Wer Irene und Heinz Groß nach ihren Hobbys befragt, bekommt von beiden einmütig zu hören: „ ... die Volkssolidarität.“ Kein Wunder bei der langjährigen aktiven Mitgliedschaft. Sie ist 51 Jahre dabei und leitet die Wohngruppe 053 seit der politischen Wende. Er macht seit 20 Jahren mit, und zwar von Anfang an als Hauptkassierer, was er seinem früheren Wirken als Finanzökonom verdankt. Natürlich haben sie noch andere Steckenpferde. Er steht auf Dixielandjazz, seit er in jungen Jahren Trompete blies. Sie liebt auch Musik. Der Klöppelsack in einer Wohnzimmerecke könnte von ihren geschickten Händen erzählen. Der Garten mit seinen Rosen, Bücher, Theaterbesuche sind für sie Selbstverständlichkeiten. Die Eheleute ergänzen sich. Das gegenseitige Unterstützen, diese letztendliche Gemeinsamkeit macht auch ihre Stärke im Wirken für die Wohngruppe in der Wenzel-Verner- Straße aus. Beispiel Sommerfest in diesem Jahr: Irene Groß begrüßt in der Begegnungsstätte Scheffelstraße an die 50 Leute zum gemütlichen Beisammensein. Mit kräftiger Stimme verschafft sich die mittelgroße, silberhaarige Frau im allgemeinen Trubel Gehör. Sie erinnert an vergangene Feste, bei denen Petrus, wie an diesem letzten Juni-Dienstag, ebenfalls nicht richtig mitspielte -starker Wind und Regentropfen - und sagt mit einem leichten Schuss Optimismus: „So findet unser Gartenfest eben im Saale statt.“ Die Anwesenden quittieren das humorvoll. Ehemann Heinz ist während des Nachmittags öfter auf dem Sprung, beantwortet da eine Frage, führt dort ein kurzes Gespräch. Nachdem Irene das traditionelle Quiz angekündigt hat, teilt er schon wieder mit anderen Volkshelfern die Fragezettel aus. Später, als sie die Gewinner genannt hat, überreicht er die Preise. Alles in allem eine gelungene Begegnung mit Musik und Unterhaltung, Gastronomie und angeregten Gesprächen. Das Ehepaar hat sie mit den zwei weiteren Leitungsmitgliedern und den übrigen 13 Helfern der Wohngruppe sowie mit der Leiterin der Begegnungsstätte, Jenny Möller, wie immer sorgfältig vorbereitet. „Bei uns geht es zu, wie in einer Familie“, charakterisiert Erwin Sagert, der Stellvertreter von Irene, die Verhältnisse in der Leitung und im Helfer-Kollektiv. Vor allem das sei es auch gewesen, was die Wohngruppe zu Wendezeiten zusammengehalten habe. „Wir haben uns nicht von irgendwelchen Auflösungsparolen beeindrucken lassen“, sagt Heinz Groß, „sondern haben damals einfach weitergemacht mit Veranstaltungen in der Begegnungsstätte, mit Fahrten und mit der Kassierung.“ Bis heute werden das Organisationstalent und die Ideen von Irene und Heinz durch alle Mitglieder und Helfer geschätzt, ob es nun um einen Gesundheitsvortrag geht, um Historie der Heimatstadt oder um die Fahrt zur Dresdner Frauenkirche. Und wenn Heinz im Bus die Mundharmonika rausholt, singen die meisten nach seinen Melodien mit. Auf jeden Fall haben die Eheleute durch ihre Autorität erreicht, dass alle an einem Strang ziehen. So kommen ganz selbstverständlich Leitung und Helfer jeden ersten Dienstag im Monat zur Beratung im „Treffpunkt Eva“, Straße Usti nad Labern, zusammen. „Regelmäßigkeit muss sein. Das bringt Ordnung ins Geschäft“, meint dazu die Leiterin. Dieses Streben nach sinnvoll geordnetem Dasein zieht sich durch den ganzen bisherigen Lebensweg der gelernten Damenmaßschneiderin. Im hiesigen Forschungsinstitut für Textiltechnologie hat sie sich zur Textillaborantin qualifiziert und nahm noch Ende der 60er Jahre ein Fernstudium an der Fachschule Reichenbach auf. Das hat sie als Ingenieurökonomin abgeschlossen. Vor ihrem Eintritt ins Rentnerleben war sie zuletzt als stellvertretende Stadtbezirksbürgermeisterin in Karl-Marx-Stadt/Süd für die Planung zuständig. Ihren Heinz, den gelernten Industriekaufmann, hat sie 1948 geheiratet und ihm eine Tochter und zwei Söhne geboren. Inzwischen sind sie bereits viermal Großeltern. Als er 1986 Ruheständler wurde, war er zuletzt kaufmännischer Leiter beim Hauptauftraggeber Komplexer Wohnungsbau gewesen. Aber Ruhestand heißt bei dem Ehepaar Groß nicht Stillstand. Für beide gilt ein von Heinz geäußerter Gedanke: „Wenn ich die Treue unserer Mitglieder spüre, dann denke ich, du kannst doch die Leute nicht im Stich lassen.“