Gisela Weinhold

"Heute erwärmen wir uns mal mit Gesang", sagt die Übungsleiterin der Frauengymnastik-gruppe, bevor es losgeht. Dann stimmt sie in der Kreismitte an: "Rucki zucki". Es folgen "Laurentia" und "jetzt fahr'n wir über'n See ..." . Dazu bewegen alle rhythmisch Arme und Beine, gehen in die Kniebeuge oder laufen im Kreis. Scherzen und Lachen gehören dazu. Nun folgen Übungen mit farbigen Kraftbändern sowie auf Matten. Seit sieben Jahren treffen sich jeden Mittwochnachmittag zwei Dutzend Frauen der Wohngruppe 260 aus dem Beimlergebiet in einer Turnhalle des Kepler-Gymnasiums zum Sport. "Damit wir fit bleiben" und "Weil es uns gefällt", sagen die Seniorinnen zwischen 60 und 82. Einige, auch Gisela Weinhold, die Vorsitzende, tragen ein helles Trikot mit grünem Sachsen-Aufdruck. Dazu steht der Schriftzug: "Wir bewegen was. Bis ins hohe Alter". Für Gisela gilt das gleichsam als Lebensmotto. Nicht nur, dass sie die Sportgruppe gründete, für die sie zuvor Tochter Anett, eine Kindergärtnerin, als Übungsleiterin gewonnen hat. Die kleine, etwas mollige Mittesechzigerin bewegt selbst gern ihren Körper in der Halle, beim Schwimmen oder bei ausgedehnten Wanderungen mit der Familie. Eigentlich ist ihre gesamte Entwicklung voller Dynamik. Der kaufmännischen Lehre und ersten Arbeitsjahren bei "Astra" folgte ein Frauensonderstudium der FinanzÖkonomie. Nach weiterer Zeit im Industriewerk und bei Robotron kam ein Jahrzehnt als DFD-Stadtbezirksvorsitzende im Karl-Marx-Städter Süden, da sie zuvor gute ehrenamtliche Arbeit in der Frauenorganisation geleistet hatte. Dabei war sie allein erziehende Mutter von drei Kindern, die heute als Lehrerin, Prokurist und stellvertretende Leiterin einer Kindertagesstätte fest im Leben stehen und längst selbst Familie haben. Bis dahin hatte sich Gisela Weinhold schon ordentlich zu drehen und zu bewegen. Als sie dann 1992 von der Flöhaer Filiale der "Plauener Spitze" in den Vorruhestand geschickt wurde, war keinesfalls Ruhe angesagt. "Organisieren ist mein Hobby. Das fällt mir leicht und macht auch Spaß. Ich muss einfach immer etwas tun", erklärt sie. Eine Volkshelferin hatte dem Stadtvorstand den Tipp gegeben, mit Gisela zu sprechen, als deren Vorgängerin die Funktion niedergelegt hatte. Im Dezember werden es nun schon zehn Jahre, dass sie als Wohngruppenvorsitzende Schwung in das Leben der Mitglieder bringt; 107 waren es, als sie 1992 damit anfing. Heute sind es 230 und jährlich kommen viele neue hinzu. Wer einige von den rund 20 Fahrten im Jahr sowie von den vielfältigen anderen bunten Veranstaltungen als Gast mitgemacht hat, der will bald ständig dazu gehören, äußert die Vorsitzende. Sie nennt noch monatliche Badefahrten nach Warmbad/ Wolkenstein und das Basteln alle zwei Wochen oder die Himmelfahrtspartie. Mitgliederwünsche sammelt sie das ganze Jahr über. Besonders erwähnt sie die guten Beziehungen der Wohngruppe zum VS-Kinderhaus Ernst-Enge-Straße 4. Die 24 Kindergärtnerinnen unter Leitungvon Barbara Wildner sind heute eine Untergruppe der "260". Gestalten sie mit ihren Mädchen und Jungen kleine Programme zu Frühlingsund anderen Festen, so organisieren die Seniorinnen anlässlich des Kindertages - wie kürzlich zum 30. Mai - den Kuchenbasar. Die Jüngsten basteln für den 8. März oder für Geburtstagsfeiern und die Omis haben zwei Dutzend Sitzkissen für die Kinder bezogen. Auf die gemeinsame Feier zum Martinstag, am 11. November, freuen sich heute schon alle. Höhepunkte im Kinderhaus sind aber stets die "Geburtstage der Ältesten", an denen auch die Wohngruppe 263 mit ihren 75- und 80-jährigen und der Vorsitzenden Rosi Schnabel zweimal im Jahr teilnimmt. Behinderte werden von einigen Männern, darunter Giselas zweiter, Werner, mit dem Pkw gefahren. "Wenn die Kleinen das Geburtstagslied singen, wie erst Mitte Mai", sagt Barbara Wildner, "wenn sie ihre selbstgefertigten Glückwunschkarten und Geschenke überreichen, sind das für alle Geehrten Momente, die sie noch lange bewegen.

aus VS Aktuell 2/2002, erschienen im  VS Aktuell 2/2002 Im Ehrenamt vorgestellt