Wie es sich für einen Kriminalkommissar ziemt, wurde Peter Sodann mit Blaulicht und Sirene am Gasthof Kleinolbersdorf vorgefahren, dessen Gaststube bis auf den letzten Platz gefüllt war. Die Mitglieder und Gäste der Wohngruppe der Volkssolidarität Kleinolbersdorf-Altenhain brauchten jedoch ein solches Wecksignal nicht. Alle erwarteten schon hellwach und neugierig den beliebten Schauspieler und glühenden Bewahrer der DDR-Literatur. Der etwas in die Jahre gekommene Polizei-VW-Käfer erinnerte übrigens daran, dass sein letzter Tatort-Krimi schon vor 10 Jahren entstand. Aber der beliebte, knurrige Fernsehkommissar ist immer noch sehr gegenwärtig, auch dank publikumswirksamer Wiederholungen im Fernsehen.
In fast zwei Stunden machte Peter Sodann deutlich, dass diese – zwar sehr erfolgreiche Rolle – nur eine kleine Episode im engagierten Leben und Schaffen des „politischen Schauspielers“ war, wie er sich selbst einmal bezeichnete. In meinen Begrüßungsworten charakterisierte ich seine Persönlichkeit als Steigerungsform von „ehrlich – Ehrlicher – Sodann“. Denn er ging immer seinen aufrichtigen und gesellschaftskritischen Weg, sei es als Kabarettist (bestrafter DDR-Kritiker), Schauspieler (u. a. am Berliner Ensemble und in Karl-Marx-Stadt), Theaterintendant (fast 25 Jahre in Halle mit dem erstaunlichen Aufbau der „Kulturinsel“) oder einfach als Mensch.
So konnte er es nicht tatenlos ertragen, dass nach der politischen Wende in der DDR die Literatur der ostdeutschen Verlage achtlos vernichtet werden sollte. Die Bürger der DDR sollten ihrer Geschichte, eines Teils ihres Lebens, beraubt werden. Das nahm er nicht so einfach hin. Seitdem sammelt, dokumentiert und systematisiert er mit Unterstützung des Vereins sowie von Mitarbeitern die Ausgaben aller Verlage der DDR und der Druckerzeugnisse seit dem 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990. Das ist eine Sisyphus-Aufgabe, die allerhöchste Achtung und Unterstützung verdient. Über 4 Millionen Bücher sind in seiner Peter-Sodann-Bibliothek in Staucha, einem kleinen Dorf zwischen Lommatzsch und Riesa, aufbewahrt. Mit Hilfe von Sponsoren und Spenden sowie vieler Helfer sind etwa 300.000 davon katalogisiert. Der überwiegende Teil stapelt sich noch ungeordnet haufenweise in Kartons und Kisten. „In den Bananenkisten des Westens schlummert das Wissen des Ostens“, meint der Bibliothekar aus linker Überzeugung. Mitglieder unserer Wohngruppe der Volkssolidarität wollen diese bemerkenswerte kulturelle Rettungstat im Jahr 2018 mit einer Besichtigungsfahrt per Bus in Augenschein nehmen.
Bei seinen vielfältigen Betrachtungen und Schilderungen aus seinem Leben und Erleben wurde deutlich, dass sein Herz links schlägt. Er setzt sich prinzipiell für die Benachteiligten in der Gesellschaft ein. Und wenn Peter Sodann es auch paar Mal an diesem Nachmittag wollte, nämlich von der Politik wegzukommen, so formulierte er immer wieder hörenswerte politische Aussagen. Das spricht keineswegs gegen ihn. Als erfolgreicher politischer Kulturschaffender erhielt er den Nationalpreis der DDR und das Bundesverdienstkreuz der BRD.
Seine großen und kleinen Seitenhiebe gegen gesellschaftliche Missstände werden uns in Erinnerung bleiben. Mir gefiel u. a. seine Kritik an der Missachtung des echten deutschen Volksliedes im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Danke, lieber Peter Sodann, und viel Erfolg beim Hüten des DDR-Buchschatzes!