Sämtliche Bereiche reichen die ihnen entstandenen Kosten an den nächsten weiter. Niemand will auf den Unkosten für eine erbrachte Leistung sitzen bleiben. Und somit muss der Kunde die Aufschläge für entstandene Aufwendungen zahlen. Das gilt für Ge- und Verbrauchswaren im Handel und ebenso für Leistungen, die im Alltag genutzt werden (z. B. bereitgestellte Energie) oder denen man sich aus politisch verordneten Bestimmungen (z. B. GEZ-Gebühren) nicht entziehen kann.
Ja, es gibt positive Beispiele, wo der Staat oder die Kommunen über finanzielle Zuschüsse (u. a. aus steuerlichen Einnahmen) wichtige Nutzungsbereiche subventionieren (z. B. Fahrkarten des ÖPNV), damit jedem eine Teilhabe ermöglicht wird. Das Modell geht letztlich nur dann auf, wenn es auf der Einnahmenseite ausreichend Gewinne gibt und diese auch sinn- und verantwortungsvoll für die Bevölkerung zum Einsatz kommen. Durch die Pandemie-Zeit leiden allerdings viele wirtschaftliche Bereiche.
Aktuell beschäftigt sich der Chemnitzer Stadtrat mit der Anhebung der „Müllgebühren“, um den mit der Entsorgung beauftragten kommunalen Eigenbetrieb (ASR) auf eine sichere finanzielle Basis zu stellen. Dabei muss man im Auge behalten, dass die Preise für die Einwohner in den letzten 12 Jahren stabil gehalten wurden, weil man aus Rücklagen des Betriebes schöpfen konnte. Diese sind nun allerdings aufgebraucht und allgemeine Kostensteigerungen (z. B. Löhne, Energie, etc.) zeigen ihre finanziellen Auswirkungen. An und für sich lässt sich das sicher den Bürgern auch vermitteln und die Zustimmung des Stadtrates zum Ansinnen der Verwaltung, den Ausgleich über die Einnahmen gesteigerter Gebühren zu kompensieren, gilt aus wirtschaftlicher Notwendigkeit als gesichert.
Dennoch kam es in der Sitzung am 2. Februar 2022 ganz anders. Nach langer Debatte stimmten 25 Stadträte dafür und gleichviel dagegen. Eine Enthaltung bewirkte die Verstärkung der Dagegen-Seite und somit gilt der Antrag als abgelehnt. Manche Ratskollegen sprechen dem Ergebnis der ablehnenden Stadträte eine Unverantwortlichkeit zu, denn dadurch würde das städtische Unternehmen sehenden Auges in eine Schieflage gebracht. Man kann es aber auch ganz anders betrachten: Bei der Vereidigung zum Stadtrat wurde mit der Formulierung „Insbesondere gelobe ich, die Rechte der Stadt Chemnitz gewissenhaft zu wahren und ihr Wohl und das ihrer Einwohner nach Kräften zu fördern“ (Auszug des Textes) das Amt aufgenommen. Als gewählter Vertreter der Bürgerschaft gilt es, gleichwohl im Sinne der Einwohner zu handeln.
Die Vorlage sah eine Erhöhung der Gebühren um bis zu 30 Prozent vor. In Anbetracht der vielen anderen Gebührenerhöhungen und Kostensteigerungen kann man nicht einfach davon ausgehen, dass dies für Menschen mit einem geringen oder „überschaubaren“ Einkommen in Summe einfach zu stemmen ist. Für die Lebenshaltungskosten ist eine Aufwärtsspirale entstanden, welche sich ohne Unterlass immer weiter und für immer mehr Menschen zum Fallstrick entwickelt. Die Inflation ist auf dem Vormarsch. So gibt es etliche Mitmenschen, welche für sich oder für ihre Familienmitglieder bspw. keinen regelmäßigen Betrag für Freizeit, Sport und Kultur mehr aufbringen können. Wenn es im Ermessen der Stadt Chemnitz liegt, hier künftig mit besseren Konzepten zu agieren (z. B. Anreize für die Müllvermeidung zu schaffen), dann ist spätestens jetzt der Zeitpunkt dafür reif. Nun ist es wünschenswert, dass die Verantwortlichen auch entsprechend nachlegen. Die Müllgebühren-Diskussion rettet sicher keinen der härter betroffenen Chemnitzer aus der misslichen finanziellen Lage. Dennoch muss sie ein Auftakt sein, um seitens der Kommune generell mehr Kreativität einzubringen, wenn es darum geht, unsere Stadt lebenswert zu gestalten.