Bärlauch verleiht Bärenkräfte

Man muss keinen besonders guten „Riecher“ wie ein „Trüffelschwein“ haben, um im Frühjahr in den Wäldern den schmackhaften Bärlauch finden zu können. Schon von weitem verrät ein würziger Knoblauchgeruch, in welche Richtung der Sammler gehen sollte. Hat er den wilden Knoblauch entdeckt, wird er gewiss auf einen größeren Bestand treffen. Wo sich der Bärlauch einmal wohlfühlt, lässt er sich verlässlich für viele Jahre wiederfinden. Die ausdauernde Pflanze bildet über seine kleinen Zwiebeln und Samen recht umfangreiche „Blatt-Teppiche“, so dass für den privaten Gebrauch kleinere Mengen geerntet werden dürfen. 

Die Pflanzen mit ihren glänzend grünen Blättern erreichen üblicherweise eine Höhe von ca. 25 cm. Mehrere weiße Einzelblüten bilden ab Ende Mai zierliche Scheindolden. Dann erscheint der Waldboden mancherorts in den Farben der Sachsen. Dabei kommt der Bärlauch ursprünglich eher aus den südlich gelegenen Wäldern und bevorzugt humusreiche, lichte Laubwälder und Auen. In der Umgebung von Bächen und auf feuchten Böden wächst das mancherorts als „Knoblauchspinat“ bezeichnete Wildgemüse in großen Beständen. In einigen Landstrichen ist der Bärlauch mittlerweile jedoch sehr selten geworden und steht auf der „Roten Liste“. Daher sollte niemals alles abgeerntet und mindestens zwei Drittel des Bestandes unberührt gelassen werden. 

Die Blätter werden mit ihren Stielen oberhalb der Erdoberfläche abgeschnitten, damit die feinen Zwiebeln nicht mit herausgerissen werden. Obwohl sämtliche Pflanzenteile verwendet werden können, sollte sich in freier Natur aus genannten Gründen auf die Blätter beschränkt werden.

Achtung! Aufgrund ähnlicher Blätter besteht Verwechslungsgefahr mit den giftigen Maiglöckchen (Convallaria) und sehr giftigen Herbstzeitlosen (Colchicum), die durchaus am selben Standort gedeihen und sich im Frühjahr mit ihrem noch nicht gänzlich entfalteten frischem Grün zwischen dem Bärlauchbestand „verstecken“. Durch die oft empfohlene „Riechprobe“ können sie nicht zuverlässig ausgeschlossen werden. Das Zerreiben von Blattstücken zwischen den Fingern, um den typischen Knoblauchgeruch zu erkennen, kann zu bösen Täuschungen führen. Während die Probe beim ersten Blatt noch eindeutig funktioniert, kann der an Fingern anhaftende Geruch an die weiteren Blätter weitergegeben werden. So kann ein vom Geruch ummanteltes Mai­glöckchenblatt schnell die Nase täuschen! Das wäre fatal, da eine Verwechslung schlimmstenfalls mit dem Leben bezahlt wird. Daher sollten unbedingt zusätzlich Blatt und Stiel genau betrachtet werden! Bärlauchblätter haben jeweils einen einzelnen gut ausgeprägten Stiel. Bei Maiglöckchen sind es oftmals Doppelblätter, die aus dem Wurzel­rhizom heraustreiben und die Blätter der Herbstzeitlosen wachsen direkt aus einem Horst.

Für einige Tiere ist übrigens auch der Bärlauch giftig. Kaninchen und Pferde dürfen nicht davon fressen!

An unseren heimischen Standorten beschränkt sich die Sammelzeit auf Ende März bis Ende Mai. Ab Juni ziehen sich nach der Blüte die Blätter zurück und die Pflanzen legen in den trockenen Sommermonaten eine Ruhephase ein.

