"Jetzt geht es um unsere Fahrt nach Kriebstein mit Schlachtfest", sagt die kleine, schlanke, weißhaarige Frau. Mitglieder, die gern teilnehmen würden, nur nicht so fett essen dürfen, seien auch willkommen. Sie hat sich beim Reiseveranstalter kundig gemacht. "Ihr müßt sie nur gesondert bei der Anneliese (Hauptkassiererin) melden." Sie bekämen etwas anderes zu essen. Es ist der dritte Dienstag im Monat, wo im freundlich hellen Klub der Mozartstraße 1, einem Haus der Chemnitzer Volkssolidarität für betreutes Wohnen, der Vorstand der Wohngruppe 521 berät. Vorsitzende Ursula Findeisen hat alles Notwendige vorbereitet. Sie gibt die Zeitungen "VS Aktuell" und "Spätsommer" an die anderen sieben Frauen zum Weiterverbreiten aus, verteilt Einladungsvordrucke und Karten für die Herbstveranstaltung der "Soli" in der Chemnitzer Stadthalle. Ihre Stimme ist kräftig, zieht sofort die Aufmerksamkeit auf sich. Die 70-jährige ist gewohnt, Aufgaben zu stellen. Mehr als 40 Jahre war sie Lehrerin und Erzieherin, ihr Traumberuf. Und sie muß eine gute gewesen sein. Anders hätte man sie wohl kaum zum Unterricht an DDR-Auslandsvertretungen in Italien und Frankreich oder an Kinderkurheimen in der Slowakei und in Jugoslawien delegiert. Immer war Ursula Findeisen einsatzbereit, ob als frischgebackene Neulehrerin 1949 in Meißen, ob bei der Aktion "Stadtlehrer aufs Land", die sie 1952 in das Eichsfeld verschlug oder in Schule und Kinderheim ihres Heimatkreises Flöha, wo sie schließlich 1990 mit 61 in Rente ging. Stark engagiert sie sich auch in der Volkssolidarität, der sie inzwischen 45 Jahre angehört. Zuerst übernahm sie 1992 die Aufgaben der Mutter als Kassiererin. Bei der lebt sie seit 1968 in Chemnitz und pflegt sie nun schon einige Jahre. Kurz nach Antritt der ersten Funktion ließ sie sich von Freunden und Bekannten überzeugen, als Vorsitzende der Wohngruppe zu wirken. Die zählt immerhin 200 Frauen und Männer, seit vor gut zwei Jahren die Mitglieder vom Herder-Pflegeheim dazugekommen sind, weil deren Vorsitzender verstorben war. Ein reichliches Drittel ihrer Zeit nutzt Ursula Findeisen für die Organisation. An einer alten "Erika" tippt sie Mitgliederlisten, Veranstaltungspläne und Einladungen, führt viele Gespräche mit Mitgliedern und organisiert Nachbarschaftshilfe. Sie kann aber auch zuhören. So bittet sie auf der Dienstagssitzung um Vorschläge für die Weihnachtsfeier in der ersten Dezemberhälfte. Da wird über das Programm für die 60- bis 80-jährigen debattiert, über Musik und Kaffeetafel, Präsente und natürlich übers liebe Geld. Ursula Findeisens Maxime für ihr umfangreiches Wirken: "Ich muß einfach was für die Menschen tun und empfinde Befriedigung, wenn sich unsere Mitglieder freuen."