Aus der Chemnitzer Apotheken-Historie

Ein heiß diskutiertes Problem unserer Tage ist das Gesundheitswesen in Deutschland. Eines seiner festen Bestandteile ist das Apothekenwesen. Das sei Anlass, einmal einen Blick in seine Vergangenheit in Chemnitz zu werfen. Dabei wollen wir uns aus der Vielzahl der Apotheken nur einmal die über hundertjährigen ansehen.

 Die Anfänge einer Versorgung der Bürger mit „Arzneimittel“ in Chemnitz sind urkundlich für 1539 bezeugt, als erster Apotheker wird Gregor Ziegler genannt. Die erste Chemnitzer Apotheke war die „Adler-Apotheke“. Sie hatte ihren Sitz ab 1673 in einem repräsentativen Bürgerhaus am Markt. Sie musste sich damals zahlreicher Konkurrenten - Barbiere, Quacksalber und Wunderdoktoren - erwehren. Deshalb erhielt sie ab 1594 für drei Jahrhunderte das „Realprivileg mit Verbietungsrecht“. Es untersagte die Errichtung einer zweiten Apotheke und verbot Händlern generell den Verkauf von Apothekenartikeln. 1671 erließ der Rat zu Chemnitz die erste Apothekenordnung, die in 25 Artikeln auch noch heute gültige Grundsätze für die Führung einer Apotheke festschrieb. Nach langwierigen Bemühungen erhielt am 12. Juli 1813 der Oberfeldapotheker Johann Christoph Haase das Privileg zur Eröffnung der zweiten Chemnitzer Apotheke. Es war die „Löwen-Apotheke“ in der heutigen Inneren Klosterstraße. Sie wurde ebenso wie die „Adler-Apotheke“ bei den Luftangriffen auf Chemnitz im Jahre 1945 zerstört. Die dritte Chemnitzer Apotheke hat Bestand bis in unsere Tage. Am 7. August 1847 kündigte der Apotheker Hermann Albrecht, Große Lindenstraße 36 (heute etwa Gebäude der IHK), im „Chemnitzer Anzeiger“ für den nächsten Tag die Eröffnung seiner „neuen Apotheke, der Kronen-Apotheke, ... zur genügenden Berücksichtigung ergebenst“ an. 1852 nahm sie ihren Sitz in dem neuerbauten, mit Apotheken-Konzession beliehenem Haus Königstraße 13 (heute Straße der Nationen). Im harten Konkurrenzkampf mit den beiden Apotheken der Innenstadt eroberte sich die Kronen- Apotheke in der Angervorstadt eine stabile Position im städtischen Apothekendienst. Bereits 1868 belieferte sie 19.000 Rezepte pro Jahr. Bei den Luftangriffen 1945 blieb sie als Einzige der Innenstadt verschont. In Folge Neugestaltung der Straße der Nationen bezog die Kronen-Apotheke im Oktober 1960 einen Neubau in der heutigen Carolastraße 1. Unter Personalkonzession, d. h. Vergabe an eine Person auf Lebenszeit, eröffnete der Apotheker Fedor Häpe am 1. Oktober 1862 am Anfang der Zwickauer Straße die Nicolai-Apotheke. Ihr folgte auf Realkonzession - diese erlaubte Vererbung und Verkauf - am 1. November 1866 die Engel-Apotheke von Apotheker Oscar Heinrich Muth in der Annenstraße 7. Ihr Domizil ist heute der erste Apothekenneubau unserer Stadt im Jahre 1952, Annenstraße 18, Ecke Reitbahnstraße. Zu den älteren und noch erhaltenen Apotheken zählt auch die Schloss-Apotheke. Sie entstand noch vor der Eingemeindung von Schloßchemnitz im Jahre 1880 nach Chemnitz und eröffnete „vorschriftsmäßig auf das Vollständigste mit allen Arzneimitteln und Drogen ausgestattet“ am 2. Januar 1871 Ecke Leipziger/Matthesstraße. Nach mehreren Umzügen hat sie heue ihren Standort Matthesstraße 72. Weitere Traditions-Apotheken waren die Johannis-Apotheke, Sonnenstraße 11 (1872), die Schillerapotheke, Elisenstraße 33 (1875), die Schwanen-Apotheke, Brühl 36 (1888), die Germania-Apotheke, Annaberger Straße 32 (1888), die Lessing-Apotheke, Lessingstraße 14 (1892) und die Victoria-Apotheke, Annaberger Straße 357 (1895), die Fortuna-Apotheke, Zschopauer Straße 115 (1901) und die Saxonia-Apotheke, Oststraße 73 (1901). Zu Beginn des 2. Weltkrieges besaß Chemnitz 36 Apotheken. Heute hat sich ihre Zahl fast verdoppelt. Sie setzen unter neuen Bedingungen die verpflichtenden Traditionen von weit über viereinhalb Jahrhunderten Chemnitzer Apothekenwesen erfolgreich fort.

aus VS Aktuell 1/2003, erschienen im  VS Aktuell 1/2003 Aus der Stadtgeschichte