Stimmen und rhythmisches Klatschen zu „He‘s Got the Whole World in His Hand“ waren an diesem sonnigen Herbstsamstag aus den Räumen des Stadtteiltreffs Hilbersdorfer Str. zu vernehmen. Bewohner und Gäste hatten sich bereits am Vormittag eingefunden, um zu feiern. Nicht irgendetwas, nein: das 20-jährige Jubiläum der Inbetriebnahme der Wohnanlagen in der Hilbersdorfer Str. mit den Hausnummern 33, 72 und 74 sowie des Stadtteiltreffs.
Das Gebäude Hilbersdorfer Str. 33 stammt vom Ende des 19. Jahrhunderts, wurde als Textilfabrik Haasemann gebaut und später zur Unterbringung kinderreicher Familien sowie nach dem Zweiten Weltkrieg auch von geflüchteten Familien genutzt. In den winzigen Wohnungen fehlte es ihnen oft an Essen, Kleidung und Geld. Sie versuchten alles, um etwas davon in diesen schweren Zeiten zu ergattern, was oft auf nicht legalem Wege geschah. Daher wurde das Haus im Volksmund auch „Halunkenburg“ genannt. Zu DDR-Zeiten diente es weiter Wohnzwecken.
Ende der 90er Jahre wurde das Gebäude völlig entkernt und es entstand die heutige Wohnanlage. Am 15. Januar 1998 wurden die Anlage in der Hilbersdorfer Str. 33 und knapp drei Monate später die Hilbersdorfer Str. 74 durch die Volkssolidarität Chemnitz in Betrieb genommen. Am 9. Februar eröffnete die Begegnungsstätte, der heutige Stadtteiltreff, und ersetzte die schon zu DDR-Zeiten unter dem Namen „Klub der Werktätigen“ von der Volkssolidarität betriebene Begegnungsstätte in der Hilbersdorfer Str. 72. Im Januar 1999 folgte hier die Inbetriebnahme als Wohnanlage.
Viel Zeit ist seitdem vergangen. Kerstin Kühnert als Leiterin des Treffs und Manja Lohse als Sozialarbeiterin im Betreuten Wohnen etablierten die Einrichtungen. Nach dem Wechsel von Kerstin Kühnert in den Stadtteiltreff Zschopauer Str. übernahm Manja Liebers ihre Aufgaben.
Im Wohngebiet hat sich die Einrichtung gut integriert. Hier finden bspw. regelmäßig Blutspende-Termine statt. Ein besonderes Highlight war der Auftritt der „Horst Adler Kapelle“, einer Punk'n'Roll-Band, am 22. April 2017 (VS-Aktuell 2/2017).
Die Bewohner der Anlage werden hier nicht nur gut und liebevoll betreut. Stets haben die Mitarbeiter ein offenes Ohr für ihre kleinen und großen Sorgen. Das abwechslungsreiche Veranstaltungsprogramm des Stadtteiltreffs umfasst Sport-, Spiel- und Kreativangebote, Vorträge, Schulungen und nicht zu vergessen: Singen.
Aller 14 Tage heißt es montags „Wir wollen singen! Wer singt mit?“ und mittwochs, auch im Zwei-Woche-Rhythmus, probt hier der Chor Klangzeit e. V., der zur Jubiläumsfeier den Nachmittag mit einem abwechslungsreichen Programm bereicherte. Der Chor ging aus dem 1947 gegründeten Jugendensemble Chemnitz hervor. Vor einem Jahr fand er im Stadtteiltreff für seine Proben ein neues Domizil.
Zurück zum 8. September: Nachdem am Vormittag Bewohner und Gäste bei einem Schnupperkurs in Keramik so manches kleine Meisterwerk kreierten, gab es zur Mittagszeit duftende Roster vom Grill oder leckere Würstchen. Das fand großen Anklang, zumal es an den schön dekorierten Tischen draußen und drinnen gleich noch mal so gut schmeckte. Interessenten für den Hausnotruf der Volkssolidarität fanden in Uwe Pönitz einen kompetenten Ansprechpartner für ihre Fragen. Gegen 13:00 Uhr stellte Trainerin Andrea Wiegand ihren Pilates-Kurs mit praktischen Übungen vor. Danach packten alle mit an, um die Kaffeetafeln zu stellen.
Mittlerweile hatte sich der Raum mit zahlreichen Gästen gefüllt. Yvonne Herrmann, Leiterin der Fachgebiete Wohnen und Mieterbetreuung sowie sozio-kulturelle Betreuung ergriff das Wort, überbrachte Glückwünsche der Geschäftsführung und ging kurz auf die Geschichte der Einrichtungen ein. Sie würdigte das Engagement der Kollegen und ehrenamtlichen Helfer und sprach ihnen ein großes Dankeschön aus.
Dann wurde es still. Der Chor Klangzeit e. V. hatte seine Plätze eingenommen. Manja Lohse, Vorstandsvorsitzende des Vereins und selbst aktives Mitglied im Chor, begrüßte die Anwesenden. Das Programm umfasste Volks-, Seemanns-, moderne und Kinderlieder, Gospels, Instrumental- und A-cappella-Stücke. Qualität und Ausstrahlung überzeugten und bei so manchem Beitrag wurde mitgesungen, mitgeklatscht. Bei den „Tulpen aus Amsterdam“, vom Akkordeonspieler des Chores begleitet, fassten sich alle bei den Händen und wiegten im Takt mit.
Nachdem der Beifall verklungen war, gab es jede Menge Blumen. Der erste Strauß ging an Margot Poppitz, die am 15. Januar vor 20 Jahren in das Haus einzog. Weitere gingen an Rolf Uhlmann, der seit 19 Jahren in der Hilbersdorfer Str. 72 lebt und an Lotte Dietze – seit 16 Jahren in der Hausnummer 33 ansässig.
Manja Liebers bedankte sich mit herzlichen Worten bei allen Kollegen und den ehrenamtlichen Helfern, die sich im Stadtteiltreff der Volkssolidarität für andere Menschen engagieren und ohne deren uneigennützige Hilfe so manche Veranstaltung, so manches Fest nicht möglich wäre.
Wie in der Hilbersdorfer Str. sind sie in allen anderen Begegnungsstätten und Stadtteiltreffs, in den Wohngruppen, den Sozialstationen, den Kindertagesstätten und den Pflegeheimen des Stadtverbandes zu finden. Die Arbeit all dieser Menschen trägt dazu bei, ein Stück Lebensqualität zu erhalten, Gemeinsamkeit zu pflegen, das Füreinander zu leben.