Der Stadtpark ist für uns alle ein lohnendes Naherholungsgebiet. Die Anlage des 60,2 Hektar großen Areals ist das Werk von Generationen. Die Anfänge lagen vor etwa 200 Jahren. Denn an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert erwuchs zunehmend das Bedürfnis, die Natur bewusst für die Erholung und Erbauung des Menschen einzusetzen. Die ersten Schritte dazu unternahm Bürgermeister Dr. Cotthold Leberecht Sachse. 1798 erwarb er einen Teil des Abhanges unterhalb der Stollberger Straße (im Bereich der heutigen Beckerstraße). Er ließ das Terrain mit jungen Eichen bepflanzen, Sitzbänke und steinerne Figuren aufstellen. Bürgermeister Dr. Sachse ermöglichte allen interessierten Bürgern den Zutritt zu dem Erholungsterrain und beschritt damit unter zunächst einfachen und bescheidenen Bedingungen den Weg zum Volkspark. Fast ein Jahrhundert lag der Erholungsflecken "Sachses Ruh" im Dornröschenschlaf. Das Areal verwilderte zusehends und es gab auch schon Vorstellungen für eine Bebauung des Terrains. Da entschloss sich der namhafte Industrielle Ernst Otto Clauß (1 843-1 889) zu einer beispielhaften Tat. Für 30.000 Mark kaufte er 1884, von der Beckerstraße ausgehend, wo sich in der Nr. 13 seine Villa befand, bis hin zur Rößlerstraße, eine 3,3 Hektar große Fläche am Chemnitzfluss und schenkte diese der Stadt Chemnitz. Damit schuf der Stadt-, Landtags- und Reichstagsabgeordneter die materielle Voraussetzung, dass die Idee des Stadtbaurates Eduard Hechler von der Anlage eines öffentlichen Parkes, 1886 in Angriff genommen werden konnte. Zugleich stellte E.O. Clauß 16.000 Mark für die Aufschließung des Geländes zur Verfügung und setzte überdies eine Stiftung zur Unterhaltung der ersten planmäßigen öffentlichen Parkanlagen im englischen Gartenstil aus. Der Auftrag dazu ging an den Stadtgärtner Otto Werner. Nach dem Tode von Kommerzienrat Ernst Otto Clauß beschlossen die städtischen Gremien, seine verdienstvolle Tat durch die Errichtung eines Denkmals in der Parkanlage zu würdigen. Am 29. Juni 1896 erfolgte die feierliche Einweihung des Obeliskes mit Bronzerundbild für den "Schöpfer dieser Anlagen E.O. Clauß die dankbare Stadt Chemnitz". Das Denkmal existiert heute nicht mehr. Das Bronzerelief fiel vermutlich der "Metallspende" der Nazis im Jahre 1941 zum Opfer. Der Obelisk wurde wahrscheinlich bei den Neugestaltungsarbeiten nach 1950 beseitigt. Am Ende des vorigen Jahrhunderts erfuhr der Stadtpark eine beachtliche Erweiterung. Nachdem bereits 1890 der Stadtrat Albert Voigt der Stadt eine größere angrenzende Fläche seines Besitzes übereignet hatte, schenkte seine Witwe Rosa Voigt 1897 der Stadt nochmals eine beträchtliche Fläche. Somit wurden dem damals 27.580 m2 umfassenden Stadtpark weitere 22.500 m2 hinzugefügt. Danach setzte man die Ausgestaltung des Parkgeländes zügig fort. Es erfolgte eine Regulierung des Chemnitzflusses, der sich in Windungen durch das Wiesengelände zog, durch Geradelegung. Der erste kleinere Teich, ein von der Chemnitz gespeister Weiher, wurde angelegt und man pflanzte die mächtigen Rhododendron-Büsche, die bis in unsere Tage ein blütenübersätes Charakteristikum bilden. Ab 1905 wurde die Parkstraße als Promenade hinter dem Stadtpark bis Helbersdorf fortgeführt und 1907 die Promenade am regulierten Chemnitzfluss bis Händelstraße. Ein besonderes Juwel entstand um diese Zeit in Gestalt des Rosengartens, der zur Blütezeit ein farbenprächtiges Bild vermittelt. In den zwanziger Jahren erfuhr der Rosengarten zudem eine künstlerische Aufwertung. In seinem Mittelpunkt fand auf einem Sockel die 1906 von dem Berliner Bildhauer Arthur Lewin- Funkte geschaffene 11 3 cm hohe Bronzeplastik "Sandalenbinderin" ihren Platz. Um 1940 fiel sie der "Metallspende" der Nazis für die Rüstungswirtschaft zum Opfer. Ihre Stelle nahm in den achtziger Jahren die von Harald Stephan geschaffene Bronzeplastik "Junge Frau" ein. In der Absicht, das Naherholungsareal Stadtpark zu erweitern, segneten die städtischen Kollegien Ende 1908 den Ankauf umfangreicher Grundstücke mit einer Fläche von 55 Hektar von den Gemeinden Helbersdorf, Markersdorf, Altchemnitz und Harthau ab. Die entsprechenden Vorschläge zur räumlichen Gestaltung des Geländes von der Händelstraße bis hin zum Geheimen Baurat Dr. Stübben. Die Realisierung des Vorhabens wurde dem bedeutendsten Gartenbaudirektor unserer Stadt, Otto Werner, übertragen. Die Arbeiten auf dem 3,5 Kilometer langen Streckenabschnitt begannen im Juni 1909. Sie währten bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges. Von der Stadt wurden für die Realisierung insgesamt 816.800,00 Mark bereitgestellt. Angelegt wurde dabei der Heinrich-Sturm-Weg. Es entstand auch der 3,5 Hektar große Stadtparkteich. Eine besondere Sehenswürdigkeit in dem neuen Abschnitt bildete der 200 Meter lange Blumengarten in seinem nördlichen Teil. Durch eine zwei Meter hohe Lindenhecke vom übrigen Parkteil abgetrennt, bietet er durch die Vielfalt der ausgepflanzten Stauden und Blumen, nach ihrer Blütezeit und Farbwirkung sorgfältig geordnet, von Frühjahr bis Herbst ein wechselvolles Farbenbild. Im März 1934 erhielt die Gartenanlage den Namen Otto-Werner-Garten und es wurde für den verdienstvollen Stadtgärtner ein Gedenkstein eingeweiht. Am südlichen Ufer des Stadtparkteiches findet sich ein Granitblock, der einen bedeutenden Abschnitt der erdgeschichtlichen Entwicklung bezeugt. Davon kündet seine Inschrift: "Südgrenze des skandinavischen Inlandeises im Quartär". In dem Stadtparkabschnitt, der hinter dem Südring bei Markersdorf in den Harthwald übergeht, hat sich noch der ursprüngliche Auencharakter erhalten: ein bewaldeter Prallhang, der in einen Wiesenplan ausläuft. Nächst dem Stadtpark folgt dann als nächstes Naherholungsterrain der Wasserwerkspark.