Stadtratsarbeit in Corona-Zeiten

Über die „Corona-Krise“ im Weltgeschehen, in den Ländern sowie in Deutschland wird seit Monaten pausenlos in den Medien berichtet. Die Meldungen der Zahlen an Todesfällen, welche sich mit dem Virus in Zusammenhang bringen lassen, können hierzulande keinen gelassenen Umgang erzeugen. Im Fall der zu erwartenden humanen Katastrophe  mussten die Entscheidungsträger mithilfe von hart abgewogenen Maßnahmen schnell reagieren. Trotz sehr unterschiedlicher Meinungsbilder zum persönlichen gesundheitlichen  Gefährdungsgrad durch das COVID-19-Virus mussten und müssen wir uns zum gemeinschaftlichen Wohl mit den getroffenen Einschränkungen arrangieren – vor allem zum Schutz derjenigen Mitmenschen, für die eine Ansteckung ein hohes lebensbedrohliches  Risiko mit sich bringt.

Die Mitglieder des Chemnitzer Stadtrates haben sich regelmäßig durch Telefonkonferenzen vom Gesundheitsamt über die aktuelle Entwicklung informieren lassen und auch inhaltlich mit den anstehenden Themen beschäftigt.

Viele Menschen treffen die Folgen durch wirtschaftliche Schieflagen aber auch seelisch sehr hart. Die finanzielle Seite spüren vor allem jene, welche bspw. ein Unternehmen führen oder auf selbstständigen Füßen stehen. Und natürlich sind zudem Angestellte aus vielen Branchen durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit betroffen. Existenzen standen und stehen vor dem Ruin. Die Bundesregierung hat viele Maßnahme-Pakete beschlossen, welche den besonders existenzbedrohten Bereichen wirtschaftliche Hilfen gewährt. Doch oftmals profitieren davon nur große und bekannte Unternehmen, welche ihre Lobby in den Reihen der Entscheidungsträger sitzen haben. Etliche fallen dagegen durch das „Hilfs-Raster“, wie bspw. Kulturschaffende und Schausteller.

Neben Bund und Land sind auch die Kommunen selbst in der Verantwortung, aktiv zu werden und wichtige finanzielle Fördermaßnahmen zu gewähren. Der Stadtrat hat sich in seinen letzten drei Sitzungen, die aufgrund des Abstandsgebotes im Fußballstadion stattfanden, mit vielfältigen Möglichkeiten sinnvoller Hilfeleistungen auseinandergesetzt und beschlossen. Er wird sich auch weiterhin mit eigenen kommunalen Hilfsprogrammen beschäftigen müssen, denn viele Probleme werden sich erst noch offenbaren. Hinter den Rathauskulissen macht die Ankündigung einer möglichen „Wirtschaftssperre“ durch den Kämmerer ein banges Gefühl bei den Abgeordneten. Zu erwartende Mindereinnahmen an Steuern und finanziellen Zuwendungen lässt nichts Gutes erahnen.

Gleichzeitig müssen wir als Kommune nach vorne blicken und uns im künftigen Umgang mit solchen Situationen weiterentwickeln. Das trifft auch für die psychologischen Folgen bei Kindern und vor allem älteren Menschen zu. Kinder brauchen den Kontakt zu Gleichaltrigen und gerade bei Kleinkindern kann man nicht an die „Vernunft“ appellieren, wenn das Spielen mit Freunden für eine lange Zeit untersagt wird. Dramatisch empfinden nahestehende Angehörige von pflegebedürftigen Menschen die anfangs erlassenen strengen Besuchsverbote. Wer bspw. schwer an Demenz erkrankt ist, erkennt seine Vertrauten durch das Telefon nicht. Oftmals ist dies schon im „normalen“ Alltag der Fall. Wie soll ein Betroffener während einer wochenlangen „Besuchssperre“ erfassen, dass er nicht mehr von Bezugspersonen umgeben sein darf. (Um nicht missverstanden zu werden: Mit diesen Zeilen soll nicht die Sinnhaftigkeit der getroffenen Schutzmaßnahmen bewertet, sondern auf die daraus entstandenen Probleme verwiesen werden, deren wir uns annehmen müssen.)

Die Mehrheit der Stadträte ist sich durchaus darüber einig, dass die Verantwortlichen in Chemnitz die schwierige Situation bisher gut bewerkstelligen konnten. Die betreffenden Ämter haben kurzfristig und übergreifend die notwendigsten Dinge veranlasst. Der auch hier sparsam eingesetzte Mitarbeiterstamm war sehr gefordert. Mit am härtesten traf es die Leiter von Pflegeeinrichtungen, Kliniken, Arztpraxen, denn an diese Personen wurde die Messlatte der persönlichen Verantwortung enorm hoch gesetzt. Bei Entscheidungen für die Umsetzung der Handlungsempfehlungen sind sie oftmals auf sich allein gestellt. Und das ohnehin angespannte Personal der Pflegedienste und in den Pflegeheimen gab und gibt sein Bestes, damit die Betreuten sich dennoch geborgen und wohlfühlen können.

 

Ganz persönlich wünsche ich mir, dass die Krise die Gesellschaft nicht noch weiter entzweit und gemeinsam kreative Lösungen für die vielfältigen Probleme gefunden werden können. Ich wünsche mir auch mehr individuellen „Spielraum“ und Akzeptanz für ganz persönliche Entscheidungen, vor allem was die sozialen Kontakte für Kinder, ältere Menschen sowie für Mitmenschen mit seelischem Ungleichgewicht betrifft. Mein Dank gilt allen Helfenden!

aus VS Aktuell 3/2020, erschienen im  VS Aktuell 3/2020 Aus der Stadtratsarbeit  # Coronakrise