Die wirtschaftliche Entwicklung der sächsischen Industrieregion Chemnitz-Erzgebirge nach dem 1. Weltkrieg gebot Mitte der zwanziger Jahre immer nachdrücklicher den Anschluss ihres Zentrums, der Stadt Chemnitz, an das nationale und internationale Flugliniennetz. Der 1895 gegründete Chemnitzer Verein für Luftfahrt und Flugwesen pachtete als ersten Schritt dazu ab 1. Oktober 1924 ein als Flugfeld relativ geeignetes Gelände an der Stollberger Straße, nachdem er hier bereits am 14. September 1924 einen Flugplatz-Werbetag mit Freiballon-Aufstiegen, einer Flugschau und Fallschirmspringen veranstaltet hatte. Das Reichsverkehrsministerium stimmte der Anlage eines Flugplatzes auf diesem Terrain unter gesetzten Auflagen zu. Zur praktischen Realisierung des Flugverkehrsvorhabens erfolgte am 5. März 1925 die Gründung der Chemnitzer Flughafen-Gesellschaft mbH durch Vertreter der Handelskammer, des Verbandes Sächsischer Industrieller und des Chemnitzer Vereins für Luftfahrt und Flugwesen. Ihr Stammkapital betrug 1.209.000 RM, dessen Grundstock die Anteile der Stadt Chemnitz und der staatsnahen Sächsischen Flughafenbetriebsgesellschaft bildeten. Als Vorsitzender des Aufsichtsrates wurde der Chemnitzer Bürgermeister Walter Arlart bestellt. Das Stadtbüro der Gesellschaft befand sich in der Brüderstraße 18 (verlief parallel zur Theaterstraße vom Getreidemarkt in Richtung Falkeplatz). Der Bau des Flughafens erfolgte in den Jahren 1925/26. Doch bereits vor dem Ausbau des Flugplatzes erfolgte während der Leipziger Frühjahrsmesse vom 1. bis 8. März 1925 von dem Areal aus ein täglich einmaliger Messeflugverkehr. Die Dauer des Fluges betrug 40 Minuten, der Flugpreis 25 RM (Hin- und Rückflug 45 RM). Die Errichtung des Flugplatzes vollzog sich unter den einschränkenden Bestimmungen des Versailler Vertrages. So weilten z. B. Mitte Mai 1925 zwei Offiziere der Interalliierten- Luftgarantie-Kommission in Chemnitz. Sie prüften vor Ort, ob von dem zu errichtenden Flugplatz „eine militärische Bedrohung der Tschechoslowakei“ ausgehen könnte. Am 2. Mai 1926 schließlich wurde die feierliche Einweihung als Verkehrslandeplatz mit dem Status eines internationalen Zollflughafens mit ganz großer Öffentlichkeit vollzogen. Der reguläre Flugbetriebsdienst begann am 3. Mai 1926 und entwickelte sich danach in Abhängigkeit von den gesamtgesellschaftlichen und -wirtschaftlichen Bedingungen. Damit war der Anschluss über direkte und indirekte Verbindungen zu etwa 90 Städten und Zentren Deutschlands und Europas und damit an das kontinentale Flugnetz geschaffen. Dazu gehörten auch die „Bäderlinien“ nach Karlsbad und Marienbad sowie der Messe-Sonderflugverkehr. Die Fluglinien zur Personen-, Post- und Frachtbeförderung betrieben die Deutsche Lufthansa AG und die Nordbayrische Verkehrsflug GmbH, später Deutsche Verkehrsflug AG. Ab 1929 erfolgte die Einbeziehung des Flughafens Chemnitz in die von der Zentrale für Flugsicherung (ZfF) entwickelte Bodenorganisation mit Flugstrecken-, Flugzeug- und Flugwetterfernmeldedienst mittels eines speziellen Kabelnetzes. Der Flughafen Chemnitz erreichte seine maximale Leistungsfähigkeit im Jahre 1930 bei 1.094 Abflügen mit der Beförderung von 3.684 Passagieren, von 43.846 kg Fracht und von 7.135 kg Post. Die Chemnitzer Flughafen-Gesellschaft mbH verstand es auch ausgezeichnet attraktive, massenwirksame Flugveranstaltungen zu organisieren, wie z. B. den Udet-Flugtag am 8. August 1926, die Landung des Zepellins LZ 127 am 28. September 1930, erstmalige Segelflugvorführungen über Chemnitz am 19. Juli 1931, die Präsentation der Junkers G 38 als das seinerzeit modernste Großflugzeug der Welt vom 15./18. Oktober 1932 sowie die Veranstaltung von Rundflügen über Chemnitz und dem Erzgebirge. Durch die Organisation von Flugwettbewerben förderte sie die Entwicklung der Aeronautik. Vom Ausbruch des 2. Weltkrieges an unterstand der Flughafen Chemnitz dem Luftgaukommando IV der Luftwaffe. Der Beschluss des Rates der Stadt Chemnitz vom 11. April 1946 verfügte die Auflösung der Chemnitzer Flughafen- Gesellschaft mbH.
Vor 80 Jahren: Gründung der Chemnitzer Flughafen-Gesellschaft mbH
aus VS Aktuell 1/2005, erschienen im Aus der Stadtgeschichte