Auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit

Mit einem Workshop gründete sich im Frühjahr 2023 der Arbeitskreis Nachhaltigkeit, bei dem Mitarbeiter der Volkssolidarität Chemnitz und den verbundenen Unternehmen mitwirken. VS Aktuell sprach mit dem Vereinsvorsitzenden Andreas Lasseck, der Geschäftsführerin Ulrike Ullrich und mit Melanie Tuchscherer, Geschäftsführerin der verbundenen Unternehmen, die teil- und vollstationäre Pflegeeinrichtungen betreiben.

 

VS Aktuell: Wie kam es zum Thema Nachhaltigkeit?

Andreas Lasseck: Nachhaltigkeit ist für uns schon länger ein wichtiges Thema, welches zunächst über die persönlichen Interessen vieler Mitarbeiter und Mitglieder in den Verein hineingetragen wurde. Viele Menschen versuchen, sich nicht nur gesund zu ernähren, sondern achten zudem darauf, woher ihre Lebensmittel kommen, ob bspw. der Kaffee fair gehandelt wird oder in der Schokolade keine Kinderarbeit steckt. Immer mehr Menschen legen auch Wert darauf, dass ihre Kleidungsstücke aus fairen Produktionsprozessen stammen. Dieser Trend hat auch vor uns nicht haltgemacht. Durch unseren neuen Arbeitskreis Nachhaltigkeit haben wir jedoch nun einen besonderen Fokus darauf.

 

VS Aktuell: Frau Tuchscherer, Sie leiten diesen Arbeitskreis. Warum ist er genau jetzt gegründet worden?

Melanie Tuchscherer: Seit einiger Zeit ist uns klar, dass wir ebenso wie bei anderen Themen die Motivation unserer Kollegen mitnehmen möchten. Was eignet sich besser dazu, als ein Arbeitskreis? Durch den Klimawandel und durch die Energiekrise steht das Thema gerade im Mittelpunkt unserer Gesellschaft. So hat der Gesetzgeber mehrere Gesetze beschlossen, die in genau diese Richtung gehen. Dazu gehören bspw. das Klimaschutzgesetz und das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Letzteres zielt nicht nur auf den Umweltschutz ab, sondern ebenso auf die Einhaltung der Menschenrechte bei der Herstellung von Produkten, also auch auf die Verhinderung von Kinderarbeit.

 

VS Aktuell: Sind nicht nur große Unternehmen, sondern auch soziale Einrichtungen an diese Gesetze gebunden?

Melanie Tuchscherer: Ja, denn wir sind ein Teil von Lieferketten. Für die Erbringung unserer sozialen Dienstleistungen müssen wir Produkte einkaufen. Wir verwenden diese, stellen viele davon jedoch auch den von uns betreuten Menschen zur Verfügung. Nehmen wir als Beispiel ein Seniorenpflegeheim. Dort bekommen die Bewohner Dinge des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel und Toilettenpapier von uns zur Verfügung gestellt. Sie werden auch von uns mit Essen versorgt, welches in unseren Küchen zubereitet wird. Und wir reinigen ihr Zimmer mit Reinigungsmittel. Zum einen ist es unser Anspruch, dass wir unsere Bewohner möglichst nachhaltig pflegen, betreuen und versorgen. Zum anderen möchten wir sie an der gesellschaftlichen Entwicklung teilhaben lassen. 

Ulrike Ullrich: Vergessen dürfen wir auch nicht, dass wir als ein Teil von Lieferketten auch von anderen Unternehmen und Banken bewertet werden, für die solche Gesetze ebenso bindend sind. Da kann nachhaltiges Handeln und Wirtschaften zu einem wichtigen Kriterium für einen Vertragsabschluss werden.

 

VS Aktuell: Ist es nicht schwierig, jeden Lieferanten auf seine Nachhaltigkeit hin zu bewerten?

Melanie Tuchscherer: Ja, das ist es. Hier können wir jedoch auf unsere Zulieferer und den Großhandel bauen. Diese sind ja ebenso Teil von Lieferketten und müssen wiederum ihre Lieferanten oder Produzenten bewerten. Wir schließen jedoch auch Verträge mit Herstellern direkt und prüfen zuvor, wie diese hinsichtlich Nachhaltigkeit und Umweltschutz stehen. 

Für das vergangene Jahr hat einer unserer großen Lieferanten für unsere stationären Pflegeeinrichtungen eine Nachhaltigkeitsanalyse erstellt. Wir stehen da richtig gut da, haben immerhin schon den Status „fortgeschritten“ erhalten. Unser Ziel ist natürlich, dass schon bald „herausragend“ in der Bewertung steht.

 

VS Aktuell: Demnach werden bereits viele nachhaltige Produkte verwendet?

Melanie Tuchscherer: Ja, das ist so. Bereits seit einigen Jahren verwenden wir in allen Einrichtungen Toilettenpapier und Papierhandtücher, welche durch das Recyceln von Milchpackungen gewonnen werden. Aus der Folie in der Verpackung werden übrigens Handtuchspender und Serviettenhalter hergestellt, welche wir ebenfalls verwenden. Bei anderen Dingen haben wir noch Nachholbedarf. Bspw. bei Müllbeuteln, die einen bestimmten Anteil an sogenanntem Rezyklat aufweisen müssen, und bei den Reinigungsmitteln. Hier prüfen wir gerade andere Produkte, die umweltfreundlicher und nachhaltiger sind.

