten, mit denen die Einrichtungen auskommen müssen. Halbe oder z. B. auch dreiviertel Stühle, die aus den Sachkosten finanziert werden, gibt es nicht und wir würden sie auch nicht für unser Kinder wollen.
- Eltern haben ein Recht auf ein komplettes Entwicklungsgespräch, unabhängig von der Betreuungszeit ihres Kindes.
- Ebenso ist es ein Widerspruch, dass die tägliche Betreuungszeit für ein Vollzeitkind neun Stunden beträgt, die Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Erzieherin jedoch nur acht Stunden.
- Der Personalschlüssel berücksichtigt auch nicht, wie viele Stunden die Einrichtung geöffnet hat. In der Regel sind es 11 Stunden und mehr.
- Des Weiteren finden Urlaubs-, Krankheits- und die vorgeschriebenen Weiterbildungszeiten keine Berücksichtigung bei der Berechnung des monatlichen Personalschlüssels. Diese Ausfälle müssen von denen im Dienst verbleibenden Erzieherinnen und Erziehern mit getragen werden.
- Weiterhin sind im Betreuungsschlüssel keinerlei Zeiten für die notwendige Vor- und Nachbereitung der pädagogischen Arbeit, wie es bei Lehrern selbstverständlich ist, vorgesehen. An dieser Stelle hat bisher nur die Stadt Chemnitz ein Zugeständnis in Form von einer Wochenstunde pro vollbeschäftigter pädagogischer Fachkraft gemacht.
Seit Jahren werden stetig wachsende Anforderungen an die frühkindliche Bildung und Erziehung in den Kindertageseinrichtungen des Freistaates gestellt. Laut Bildungsplan, der uns als unsere Arbeitsgrundlage von der Landesregierung übertragen wurde, ohne die Bedingungen dafür vorzuhalten, sollen Erzieherinnen Bildungsprozesse anregen, begleiten und dokumentieren, die Lernumgebung den Bedürfnissen der Kinder entsprechend anpassen. Gefordert wird auch, dass die Kinder beobachtet, die Ergebnisse reflektiert und dokumentiert, Projekte mit den Kindern erarbeitet und durchgeführt werden, mit den Eltern gut zusammengearbeitet wird und somit Gespräche und Elternabende durchzuführen sind. Es gibt noch so vieles mehr und die Rahmenbedingungen stimmen einfach nicht für diese ständig wachsende Aufgabenvielfalt!
Wir wünschen uns ein Umdenken!