Sanddorn, kaum ausgesprochen oder als bekannter Schlager musikalisch angestimmt, ergibt vor allem für viele Menschen aus den östlichen deutschen Bundesländern ein klassisches Bild. Spätsommer. Ein Aufenthalt an der Ostseeküste. Sonne eingefangen in leuchtend orangen Früchten, welche wie Perlen dicht an dicht aufgereiht die Zweige zieren. Ein prägender Duft wilder Natur. Süßsauer. Die Verlockung einer Kostprobe löst vorab schon Speichelfluss aus. Dem Ersuchenden verspricht es ein delikates Nascherlebnis. Eigentlich noch nicht erntereif, doch wer will (oder kann) schon bis zu den letzten Herbsttagen warten. Der Geschmack, schon einer einzelnen Beere, haftet sich mit einem Erlebnis für Auge und Gaumen fest an. Unvergleichlich sauer. Und so ergeht es vielen, die nach längerer Zeit einen Sanddorn-Nektar serviert bekommen. Zumeist mit Honig oder anderen Zusätzen gesüßt. Am gesündesten ist der sogenannte Sanddorn-„Muttersaft“, da dieser aus der ganzen Frucht, samt Samenkern, hergestellt wird. Es kann sich dadurch noch ein leicht bitterlicher Touch in das überwältigende Sauer einfügen. Damit dies als schmackhaft empfunden werden kann, möchte ich als Tipp mitgeben, einen viertel Anteil puren Apfelsaft hinzuzufügen. Das süßt, ohne dem Sanddorn seinen wundervollen Eigengeschmack zu nehmen. Diese Vitamin-Bombe erfrischt im Sommer oder ergibt mit heißem Wasser und etwas Honig aufgegossen in der kalten Jahreszeit ein tief durchdringendes Wärmegefühl.
Die kleinen, ovalen Früchte (kleiner als 1 cm) erscheinen am einjährigen Holz und geben sich im dornigen Geäst wehrhaft. Die Ernte ist also sehr mühsam, denn man muss die leuchtenden Beeren einzeln abzupfen oder mit einem dicken Handschuh abstreifen. Nach Frosteinwirkung lässt sich der Sanddorn auch „melken“, also die überreifen Beeren am Zweig zerdrücken und als Saft auffangen, welcher dann auch etwas eigene Süße ausgeprägt hat. Die Ernte ist bis in den Dezember hinein möglich, falls die Vögel noch etwas übrig lassen. Zum Trocknen, z. B. für Tee, sollten die noch festeren Früchte bereits ab Ende August geerntet werden.
Wer sich nicht auf ein Urlaubserlebnis für die persönliche Begegnung mit dem besonderen Wildobst beschränken möchte, kann Ausschau danach halten, wo man ggf. im städtischen Umfeld auf dort bewusst angepflanzte Exemplare trifft. Auch der Eigenanbau ist leicht zu realisieren, jedoch Achtung bei der Anpflanzung im Kleingarten! Man sollte sich vorher das Bild von einem mit Sanddorn besiedelten Küstenstreifen vor Augen führen, denn er wird sich bei geeigneten Bodenverhältnissen recht üppig ausbreiten, und das ohne geringste Rücksicht auf benachbarte Beeteinfassungen oder gar Gartengrenzen. Selbst vorher eingearbeitete Rhizomsperren bringen da nicht viel. Notfalls, das ist die „Wolf-Kather-Variante“, rigoros den jungen Ausläufern mit einem Rasenmäher zu Leibe rücken. Aber das dämmt nur für einen Moment den unerwünschten Auswuchs etwas ein und verhindert nicht das plötzliche Auftauchen auf benachbarten Grundstücken durch seine meterlangen Ausläufer. Eine Entfernung des selbigen ist sehr aufwendig, da der Sanddorn tief einwachsende Hauptwurzeln ausbildet und zudem mit starkem waagerechtem Ausläuferwuchs das Erdreich im Umfeld mit dicht verwurzelten Büscheln packt. Nicht umsonst wird diese „Pionier-Pflanze“ zur Befestigung von Dünen oder auch Autobahn-Hängen angepflanzt.
Auf großen freien Flächen bildet das Wildobst mit seinen an der Unterseite silbrig-grauen lanzettlichen Blättern und den kleinen unscheinbaren gelblich cremefarbenen Blüten eine hervorragende Vogelschutzhecke.
Wer den Anbau des Ölweidengewächses dennoch selbst ausprobieren möchte, sollte sich im Fachhandel nach Züchtungen erkundigen, die von weniger Ausbreitungsdrang geprägt sind. Karge, lockere und durchlässige Böden an luftigen und vollsonnigen Standorten werden bevorzugt. Schwerere Böden können mit reichlich Sand etwas aufgebessert werden.
