Mit der Überwindung der Nachkriegsnot veränderten sich die Aufgaben und die Strukturen der Volkssolidarität. Die Volks- und Bürgerbewegung wurde zu einer Massenorganisation umgestaltet, die sich aufgrund von Beschlüssen der staatstragenden Partei SED nunmehr auf die umfassende Betreuung von Bürgern im höheren Lebensalter konzentrierte. So gingen ab 1951 schrittweise Kinder- und Altenheime, Werkstätten, Bahnhofsdienste und weitere Einrichtungen der Volkssolidarität an andere Träger über. Die entstehende Kluft zwischen den Interessen der Basis der Volkssolidarität und den Erwartungen der SED an die Führung des Verbandes führte zu heftigen internen Diskussionen über die Existenzberechtigungen der Volkssolidarität. Stagnation und Bedeutungsverlust bis zum Ende der 50er Jahre waren die Folge. So ging bspw. die Mitgliederzahl im Bezirk Karl-Marx-Stadt in gerade einmal zwei Jahren von 192.920 im Jahr 1956 auf 145.055 zurück.
Entsprechend der mit der Verwaltungsreform 1952 vorgenommenen Aufteilung der DDR in Bezirke entstanden Bezirks- und untergeordnete Kreis-, Stadt- und Stadtbezirksausschüsse der Volkssolidarität. Durch die Umbenennung der Stadt Chemnitz in Karl-Marx-Stadt im Jahr 1953 trug der Bezirk den gleichen Namen.
Mit der Umwandlung der „Gemeinschaft Volkssolidarität“ in eine Massen- und Mitgliederorganisation wurden ab Juni 1956 die bisherigen „Freunde der Volkssolidarität“ als Mitglieder in Ortsgruppen organisiert. Geleitet wurden diese von Ortsausschüssen, deren Hauptaufgaben die Erstellung eines eigenständigen Arbeitsprogramms und die Anleitung der Volkshelfer waren.
Nicht zuletzt wegen des hohen Zuspruchs in der Bevölkerung blieb die Arbeit der Volkssolidarität unverzichtbar. Besonders die Versorgung mit Mittagessen gehörte weiterhin zu den Eckpunkten ihrer Tätigkeit. Das Essen in einem Klub, wenn nötig auch in der eigenen Wohnung, gestaltete sich für viele ältere Menschen zu einer willkommenen Hilfe. Die Menschen konnten so mit anderen ins Gespräch kommen und Kontakte pflegen. Die Teilnehmerzahlen stiegen stetig an. Für den Transport der Mahlzeiten wurden Fahrräder, Handwagen und sogar Kinderwagen genutzt.
Nach dem Motto „Freude spenden – Leid abwenden!“ wurde bereits 1946 durch die Volkssolidarität die Nachbarschaftshilfe geschaffen. Vor allem bei Krankheit, Körperbehinderung und bei Arbeitsüberlastung galt die Unterstützung in der Haushaltsführung innerhalb der Nachbarschaft als große Hilfe. Dazu gehörten die Besorgung von Einkäufen, die Verhandlungen mit Amtsstellen sowie die Betreuung von Kranken und Kindern.
Im September 1952 beschloss der Zentralausschuss der Volkssolidarität, dass aus der freiwilligen und unbezahlten Nachbarschaftshilfe die Hauswirtschaftspflege als bezahlte Tätigkeit entstehen soll, 1966 wird sie laut einer Richtlinie des Zentralausschusses sogar zur erstrangigen Aufgabe der Volkssolidarität. Zur Nachahmung gedacht war die Arbeitsgemeinschaft der Volkssolidarität im Bezirk Karl-Marx-Stadt, die den Stadtverordneten ein komplexes Programm zur Betreuung älterer Bürger vorschlug. In 15 Punkten wurden alle Maßnahmen zur Erfassung und ständigen Betreuung älterer Bürger, zu ihrer umfassenden Einbeziehung in das gesellschaftliche Leben und zur konzentrierten Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten in Feierabend- und Pflegeheimen festgelegt.
Im Juni 1977 wurden 22 Hauswirtschaftspflegerinnen als erste Brigade in Karl-Marx-Stadt mit dem Titel „Brigade für hervorragende Solidaritätsarbeit“ ausgezeichnet und erhielten eine materielle Anerkennung sowie die Wanderfahne der Volkssolidarität.
Auf der III. Zentralen Delegiertenkonferenz 1956 in Berlin wurde ein umfangreiches Programm zur Betreuung älterer Bürger beschlossen. An alte Traditionen anknüpfend, entstand 1956 der erste Klub der Volkssolidarität in Halle. Karl-Marx-Stadt folgte diesem Beispiel und eröffnete 1958 auf der Limbacher Straße 138 in einem leer stehenden, zweistöckigen Haus den ersten Klub der Stadt. Vielfältige Angebote wurden hier bereitgestellt und auch der warme Mittagstisch wurde gern angenommen. Die Gründung einer Veteranenakademie stellte in dieser Zeit ein Novum dar. In dieser ging es um Themen wie den Umgang mit Lebensmitteln, die Pflege und Haltung von Heimtieren, gesunde Ernährung und auch um die Vorbeugung von Alterskrankheiten. Jedes Jahr wurden am 24. Dezember für Alleinstehende, Betagte und hilfebedürftige Bürger Weihnachtsfeiern mit Kaffee und Kuchen, Abendessen und einem Kulturprogramm durchgeführt. Bis 1960 wurden in Karl-Marx-Stadt noch drei weitere Klubs der Volkssolidarität geschaffen, unter anderem auf der Zieschestraße und der Bergstraße. 1979 wurde im Klub auf der Horst-Menzel-Straße ein Traditionszimmer eingerichtet, welches vor allem für Pionier- bzw. FDJ-Veranstaltungen genutzt wurde.
