Der Bus 21 fährt die Frankenberger Straße stadteinwärts. Monika Geyer steigt an der Haltestelle Helmholtzstraße zu, schaut sich im Wagen um und setzt sich zu einer älteren Bekannten - Erika Meyer, Wohngruppenvorsitzende der Volkssolidarität. Nach ein paar belanglosen Worten muss sie das Problem loswerden, das sie mit sich herumschleppt. Sie ist von der Deutschen Bahn AG - wie viele andere Kollegen aus dem Chemnitzer Reichsbahnausbesserungswerk - kürzlich in den selbst nicht gewollten Vorruhestand geschickt worden. „Sozial verträglich entlassen“ hieß das. Auf einmal war sie ohne Arbeit, aus dem Betrieb raus, dem sie seit 1958 angehört hat. Aber ohne Beschäftigung, ohne Menschen um sich herum kann Monika nicht sein. „Ihr braucht wohl niemand?“, fragt sie plötzlich die Ältere. Die ist für einen Moment verblüfft. Mit solcher Offerte war ihr noch keine begegnet, zumal es ja um ehrenamtliche Arbeit geht. Sie nimmt jedoch das Angebot sofort an und lädt die Fragende zur nächsten Vorstandssitzung ein - Das war im Sommer 1998. Inzwischen ist Monika Geyer aus dem Vorstand der Wohngruppe 114 in Hilbersdorf nicht mehr wegzudenken. Die Vorsitzende schätzt besonders ihre Gewissenhaftigkeit. „Seit 1999 hat Monika die Organisation der Reisen bei uns übernommen und das klappt einwandfrei von der Auswahl der Ziele bis zur Abrechnung.“ Bei mehr als 230 Mitgliedern heißt das schon ein schönes Stück Arbeit. In den zurückliegenden vier Jahren hat die Hilbersdorferin an die 30 verschiedene Touren mit dem Reisebüro der Volkssolidarität VUR organisiert. Ihre Devise: „Es macht mir Spaß, wenn es den anderen Spaß macht.“ Im Laufe der Jahre hat es sich gezeigt, so hört man aus der Gruppe, dass sie gut mit älteren Menschen umgehen kann. Wer körperlich nicht mehr so fit ist, den holt sie gleich an der Haustür ab und hilft ihm zum Bus, bis er seinen guten Sitzplatz hat. Auch am Ankunftsort betreut sie besonders die etwas behinderten Mitglieder. „Das ist doch alles selbstverständlich“, wehrt Frau Geyer ab. Sie freut sich natürlich, wenn ihr die Betagten am Ende sagen, wie gut es ihnen gefallen hat, ob im Wasserschloß Klaffenbach, bei der Weihnachtsfahrt nach Seiffen, wo sie den Knecht Ruprecht - ihre Paraderolle - spielte oder im böhmischen Spinderuv Mlyn. Dieses Jahr soll es unter anderem an die polnische Ostseeküste und nach Thüringen gehen. Helfen, für andere Menschen da zu sein, liegt bei der inzwischen fast 62- jährigen offenbar im Blut und ihre Zwillinge Petra und Andrea haben diese Eigenschaft sogar zum Beruf gemacht. Sie sind Krankenschwestern im Klinikum Chemnitz. Die Familie unterstützt sich gegenseitig, wo sie kann. So verreist Monika seit Jahren in den Ferien gern mit den inzwischen fast erwachsenen Enkelinnen Carolin und Juliane. Hin und wieder packt sie im Schreibwarenladen ihrer Nichte Ilona Thate, gleich um die Ecke, mit an, wenn Not am Mann ist. Diese wiederum hilft mit ihren Möglichkeiten auch der Volkssolidarität. Oft trifft sich die Wohngruppe in der Begegnungsstätte Hilbersdorfer Straße 33 zu Veranstaltungen und wie alle vom Vorstand spinnt Monika Geyer mit der Leiterin Kerstin Pfeiffer und den anderen im Haus Beschäftigten einen guten Faden. Über Nachbarschaftshilfe will Monika nicht viel reden. Die macht sie einfach. Im Winter vor drei Jahren half sie einer 91-jährige bei Glatteis über die Frankenberger Straße, brachte sie sogar noch bis in deren Wohnung. Inzwischen erledigt sie Einkäufe für die Alleinstehende, bringt sie zum Arzt, zur Sparkasse, macht bei ihr sauber und erledigt als ehemalige Sekretärin und Disponentin ihren notwendigen Schriftwechsel. Auch anderen hilft sie noch im Haushalt. Dabei kommen schnell 30 Stunden pro Monat zusammen. Für ihr Hobby Lesen bleibt bei all dem nur noch die Zeit vor dem Einschlafen.