Ulrike Ullrich: Unsere Zentralküche prüft gegenwärtig zur Auslieferung des Essens auch die Nutzung von Mehrwegschalen. Auf den ersten Blick ist das natürlich wesentlich umweltfreundlicher, denn es fällt ja sichtbar weniger Müll an. Wir müssen jedoch auch bedenken, aus welchem Material die Mehrwegschalen sein können, wie schwer diese sind und vor allem, dass wir die Behälter von einem Essenteilnehmer wieder zurücknehmen und  reinigen müssen. Die Fahrtwege sind die gleichen, der Verbrauch von Wasser und Spülmittel kommt jedoch hinzu. Sicherlich, neue Spülmaschinen verbrauchen mittlerweile viel weniger, aber sie kostet ja auch Geld. Das zeigt, dass die Anpassung eines Prozesses gar nicht mal so einfach und schnell ist.

 

VS Aktuell: Die Verwendung von umweltfreundlicheren und fair hergestellten Produkten ist ein Weg zu mehr Nachhaltigkeit. Gibt es noch andere?

Melanie Tuchscherer: Sicher. Wir werden ganz einfach weniger LKWs über die Straßen fahren lassen. Bisher haben wir oft etwas bestellt, wenn wir etwas benötigen. Wenn wir jedoch vorausschauend planen und regelmäßig größere Mengen bestellen und dann einlagern, braucht der Lieferant unsere Einrichtungen nicht so oft anfahren. Auch dadurch mindert sich unser CO₂-Abdruck.

Ulrike Ullrich: Wir sind auch schon nachhaltige Wege gegangen, ohne konkret an Nachhaltigkeit zu denken. So haben wir die EDV-Technik unserer Einrichtungen Schritt für Schritt in ein Rechenzentrum integriert. Vor Ort gibt es kaum noch vollwertige Computer, sondern kleine, energiesparende Geräte, die über das Internet mit dem Rechenzentrum verbunden sind und sich die Rechenleistung der Server „teilen“. Wir sparen dadurch nicht nur Energie und können uns über eine bessere Zusammenarbeit freuen, sondern sichern dadurch auch die Datensicherung und den Datenschutz bestmöglich und zuverlässig ab. 

Ohnehin gehen wir immer mehr in die digitale Richtung. Wir empfangen viele Rechnungen per E-Mail, bearbeiten am Rechner und versenden beginnend mit unseren stationären Pflegeeinrichtungen unsere Rechnungen auch elektronisch. Das spart Papier und auch viel Aufwand für unsere Mitarbeiter, da die Unterlagen stets griffbereit im digitalen Ablagesystem sind. 

Melanie Tuchscherer: Nachhaltigkeit bedeutet für uns nicht nur Umweltschutz. Das ist nur eine der drei Säulen.  So gibt es die gesellschaftlichen und sozialen Aspekte, wozu wir bspw. die Zufriedenheit unserer Mitarbeiter, deren Gesundheit und Qualifikation zählen. Unser Betriebliches Gesundheitsmanagement fällt nun darunter und verbindet stärker als zuvor die Gesundheit mit der Zufriedenheit unserer Mitarbeiter. Und wir betrachten auch wirtschaftliche Aspekte. 

 

VS Aktuell: Wie können denn die Mitglieder der Volkssolidarität mit auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit gehen?

Andreas Lasseck: Da gibt es viele Möglichkeiten, und die fangen schon im privaten Haushalt an. Das Trennen des Mülls, beim Einkauf das Achten auf regionale und saisonale Lebensmittel sowie fair gehandelte und umweltfreundliche Produkte, möglichst vor Ort einkaufen, wenn machbar weniger Auto fahren – es lassen sich unzählige Beispiele finden. Unsere Mitgliedergruppen können übrigens auch einiges machen. Zum Beispiel bei gemeinsamen Veranstaltungen oder Feiern auf Pappteller, Plastikbesteck und Plastikbecher verzichten, mit Helium gefüllte Luftballons nicht in den Himmel steigen lassen oder auch andere Menschen für das wichtige Thema „Nachhaltigkeit“ sensibilisieren. So kann jeder von uns etwas beitragen, damit unsere Welt für unsere Kinder und Enkel lebenswert bleibt.

 


 

Wussten Sie schon?


Der Begriff „Nachhaltigkeit“ geht auf Hans Carl von Carlowitz (1645 – 1714) zurück.  Vor dem Hintergrund einer drohenden Holznot verwies der auf der Burg Rabenstein im heutigen Chemnitz geborene Oberberghauptmann darauf, dass nur so viel Holz geschlagen werden sollte, wie der Wald verkraften und nachwachsen kann. 


Tipp: „Auf den Spuren der Nachhaltigkeit“ und denen von Hans Carl von Carlowitz in seinem Freilandexperiment Rabensteiner Wald begibt sich regelmäßig Wanderführer Steffen Thränert, so auch am 7. Oktober 2023. Weitere Infos und Termine gibt es auf seiner Internetseite unter www.sachsenfuehrungen.de

 

aus VS Aktuell 2/2023, erschienen im  Nachhaltigkeit   VS Aktuell 2/2023# Nachhaltigkeit# Umweltschutz