Jeder, der das Pflegeheim der Volkssolidarität Mozartstraße 1 betritt, wird gleich im Foyer von Hanns-Peter Fährmann begrüßt. Nicht, dass der 76-jährige dort im Empfang säße und allen die Hand reichte. Sein Bild von den drei Harlekinen ist es, das sofort die Blicke auf sich zieht. Vor allem die zentrale Figur drückt mit erhobener Hand Zuversicht aus. Darum nennt es der Künstler auch "Mein Leben". Und farbenfroh schmücken gleich nebenan im Kleinen Speisesaal seine "Mädchen mit Goldlack" und vier Aquarelle vom Ostseestrand die Wände.
Wenn von Kultur und Kunst im Stadtverband die Rede ist, gehört der Name Fährmann unbedingt dazu. So findet man Bilder von Hanns-Peter Fährmann auch im Beratungssaal der Geschäftsstelle Clausstraße sowie in Räumen der Begegnungsstätten Scheffelstraße 8 und Regensburger Straße 51. Bereits zwei Jahre wirkt er in der Kulturkommission des Stadtvorstandes mit und seit diesem Jahr im Klubrat der Regensburger. Mit seiner Frau Ingeborg lebt er hier inzwischen von 2002 an im "betreuten Wohnen". Die Beziehungen zur Volkssolidarität bestehen jedoch schon seit 1974, als die Fährmanns mit ihren drei Söhnen in den Heimgarten, unweit von Zschopauer Straße und Sachsenring, gezogen sind. Von der Hauptkassiererin Elfriede Popp damals als Volkshelfer gewonnen, brachten sie ihre Talente und Fähigkeiten in das Zusammenleben der immer noch größten Chemnitzer Wohngruppe ein. Die "027" zählt heute mehr als 500 Mitglieder. "Im Chor haben wir mitgesungen, Fasching, Schlachtfeste, Hutzenabende und andere Zusammenkünfte mitgestaltet", erinnert sich der Maler gern der Gemeinsamkeiten. Treffpunkt sei oft der Klub der Nationalen Front "Johannisgarten" in der Zschopauer Straße gewesen. Bis heute sind unter den Mitgliedern die Fährmannschen Einladungen zu den Begegnungen beliebt, denn trotz der weiter entfernten neuen Heimstatt bleibt das Ehepaar seiner Wohngruppe treu. Manch einer sammelt sogar die kleinen Kunstwerke. Zuerst hat sie Ingeborg angefertigt. Seit der Wende ist das mehr Angelegenheit ihres Mannes. Sie hat früher auch Reise-Informationen für die Teilnehmer von Busfahrten geschrieben, so über das Erzgebirge und bis in die jüngere Zeit viel von den Aktivitäten der Wohngruppe im Foto festgehalten. Mitglieder erinnern sich, sie öfter mit der Kamera in Aktion gesehen zu haben. Kein Wunder, fotografieren ist Ingeborgs Leidenschaft, seit sie als junges Mädel eine kaufmännische Ausbildung in der Fotobranche absolviert hat. Liebevoll bewahrt sie eine Fotodokumentation auf über die von der Volkssolidarität initiierte große Ausstellung von Gemälden und Zeichnungen ihres Ehemannes im Sommer 2001 im Haus der AOK, Müllerstraße. Hanns-Peter hat dort selbst Führungen gemacht und erinnert sich noch besonders, wie er älteren Pflegebedürftigen, die mit Betreuerinnen die Exposition besuchten, Fragen zu Bildern beantwortete. Malerei ist für ihn Berufung. Schon als Jugendlicher hat der Sohn eines stadtbekannten Zahnarztes leidenschaftlich gern gezeichnet und gemalt. Zwar erlernte er den Beruf eines Zahntechnikers, gab sich aber viel intensiver nach dem Abitur dem privaten Studium der Malerei bei den Professoren Günther Blechschmidt in Oppach/Oberlausitz und Alfred Fritzsche in Chemnitz hin. Mitte der sechziger Jahre begann er schließlich am Pädagogischen Institut Erfurt eine Umschulung zum Lehrer für Deutsch und Kunsterziehung und arbeitete in diesem Beruf bis 1990 an hiesigen Schulen. Seine letzte Arbeitsstelle war die Friedrich-Wolf-Schule für Körperbehinderte in Borna. Noch heute loben ehemalige Schüler seine feinfühlige Methodik, besonders in der Kunsterziehung. Dabei befasst er sich auch mit kleinen Formen der Literatur. Gern schreibt er Miniaturen, in denen er Tieren menschliche Eigenschaften gibt. Solche Arbeiten sollen ebenso wie Bilder im Oktober sein Beitrag für Veranstaltungen und Ausstellungen zum Jubiläum der Volkssolidarität sein. Bei der Auswahl hilft ihm mit ihrem Rat seine Ingeborg, die wie er Kunst und Literatur liebt. Lange hat sie auf diesem Gebiet gearbeitet, zunächst als Klubhausleiterin beim VEB Modul, später beim Rat des Bezirkes. Er wiederum unterstützt sie sehr bei der Betreuung ihrer Mitgliedergruppe. Sorgsam nimmt er ihr alle Wege ab, da sie seit einiger Zeit in ihrer Beweglichkeit stark eingeschränkt ist. Miteinander - Füreinander, die Fährmanns leben es.