Bärlauch kann auch im Garten oder im Topf kultiviert werden. Wer ihn aus Samen ziehen möchte, muss sehr geduldig sein. Die ausgereiften Samen des Kaltkeimers müssen mindestens eine Frostperiode bewältigen, bevor sie keimen. Bis zum ersten Grün kann es zwei Jahre dauern. Besser ist es, sich von einem Gartenfreund ein paar ältere Exemplare geben zu lassen und diese einzupflanzen. Der Halbschatten unter laubabwerfenden Gehölzen kommt den natürlichen Bedingungen nahe. Sagt der Standort zu, hat man rasch größere Bestände. Wer Bärlauch in Töpfen auf dem Balkon oder Fensterbrett kultiviert, sollte beachten, dass die Pflanzen nach dem Einziehen der Blätter ebenfalls eine Ruhephase und die Witterungsbedingungen der Jahreszeiten benötigen, um im Frühjahr wieder austreiben zu können.

Allium ursinum – der botanische Name verweist auf die Zwiebel und den Bär. Es wird berichtet, dass Bären in freier Wildbahn nach dem Winterschlaf die Pflanze als vitaminreiche und kräftigende Nahrung in großen Mengen verzehren. Für den Menschen haben die frischen Blätter wohlschmeckende, würzende und heilkräftige Eigenschaften – ähnlich wie beim Knoblauch, mit dem das Zwiebelgewächs verwandt ist. Medizinische und naturheilkundliche Anwendungsgebiete sind u.a.: die Blutreinigung sowie die Reinigung der Blutgefäße, die Förderung der Verdauung, die Darmsanierung, die senkende Wirkung bei Bluthochdruck, die Stärkung des Immunsystems, die Verwendung als natürliches Antibiotikum (bekämpft Bakterien und Pilze) und die Behandlung bei hartnäckigen Hautaus­schlägen von innen heraus. Für den Menschen wie auch für die Bären ist der Bärlauch ein Gesundheitsquell. Am besten kann die aktuelle Saison für eine Frühjahrskur genutzt werden, indem mindestens einen Monat lang möglichst täglich einige frische Blätter gegessen werden.

Was wie bei Knoblauch, Zwiebel und Schnittlauch beim Schneiden oder Quetschen der Zwiebeln und des Lauches riecht, ist der schwefelhaltige Stoff Alliin. Er oxidiert an der Luft zu Allicin, dem viele heilende Kräfte wissenschaftlich nachgewiesen sind. Deshalb sollten die Blätter vor dem Verzehr zerkleinert und erst danach weiterverarbeitet werden. 

Öffnen sich die Blüten, lässt der Wohlgeschmack der Blätter nach.  Dennoch können sie, solange sie noch nicht vergilben, weiterhin verwendet werden. Roh ist der Verzehr am gesündesten. Der kräftige Geschmack kann durch Erhitzen abgemildert werden. 

Beim Trocknen gehen Geschmack und heilkräftige Wirkstoffe verloren. Am besten lässt sich Bärlauch durch Einfrieren konservieren. Auch in Öl, bzw. als Pesto einlegt, behält er lange seine Eigenschaften. Die Knospen und Blüten können ebenfalls verwendet werden, sind dekorativ und passen gut in Salate. Aus den Blütenknospen können pikante Bärlauchkapern angesetzt werden. Für die kulinarischen Freunde gibt es eine große Auswahl an Rezepten, bspw. köstliche Bärlauchsuppe. Wer sich nicht damit beschäftigen mag oder keine Zeit findet, rührt einige klein geschnittene Blätter in einen Kräuterquark, dazu Kartoffeln – sehr lecker! Mit etwas Butter angeschwitzt über Pasta gegeben, können die Gerichte mit wenigen Handgriffen verfeinert werden. Frisch gehackte Bärlauchblätter können in einen Salat gegeben sowie einfach aufs Butter- oder Käsebrot gelegt werden. Für diese schnellen und vor allem gesunden Leckereien gibt es keine Ausreden! Nutzen Sie die Bärenkräfte der Natur und bleiben Sie gesund!

aus VS Aktuell 2/2017, erschienen im  VS Aktuell   VS Aktuell 2/2017 Rezepte