Am 10. November 2022 lud die Volkssolidarität Chemnitz besonders verdiente sowie langjährige Mitglieder zur Auszeichnungsveranstaltung in den Stadtteiltreff Clausstraße ein. 2019 fand hier die letzte reguläre Veranstaltung dieser Art statt. 2020 musste sie aufgrund der Coronapandemie ausfallen. Ausgezeichnete dieses Jahres lud die Volkssolidarität Chemnitz daher im Folgejahr mit ein und buchte dafür den Carlowitz-Saal des Carlowitz-CongressCenters (ehemals kleiner Saal der Stadthalle). Nach so langer Pause wurde für die Veranstaltung im Jahr 2022 eigens ein Test der Tontechnik angesetzt, denn diese hat bekanntlich ihre Tücken. Zur Probe funktionierte die Tonanlage ausgezeichnet, zu Veranstaltungsbeginn fiel sie jedoch aus. Für die Redner und Künstler geriet die Veranstaltung daher zu einer besonderen Herausforderung.
Eröffnet wurde sie vom Vorsitzenden Andreas Lasseck. Die musikalische Begleitung übernahmen Sopranistin Ellen Haddenhost-Lusensky und Rita Rappika am Klavier. Die Auszeichnungen der langjährigen Mitgliedschaften wurden von Geschäftsführerin Ulrike Ullrich mit einem Blick in die Geschichte des Verbandes begleitet.
So sind sieben Mitglieder seit 40 Jahren dabei und kamen 1982 zur Volkssolidarität. Wenige Jahre zuvor wurde 1979 im Klub auf der Horst-Menzel-Straße ein Traditionszimmer eingerichtet, welches vorwiegend für Pionier- bzw. FDJ-Veranstaltungen genutzt wurde. Im März 1979 gründete die Klubleiterin den ersten Chor der Volkssolidarität Chemnitz. Diesem Beispiel folgten bald weitere und bis Mitte der 80er-Jahre hab es schon mehr als 30 Chöre und Singegruppen der Volkssolidarität im damaligen Bezirk Karl-Marx-Stadt. Höhepunkt war jedes Jahr das Chortreffen in der Zwickauer „Neuen Welt“ und das Treffen zu Ehren der Volkshelfer in der Stadthalle Karl-Marx-Stadt. Das aktive Klubleben wurde durch Partnerschaften zu Betrieben, Schulen, Volkspolizei und Kindergärten bereichert.
Vier Mitglieder sind 1972 eingetreten und blicken nun auf ein halbes Jahrhundert Mitgliedschaft zurück. Damals wurden ab 1969 vom Sekretariat des Zentralausschusses regelmäßig Lehrbriefe zur Qualifizierung der Mitarbeiter im Bereich soziale und pflegerische Betreuung herausgegeben, die die Mitarbeiter bei der Betreuung unterstützen und sie über Neuerungen informieren sollten. Acht Jahre später wurden 22 Hauswirtschaftspflegerinnen als erste Brigade in Karl-Marx-Stadt mit dem Titel „Brigade für hervorragende Solidaritätsarbeit“ ausgezeichnet und erhielten eine materielle Anerkennung sowie die Wanderfahne der Volkssolidarität. Zu dieser Zeit entwickelte sich auch die Timurbewegung, bei der sich Kinder und Jugendliche verpflichteten, besonders in der kalten Jahreszeit älteren Bürgern beim Beheizen der Wohnungen Unterstützung zu leisten, für die hochbetagten Bürger einzukaufen und Besorgungen zu erledigen.
Elf Mitglieder sind bereits 1962 eingetreten und damit seit 60 Jahren Mitglied der Volkssolidarität. Die Nachbarschaftshilfe und die Hauswirtschaftspflege hatten damals einen hohen Stellenwert, 1966 wurde diese sogar laut einer Richtlinie des Zentralausschusses zur erstrangigen Aufgabe der Volkssolidarität erklärt. Zur Nachahmung gedacht war die gebildete Arbeitsgemeinschaft im Bezirk Karl-Marx-Stadt. In 15 Punkten wurden alle Maßnahmen zur Erfassung und ständigen Betreuung älterer Bürger, zu ihrer umfassenden Einbeziehung in das gesellschaftliche Leben und zur konzentrierten Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten in Feierabend- und Pflegeheimen festgelegt.
Sechs Mitglieder sind sogar schon 10 Jahre länger, seit 70 Jahren dabei. Als sie 1952 in den Verband eintraten, wurde dieser gerade von einer Volks- und Bürgerbewegung zu einer Massenorganisation umgestaltet, die sich aufgrund von Beschlüssen der SED auf die umfassende Betreuung von Bürgern im höheren Lebensalter konzentrierte.
Die schweren Nachkriegsjahre lagen hinter den Menschen. 1952 entstand aus der damals unbezahlten Nachbarschaftshilfe die Hauswirtschaftspflege als bezahlte Tätigkeit. 1958 wurde in der Limbacher Straße 138 der erste Klub der Volkssolidarität in Karl-Marx-Stadt als Anlaufstelle, zur Mittagessenausgabe und zur Kommunikation eingerichtet. Die Gründung einer Veteranenakademie stellte zu dieser Zeit ein Novum dar. Hier ging es um Themen wie den Umgang mit Lebensmitteln, die Pflege und Haltung von Heimtieren, gesunde Ernährung und auch um die Vorbeugung von Alterskrankheiten. Jedes Jahr wurde für Alleinstehende und ältere Menschen Weihnachtsfeiern mit Kaffee und Kuchen, Abendessen und Kulturprogramm aufgeführt. Bis 1960 wurden noch drei weitere Klubs in Karl-Marx-Stadt geschaffen.
Zum ersten Mal wurden zwei Mitglieder geehrt, die bereits seit 75 Jahren Mitglied der Volkssolidarität sind. Sie kamen 1947 zum Verband, zwei Jahre nachdem unmittelbar nach dem Krieg in vielen Städten Hilfswerke und Solidaritätsaktionen aufgebaut worden sind und am 17. Oktober 1945 in Sachsen der Aufruf „Volkssolidarität gegen Wintersnot“ erschien. Dieser Tag gilt als Gründungstag der Volkssolidarität. Im November 1945 bildete sich in Chemnitz ein Sekretariat der Volkssolidarität, dessen Büros im Kaufhaus Merkur (Schocken) eingerichtet wurden. Das Haus der Volkssolidarität wurde am 2. Dezember 1945 eröffnet. Im Verlauf des Jahres 1949 wurde die gesamte Organisation vereinheitlicht und zentralisiert. Im Oktober gab sich der Zentralausschuss ein neues Statut und wurde unter dem Namen „Gemeinschaft Volkssolidarität in der Deutschen Demokratischen Republik“ als gemeinnützige Organisation in das Vereinsregister eingetragen. Im Mai 1950 wurde zudem ein einheitliches Symbol geschaffen, welches bis auf eine geänderte Kreisbeschriftung bis heute Bestand hat.
Mit Laudationes würdigte Ulrike Ullrich noch diejenigen Mitglieder, die aufgrund ihres herausragenden ehrenamtlichen Engagements mit einer Ehrenurkunde oder einer Ehrennadel ausgezeichnet wurden.
Leider konnten nicht alle zu Ehrenden der Einladung zur Auszeichnungsveranstaltung folgen. Sie und Mitglieder, welche seit 25 Jahren dabei sind oder ein anderes rundes Jubiläum ihrer Mitgliedschaft bei der Volkssolidarität haben, werden durch ihre Wohngruppenleitung gewürdigt.