Sanddorn ist von seiner natürlichen Herkunft aus zweihäusig. Ein weiblicher fruchttragender Strauch benötigt männliche Pflanzenexemplare in der unmittelbaren Nähe (mind. 2 auf 1). Oder man besorgt sich spezielle Zwitter-Sorten im Handel, welche allerdings nicht so viele Früchte tragen werden. Trotz seiner Anspruchslosigkeit bewährt sich ein Pflegeschnitt, um innen liegendes dichtes Geäst auszudünnen. Somit erhalten die begehrten Früchte mehr Sonne. Interessanterweise geht die Sanddornpflanze mithilfe eines speziellen Strahlenpilzes eine Symbiose ein, wobei Stickstoff aus der Luft gebunden und nutzbar gemacht wird. Düngergaben benötigen die Pflanzen daher im Eigenanbau nicht. Beim gewerblichen Anbau muss dennoch darauf geachtet werden, dass die ohnehin kargen Böden nicht zu sehr ausgelaugt werden und je nach Situation und Beschaffenheit die Zugabe von einigen Nährstoffen notwendig wird.
Das ursprünglich aus dem Himalaja stammende Ölweidengewächs (Hippophae rhamnoides) ist eine wertvolle Heilpflanze. Die oft als Zitronen des Ostens bezeichneten Beeren haben ein Vielfaches mehr an Vitamin C als Zitrusfrüchte oder Äpfel. Weitere aktive Biostoffe, wie B-Vitamine, Carotinoide, Öl in den Fruchthäuten und Samen, freie Aminosäuren, Gamma-Linolensäure, Eiweiß, Eisen, Zink, Kalium u. v. m. lassen die reichhaltigen Inhaltsstoffe als wichtiges „Nahrungsergänzungsmittel“ oder Pflegeprodukte natürlicher Herkunft einstufen.
Saft, Sirup, Likör, Fruchtaufstriche sind zudem beliebte heimische Produkte oder Urlaubs-Mitbringsel. Daraus werden weitere kulinarische Kreationen hergestellt. Nicht unerwähnt lassen darf ich die „Original-Hiddenseer-Sanddorn-Torte“ …
Der Saft hilft naturheilkundlich bei Vitaminmangel, körperlicher Schwäche und kommt traditionell auch bei Erkältungen zum Einsatz. Oder als Basis für eine Sanddorn-Möhren-Suppe, die nicht nur köstlich ist, sondern vielfältig unsere Gesundheit unterstützt.
Ein Tee aus frischen oder getrockneten Beeren (kurz aufkochen und 10 Minuten abgedeckt ziehen lassen) kann vielseitig unserem Wohlbefinden dienen. Das Wertvollste ist allerdings das Sanddorn-Öl, da es nachweislich die Haut generiert (entzündungshemmend bspw. bei Neurodermitis, bei Wunden, Verbrennungen, Narben und auch bei Tumoren …). Das Öl kann aus dem Fruchtfleisch oder aber auch besonders hochwertig aus den Samenkernen gewonnen werden. Selbst Pressrückstände (bei eigener Saftgewinnung) lassen sich mit einem guten Öl in einem verschließbaren Glas auffüllen (3 Wochen hell und warm stellen, anschließend filtern) und zu einem hervorragenden Hautpflegeprodukt verarbeiten.
Äußerst problematisch ist das mittlerweile großflächige Sanddorn-Sterben in unseren Küstenregionen. Scheinbar durch lang anhaltende Dürren geschwächte Pflanzen werden möglicherweise von Pilzen befallen, die eine Wasseraufnahme verhindern. Nina Hagens „Hoch stand der Sanddorn am Strand von Hiddensee …“ gehört derzeit wortwörtlich der Vergangenheit an. Traurige Bilder enttäuschen die Besucher der Insel Hiddensee. Auch traditionelle Obstanbaubetriebe in Mecklenburg leiden darunter. Eine unserer bekanntesten Plantagen liegt bei Ludwigslust, vormals Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft der DDR, damals rund 120 Hektar. Dieser Betrieb hat die politischen Umbrüche gut überstanden und bis vor kurzer Zeit noch ca. 80 Hektar bewirtschaftet. Dort wird der Sanddorn maschinell geerntet, in dem ganze fruchttragende Zweige geschnitten, schockgefrostet und danach die Beeren zur Weiterverarbeitung abgeschüttelt werden. Auch hier greift das rätselhafte Pflanzensterben um sich, während weiter entfernt liegende Plantagen vorerst nur bangen. Noch können wir auf heimische Reserven zurückgreifen, bevor der Blick in Richtung China geht. Schätzen wir dieses einmalige Geschenk der Natur, denn niemand kann sagen, wie sehr die Pflanzen-Krankheit vielleicht sogar weltweit noch um sich greift.
Sehr zum Wohl: auf unsere Umwelt und auf unsere Gesundheit!