Herausforderung ­gelassen und ­besonnen angenommen

Der Bereich Ambulante Pflege während der Corona-Krise: Waschen, Anziehen, Medikamentengabe: In der ambulanten Pflege ist Abstandhalten keine Option. VS Aktuell sprach mit Marina Müller, Bereichsleiterin Ambulante Pflege und Leiterin der Sozialstation Scheffelstraße.

 

Wie gehen die Mitarbeiter der Sozialstationen mit der Corona-Krise um?

Sie machen ihre Arbeit wie gewohnt engagiert. Oberstes Gebot ist jedoch die Einhaltung der Hygienevorschriften. Ohne Mundschutz, Handschuhe, Kittel und Desinfektionsmittel geht keiner aus dem Haus. Das ist natürlich eine Umstellung, aber um sich selbst und vor allem, um die Patienten zu schützen, ist das unbedingt notwendig.

Wie erleben die betreuten Menschen die Situation?

Sie sind zum Teil verängstigt, sind sie doch isoliert und wissen nicht, was noch kommt. Ihre Angehörigen sehen die meisten gegenwärtig gar nicht oder nur ganz kurz bei der Übergabe von Einkäufen an der Tür. Da nehmen unsere Pflegekräfte und Hauswirtschafter noch einen ganz anderen Posten ein – als Zuhörer, Gesprächspartner, Seelsorger und Aufmunterer. Wir schicken, soweit es uns möglich ist, immer dieselben Mitarbeiter zu den von uns betreuten Menschen. Das mindert spürbar die Angst vor einer Ansteckung und bildet Vertrauen. Dennoch haben wir auch schon einige Absagen, vorwiegend bei der hauswirtschaftlichen Betreuung, bekommen. Das erschwert unsere Planung natürlich enorm. Zum Glück kommt das aber bisher recht selten vor. Anfragen insbesondere aus den Randgebieten unserer Stadt können wir leider dennoch nicht immer bedienen, dazu fehlen uns mitunter die entsprechend notwendigen Hauswirtschafter, Alltagsbegleiter oder Pflegekräfte. Wir suchen daher für die Teams unserer Sozialstationen engagierte Mitarbeiter, die Spaß an ihrer Arbeit haben und sich für die von uns betreuten Menschen einsetzen möchten.

Wie gehen die Mitarbeiter mit der besonderen Situation um? Haben diese auch Angst?

Sie nehmen die Herausforderung erstaunlich gelassen und besonnen an. Von Angst spricht kaum einer, eher von der Sorge um fehlende Schutzausrüstung und Desinfektionsmittel oder wenn plötzlich Kollegen erkranken. Doch die Leitungen unserer Sozialstationen kümmern sich und sind immer für die Mitarbeiter da, haben ein offenes Ohr und nehmen sich ihrer Sorgen an.

In der Verwaltung ist der Aufwand größer geworden. Mehr als gewöhnlich müssen wir unsere Betreuten und deren Angehörige informieren und wir müssen auch mehr koordinieren. Desinfektionsmittel und Schutzausrüstung erhalten wir wöchentlich über die Pflegekoordination der Stadt Chemnitz. Wir freuen uns, dass wir in dieser schwierigen Zeit von den Behörden unterstützt werden. Toll fanden wir auch die „Helden-Aktion“ von Burger King, bei der unsere Mitarbeiter jeweils einen Burger und ein Getränk als Dank erhalten haben. Sobald es wieder möglich ist, werden wir mit den Betreuten unserer Tagesbetreuung ganz sicher einen Ausflug in das Restaurant unternehmen.

Findet die Tagesbetreuung gegenwärtig noch statt?

Ja, aber nicht wie gewohnt in der Gruppe, sondern als Einzelbetreuung daheim. Viele Angehörige sind uns sehr dankbar, dass wir damit die Betreuung aufrechterhalten. Der regelmäßige Besuch unserer Mitarbeiter hilft ein wenig gegen das Gefühl der Einsamkeit und gibt dem Tag etwas Struktur. Wir gehen auch mal gemeinsam auf den Balkon oder für kurze Spaziergänge vor die Tür, damit die Betreuten das Sonnenlicht genießen können. Wenn notwendig, gehen wir auch einkaufen, was gegenwärtig leider nur alleine und ohne die Patienten geht. Eine große Hilfe ist uns hierbei Sandro Pelloth mit dem VOSI-Mobil. Da Ausflüge mit diesem vorerst nicht möglich sind, unterstützt er die Alltagsbegleitung, übernimmt bspw. Einkaufs- und Arztfahrten und ist auch für einige Einzelbetreuungen eingesetzt.

Vermissen die Betreuten die Gruppe?

Ja, und viele fiebern einer Öffnung der Tagesbetreuung entgegen. Leider können wir ihnen dazu noch keine Auskunft geben. Wir hoffen jedoch, dass das unter der Einhaltung von verschärften Hygienebedingungen schon bald wieder möglich ist.

aus VS Aktuell 2/2020, erschienen im  Sozialstationen   Betreuung für Demenzkranke   VS Aktuell 2/2020 Aus dem Stadtverband   Geronto-psychiatrische Tagesbetreuung