„Ladies and gentlemen, we had a homework (meine Damen und Herren, wir hatten eine Hausaufgabe). „Eifrig tragen die Angesprochenen zusammen, was sie zum Thema Post in ihren Wörterbüchern gefunden haben: stamp (Briefmarke), post-office (Postamt), parcel (Paket), letter (Brief). Dann kommen auch Verben wie to buy (kaufen) und to pay (bezahlen) hinzu. Karlheinz Schönfeld lobt den Fleiß seiner Schülerinnen und Schüler, für die eine Schulbank längst Geschichte ist. Jeden Dienstagnachmittag gibt er im Konferenzraum der „Gablenzer Stuben“ für Seniorinnen und Senioren aus dem Wohngebiet, vor allem der Wohngruppe 029, kostenlos Englischunterricht. Vor drei Jahren hat er das in einer Volkshelferberatung von sich aus angeboten, als man nach seinen Talenten fragte. „Klöppeln und Schnitzen kann ich nicht, aber ich könnte Englisch lehren, für den Reisegebrauch.“ Damals war er nach mehr als 40-jährigem Schuldienst gerade selbst drei Jahre Rentner. Für den heutigen Endsechziger aus der Geibelstraße ist das schon ein gutes Stück Arbeit. Schließlich sind es inzwischen drei Kurse mit insgesamt 33 Teilnehmern geworden, denen er seine Kenntnisse vermittelt - Anfänger, Mittelgruppe und Fortgeschrittene. Das heißt, dreimal spezielle Vorbereitung. Die drei Stunden stehen, die dazu gehören, scheinen dem großen, beweglichen Mann aber nicht auszumachen, wenn er vor dem Tisch, an dem seine Hörer sitzen, kurz hin und her geht, sich dieser oder jenem zuwendet oder sich dreht, um Begriffe wie post-office box (Postschließfach) an die kleine Tafel hinter seinem Rücken zu schreiben. Dann, wieder den Lernenden zugewandt: „Frau Beier nannte das Wort envelope. Was ist das?“ Und er freut sich, wenn Getraute Ruderisch, mit 75 seine älteste „Schülerin“, sofort antwortet: „Das ist der Briefumschlag.“ Es geht überhaupt ziemlich locker zu im Seniorenunterricht. Da wird über kleine sprachliche Witze oder ungewollte Versprecher herzlich gelacht. Manches lustige Urlaubserlebnis im Ausland wird kurz erwähnt und zur Gitarre singen sie auch mal „My bonny is over the ocean“ (Mein Schatz ist überm Ozean). Diese gute Stimmung, die dem freiwilligen Mitmachen aller entspringt, herrscht von Anfang an in den Lehrgängen. Sie tut dem Fleiß und der Ernsthaftigkeit, mit der alle bei der Sache sind, keinen Abbruch, wie der Lehrer versichert. Im Gegenteil. Auch eine von ihm selbst gefertigte Grußkarte zum Valentinstag mit einem „Mon Cheri“ dazu für jeden seiner Spracheleven stimuliert das Lernvergnügen. Schmunzelnd erinnert er sich daran, dass er während der allerersten Stunde im August 2003 gesagt hat: „Es geht mir heute keiner mit weniger als 50 Englischvokabeln hier raus“. Darauf murmelte einer vor sich hin: „Der Schönfeld ist verrückt.“ Am Ende waren es aber sogar 75 fremdsprachige Wörter aus Mode, Sport, Musik und Einkauf, die jedem im täglichen Leben begegnen. „Mir geht es darum, dass sich die Teilnehmer bei Auslandreisen besser zurecht finden, mit den Anglizismen in unserer eigenen Sprache klar kommen und nicht mehr ganz ahnungslos sind“, begründet der Pädagoge sein Handeln. Als Erfolg verbucht er, dass er von seiner Mannschaft viele Urlaubsgrüße aus dem Ausland auf Englisch bekommt. So zahle sich aus, wenn er immer wieder fordert: Vokabeln, Vokabeln, Vokabeln! Man müsse in einer Fremdsprache nicht unbedingt grammatisch einwandfrei gebaute Sätze formulieren können, um verstanden zu werden. Einige Schlüsselwörter sollte jedoch jeder beherrschen. Dieses Prinzip hat der junge Absolvent der Leipziger Karl-Marx-Universität bereits 1959 im erzgebirgischen Schwarzenberg vertreten. Ebenso an den vier Schulen in Karl-Marx-Stadt/Chemnitz, wo er von 1967 bis 2000 Russisch, Englisch und Geschichte unterrichtete. Seine hartnäckige und zugleich freundliche Art hat ihm große Sympathien eingebracht. In der Gegend, wo er heute fast 40 Jahre wohnt, ist er vielen bekannt. Und nun lehrt er die Großeltern seiner letzten Schüler - einmal Lehrer, immer Lehrer.