"Kommen Sie doch bitte einmal zu mir in die Geibelstraße, um über alles zu reden", hat Helmut Wondraczek am Telefon gesagt. Kurz darauf sitzen sie zu dritt im Arbeitszimmer des Vorsitzenden der Wohngruppe 262. Der Gastgeber und der Hauptkassierer Gerhard Grasselt erläutern dem eingeladenen Karl-Heinz Schönfeld die Aufgaben eines Volkshelfers. Da ist die Rede vom Kassieren mit den neuen Beitragskarten. Der Helfer habe die Mitglieder auch über Veranstaltungen und Reisen zu informieren, sie einzuladen. Er dürfe Geburtstags- und Jubiläumsgratulationen nicht vergessen. Dem Vorstand sei mitzuteilen, ob ein Mitglied Betreuung durch die Sozialdienste des Vereins braucht. Wo nötig, gelte es Nachbarschaftshilfe zu mobilisieren. Jede Frage bekommt Antwort. Helmut Wondraczek ist offen und geradeheraus. Seine Frau Irmtraut, auch Vorstandsmitglied, bringt zwischendurch Kaffee und beteiligt sich von Zeit zu Zeit an der Unterhaltung.
Bereits zur letzten Weihnachtsfeier im Landhotel Seiffen hatte Helmut die Zusage des pensionierten Lehrers zum Mittun erhalten. Da war ihm ein Stein vom Herzen gefallen. Nun musste die Gruppe der wegen Krankheit ausgeschiedenen Volkshelferin nicht, wie schon geplant, aufgeteilt werden. Gleich Anfang Januar fand die individuelle Beratung statt. Damit sind es wieder insgesamt elf Helfer. Inzwischen hat sich der Neue beim ersten Kassieren und in zahlreichen Gesprächen mit "seinen" 17 Leutchen bekannt gemacht.
"Das ist Helmuts Ehrgeiz; die Organisation muss klappen, zum Wohle unserer 212 Mitglieder", sagt Hauptkassierer Gerhard Grasselt. Er selbst, ehemaliger Finanzangestellter, sei 1994 bei mehreren Begegnungen in Wondraczeks Wohnung in sein Aufgabengebiet eingeführt worden. Der Vorgänger war damals verzogen. Auch bei der Vorbereitung von Veranstaltungen, Ausfahrten und Reisen werde alles bis aufs i-Tüpfelchen organisiert. So ist eben der halbe Vorstand in Helmuts "Renault" nach Seiffen und Neuhausen gefahren, um alle Einzelheiten für die Weihnachtsfeier zu vereinbaren.
Wichtig nennt Gerhard Grasselt die gesellige Atmosphäre, die von dem Ehepaar ausgeht und die Zusammenarbeit fördert. Das Arbeitszimmer, in dem die fünf Mitglieder des Vorstandes regelmäßig tagen gleicht auch eher einem fröhlichen Skat-Salon. Zehn Schaukästen an den Wänden mit nahezu 300 Kartenspielen, darüber ein gerahmter Grand ouvert, weisen auf die Passion des Wohnungsinhabers hin. Bis vor kurzem mischte er noch bei den "Chemnitzer Nichtraucherassen" mit, hat in der Stadt und der Region manchen Pokal gewonnen. Aus gesundheitlichen Gründen kann er allerdings nicht mehr stundenlang mithalten. Zu einem gelegentlichen Spiel mit Freunden ist er aber immer noch bereit.
Fragt man Helmut Wondraczek nach weiteren Leidenschaften, nennt er vor allem den Umgang mit Menschen. Das kommt sicher daher, dass der 1924 im schlesischen Dorf Eichgrund Geborene in einer großen Familie (zehn Kinder) aufgewachsen ist. Und im Karl- Marx-Städter Webstuhlbau hat der ehemalige Betriebselektriker 22 Jahre lang Brigaden geleitet. Zum Schluss war er sogar mit zuständig für den Export. Als ihn beim Renteneintritt 1989 die Volkssolidarität bat, den Vorsitz seiner Wohngruppe zu übernehmen, gab es kein langes Zögern, zumal Frau Irmtraut gleichzeitig im Vorstand mitmachte. Beide, der Brigadier und die frühere Ingenieurökonomin, ergänzen sich wunderbar gegenseitig sowie mit den anderen Vorstandsmitgliedem und Helfern, was Ideen und deren Umsetzung betrifft. Viele Mitglieder der Wohngruppe freuen sich schon jetzt auf die Reisen in den Schwarzwald, nach Südböhmen, Berlin und weitere Veranstaltungen dieses Jahres.