Im März 1979 gründete die Leiterin des Klubs den ersten Chor der Volkssolidarität. Dem Beispiel folgten bald weitere und bis Mitte der 80er Jahre gab es schon mehr als 30 Chöre und Singegruppen der Volkssolidarität im Bezirk. Höhepunkte für diese war jedes Jahr das Chortreffen in der Zwickauer „Neuen Welt“ und das Treffen zu Ehren der Volkshelfer in der Stadthalle Karl-Marx-Stadt.
Partnerbeziehungen zwischen den Klubs der Volkssolidarität und Betrieben, LPGs, Schulen, der Volkspolizei und Kindergärten trugen zur Bereicherung des Klublebens bei. Kultur- und Singegruppen der FDJ und der Pionierorganisation traten regelmäßig auf. Schulklassen gestalteten Nachmittage oder halfen bei der Ausgestaltung von Feierlichkeiten. Der Patenbetrieb des Klubs auf der Horst-Menzel-Straße war das Centrum-Warenhaus. Die Modenschauen für ältere Bürger mit anschließender Verkaufsmesse waren besonders gern besuchte Veranstaltungen im Klub.
Eine der wichtigsten Rollen innerhalb der Volkssolidarität übernahmen die ehrenamtlich arbeitenden Volkshelfer. Der Volkshelfer war seit jeher das wichtigste Bindeglied zwischen der Volkssolidarität und bedürftigen Personen. Er war persönlicher Ansprechpartner vor Ort, Helfer, Ratgeber, Kamerad und Freund. Später wurde ihm zur ersten Aufgabe gemacht, die Mitgliedsbeiträge zu kassieren und politisch-ideologische Arbeit mit den Mitgliedern der Volkssolidarität durchzuführen.
Mit der regelmäßigen Beitragskassierung wurde auch die Listensammlung eingeführt. Ein- oder zweimal jährlich waren die freiwilligen Helfer unterwegs, um zusätzliche Geldspenden sowohl von Mitgliedern als auch von der übrigen Bevölkerung zu sammeln. Unterstützung erhielt die Volkssolidarität dabei vor allem von den Betrieben und öffentlichen Einrichtungen.
Durch die zahlreichen sozialen Betreuungsmöglichkeiten gewann die Volkssolidarität wieder an Ansehen. Bedeutend war dabei der im Mai 1969 beschlossene Ministerratsbeschluss zur Verbesserung der medizinischen, sozialen und kulturellen Betreuung der älteren Bürger. In Karl-Marx-Stadt wurde daraufhin unter der Leitung des Oberbürgermeisters eine Arbeitsgemeinschaft, der auch Vertreter der Volkssolidarität angehörten, gebildet. Diese erarbeitete ein komplexes Programm zur Betreuung älterer Bürger. In 15 Punkten wurden Maßnahmen zur Erfassung und ständigen Betreuung festgelegt.
Unter dem Motto „Tätigsein – Geselligkeit – Fürsorge“ organisierte die Volkssolidarität weiterhin Hilfe zur Selbsthilfe und trug damit verstärkt zu einem Generationenaustausch bei. Es entwickelte sich eine tätige Solidarität und kameradschaftliche Hilfe zwischen der Jugend und den älteren Bürgern. Ältere Menschen halfen bspw. bei der Instandhaltung von Wohnungen, der Nachbarschaftshilfe oder der Kinderbetreuung. Im Rahmen der Timurbewegung, benannt nach dem Helden des Romans „Timur und sein Trupp“ des sowjetischen Schriftstellers Arkadi Gaidar, haben Kinder und Jugendliche insbesondere in der kalten Jahreszeit älteren Bürgern beim Beheizen der Wohnungen Unterstützung geleistet, gingen für die hochbetagten Bürger einkaufen und erledigten weitere Besorgungen.
In Treffpunkten und Klubs förderte die Volkssolidarität auch das geistig-kulturelle Leben der Senioren. In der Bezirksstadt wurde viel getan, um den Rentnern und Veteranen den Alltag bunter zu gestalten. Zirkel, musikalische Nachmittage und Geburtstagsfeiern des Monats fanden hohen Zuspruch.
Durch ihre neuen Aufgaben und Chancen bekam die Volkssolidarität einen erneuten Zuwachs. Im Oktober 1970 zählte bspw. der Bezirk Karl-Marx-Stadt 253.000 Mitglieder.
1974 schlossen der Bezirksausschuss der Volkssolidarität und die Bezirksleitung der FDJ eine Arbeitsvereinbarung ab, um die Zusammenarbeit weiter zu festigen. Mitglieder des Jugendverbandes arbeiteten im Bezirksausschuss und im Sekretariat mit, vorwiegend um Veteranen für Veranstaltungen in Jugendklubs oder Schulen zu gewinnen.
Im Fürsorge-Bereich waren vor allem die ambulante Pflege hilfebedürftiger älterer Personen und deren Versorgung mit Mahlzeiten wichtig. Täglich wurden über 4.800 Rentner durch die Volkssolidarität mit Mittagessen versorgt. Während 1972 in Karl-Marx-Stadt 952 Portionen ausgegeben wurden, stieg die Anzahl 1981 auf 3.863 Portionen und 1986 auf 5.233. Oft reichten die Kapazitäten nicht aus, sodass die Senioren das Essen im Wechsel in Anspruch nahmen. In den drei Stadtbezirken standen 1981 864 Hauswirtschaftspflegerinnen hilfebedürftigen Älteren zur Seite. Sie pflegten Kranke und Behinderte und hielten ihnen die Wohnung in Ordnung (Vgl. Neues Deutschland 18.03.1980; Volkshelfer Januar 1981).