1934 wurde auf einem ehemaligen Reitplatz ein Fußball-Stadion vor ca. 25.000 Zuschauern eingeweiht. Nach dem 2. Weltkrieg von der SG Chemnitz Nord genutzt, beschlossen die Stadtverordneten die Benennung nach dem Kommunisten Kurt Fischer. Die „Fischerwiese“ wurde zur Heimstatt des 1966 gegründeten FC Karl-Marx-Stadt (FCK), größere Spiele fanden zudem im Sportforum (damals Ernst-Thälmann-Stadion) statt. Das blieb auch so, als der 1990 umbenannte Chemnitzer Fußballclub (CFC) noch in der 2. Bundesliga spielte. Ebenso mit zeitgemäßem Namen versehen wurde das „Stadion an der Gellertstraße“ Ende der 90er saniert. Nach fast 20 Jahren musste es erneut modernisiert werden. Allerdings kamen jetzt Forderungen des Deutschen Fußballbundes (DFB) hinzu, an die der Profi-Fußball gebunden ist. Nach kontroversen Debatten beschloss der Stadtrat im Oktober (33 Ja/21 Nein) und aufgrund Befangenheitsprüfungen erneut im November 2011 den Komplettumbau. Eine schwierige Situation, da die Kommune durch größere Sparmaßnahmen („EKKO-Pakete“) den unausgeglichenen Haushalt konsolidieren wollte und dafür Zuwendungen u. a. in den Bereichen Kinder, Jugend und Senioren kürzte.
Öffentlich polarisierend wurden Stadträte zu Befürwortern oder Gegnern des Stadions erklärt. In meiner Tätigkeit als Stadtrat war ich gewiss kein „Gegner“, da sich der CFC auch für Kinder- und Jugendförderung und Blindenfußball engagiert. Angesichts beschlossener Einsparungen konnte ich jedoch nicht zustimmen. Vielen Sportfreunden war unverständlich, warum bei knapper Kasse nicht zuerst das für viele Sportarten geeignete Sportforum saniert wird, auch andere Sportstätten und Schwimmhallen waren in schlechtem Zustand. Stattdessen trat Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig gegenüber Öffentlichkeit und Stadtrat für eine Bevorzugung des Profi-Fußballs ein. CFC-Fans sammelten eine beeindruckende Anzahl Unterstützungsunterschriften – „Viele Fans sind eine Macht …“ Ca. 25 Mio. € wurden für eine moderne Arena mit 15.000 Plätzen beschlossen, für spezielle attraktivitätssteigernde Maßnahmen im Inneren sowie im Umfeld kamen später 1,8 Mio. € hinzu. Im Juni 2016 übergab die Oberbürgermeisterin das Stadion offiziell an den CFC.
Doch der Verein kam wirtschaftlich ins Kentern. Das absehbare Aus für den Profi-Fußball führte zu neuen Zugeständnissen durch die Stadt. Im Dezember 2016 wurde mit 42 Ja- zu 13 Nein-Stimmen beschlossen, dass 1,26 Mio. € aus der Stadtkasse als Voraussetzung dafür fließen, dass „eins energie“ weitere 1,5 Mio. € auszahlt. Eigenartigerweise hatte bereits zuvor der Energieversorger einen Vertrag mit dem CFC unterzeichnet, mit dem er die kaufmännische Betriebsführung des Vereins übernimmt.
Neben 180.000 € Pachtausfall im Jahr muss die Stadt nun für das Stadion bis zu 500.000 € Betriebskosten aufbringen. Verständlich, dass 680.000 € nicht durch den CFC allein gestemmt werden konnten. Ob Misswirtschaft als offizielle Ursache für die Insolvenz des Vereins vorliegt, vermag ich nicht einzuschätzen. Nur die Reduzierung finanzieller Lasten kann ihn fortbestehen lassen. Statt den hohen Betreibungskosten wird nun für den derzeitigen Viertligisten eine Miete von ca. 5.000 € je Heimspiel fällig. Vorerst soll die kommunale Immobilientochter GGG das Stadion bewirtschaften. Dafür werden ihr von der Stadt „lediglich“ 30.000 € Pacht sowie anfallende Betriebskosten (welche evtl. nicht komplett aus Einnahmen gedeckt werden) auferlegt. Viele Mieter der GGG fragen, was das für sie zur Folge haben kann (Mieterhöhungen, Rückstellung von Sanierungsmaßnahmen …)?
Nicht schlüssig beantwortet wurde zur Stadtratssitzung im Juni 2018 u. a.: Weshalb konnte nicht dem CFC die geringere Pacht angeboten werden? Weshalb kündigte das Rathaus den Pachtvertrag und nicht der CFC? Wer soll das Stadion zu gleichen Bedingungen wie der CFC nutzen können? Diese Rechnung geht nicht auf, daher konnte ich nicht zustimmen.
Was bleibt, ist dem CFC Erfolge und der GGG eine gute Strategie bei der Vermarktung zu wünschen. Allen anderen Sport- und den vielen sozial ausgerichteten Vereinen wünsche ich Beharrlichkeit bei der Einforderung kommunaler Unterstützung. Nach stetiger Sonderbehandlung des Profi-Fußballs müssen auch für andere gestandene Initiativen bessere Zuwendungen möglich sein. Sport frei!