Historische Chemnitzer Modehäuser

Die neuen Sommermoden ziehen alljährlich Alt und Jung wieder in ihren Bann. Das ist nicht nur heute so, das traf auch für die Vergangenheit zu. Und das soll uns deshalb Anlass sein, an populäre Modehäuser zu erinnern, die bei den Chemnitzern beliebt und geschätzt waren. „Keine Lockartikel, nur aufs knappeste kalkulierte Preise für wirkliche Qualitätsware“ – mit diesem Slogan warb das Modehaus Bruno Schellenberger, dessen Entwicklung 1868 mit einer einfachen Posamenten- und Nadlerwarenhandlung in der Klostergasse 3 ihren Anfang genommen hatte. Die Krönung für das Unternehmen bildete dann die Errichtung eines modernen Geschäftshauses am Johannisplatz, das am 24.Oktober 1898 eröffnet wurde. Es galt damals „seiner architektonischen Ausführung, wie seiner großartigen inneren Einrichtung nach als weltstädtisch“. Das turmbekrönte, vieretagige Eckhaus mit 24 Schaufenstern diente dem Verkauf von „Modewaren für den Herrn und den Knaben, für die Dame und das Mädchen aller Couleur“. Zudem gab es ein attraktives Angebot für Wohnausgestaltung und Dekoration. Im Dachgeschoss mit seinen zwölf großen Oberlichtfenstern befanden sich sieben Arbeitssäle eigener Wäsche- und Strumpfproduktion sowie eine Bügelei. Die Firma zählte bis zu 300 Mitarbeiter. Am 5. März 1945 wurde das Modegeschäftshaus Bruno Schellenberger total zerstört. An der Ecke Brückenstraße wurde die Königsstraße (heute Straße der Nationen) von einem modernen Geschäftsbau dominiert, dem „Modehaus für Alle – Königsfeld & Co.“ Am 17. September 1881 hatte es sich zunächst auf dem Holzmarkt (heute Rosenhof) unter bescheidenen Verhältnissen „etabliret“. Die vorzügliche Entwicklung des Geschäftsganges aber ließ das Unternehmen dann 1889 sein Domizil in die Chemnitzer Hauptgeschäftsstraße verlegen, schrittweise auszubauen und zu erweitern. 1899 sorgte die Firma für großes Aufsehen in der Stadt: Als erstes Chemnitzer Handelsunternehmen nutzte sie Elektroenergie zur Beleuchtung ihrer Geschäftsräume. Die vorwärtsstrebende Entwicklung der Firma gipfelte in der Errichtung eines imposanten Geschäftshauses unter Leitung des jüdischen Architekten Kalitzki. Am 15. November 1927 nannten es die „Chemnitzer Neuesten Nachrichten“ ein „Weltstadt-Modehaus“. Das oberste Geschäftsprinzip hieß: „Übereinstimmung von Qualität und Preiswürdigkeit der Ware, von Leistung und Realität“. Der Kundenkreis umfasste alle Bevölkerungsschichten und Altersstufen. 1933 begannen für das jüdische Unternehmen Boykott durch die Nazis und Schikanen in sich immer mehr steigender Form. In der NS-Zeit trug die Firma nach der Übertragung an ihren Prokuristen den Namen Daners & Co. Am 5. März ging der Stern im Bombenhagel unter. Doch die Geschäftsführung gab nicht auf. Nachdem zunächst ein provisorischer Verkaufsraum in der Bahnhofsstraße eingerichtet worden war, eröffnete Königsfeld & Co. am 1. Oktober 1945 unter seinem alten Namen eine Verkaufsstätte in den Räumlichkeiten des ehemaligen Admiralpalastes in der Gartenstraße 6. Die Neugestaltung des Stadtzentrums führte zum Abbruch der Gartenstraße. Daraufhin zog das Geschäft, inzwischen mit staatlicher Beteiligung, in die Mühlenstraße gegenüber dem Stadtbad und existierte hier noch bis Mitte der 1970er Jahre. Ein drittes Modehaus war Steigerwald & Kaiser, das in vier deutschen Großstädten Niederlassungen besaß. Nachdem es sich 1895 auf der Theaterstraße eine erste Position auch in Chemnitz geschaffen hatte, siedelte es 1908 in die Geschäftsräume Markt / Marktgäßchen um. Unter der Maxime: „Vom Guten das Beste“ entwickelte es sich zu einem Kaufhaus ersten Ranges für Damen-, Herren- und Kinderkonfektion sowie Manufakturwaren. Ihren Erfolg begründete die Geschäftsführung so: „Durch gemeinschaftliche Bareinkäufe unserer fünf Geschäfte aus den bedeutendsten Fabriken genießen wir die denkbar größten Vorteile und können deshalb alle einschlägigen Waren in nur gediegenen und erprobten Qualitäten zu ganz erstaunlich billigen Preisen abgeben“. Das Verkaufsangebot des vieretagigen Geschäftshauses mit 22 Schaufenstern am Markt umfasste „Herren- und Damenwäsche, Kostüme, Blusen, Mäntel, Kleiderstoffe, Konfektion, Manufakturwaren, Weißwaren, Baumwollwaren, Spezialmoden, Betten, Bettwäsche, Teppiche, Läuferstoffe und Gardinen“. Die Kunden bescheinigten dem Personal „stets fachkundige Beratung und überaus höfliche Bedienung“. Auch dieses Modehaus ging im Bombenhagel des 5. März 1945 unter. Bereits am 7. Mai 1842 gründete Wilhelm Benjamin Flade ein Weißwarengeschäft. Es hatte seinen Standort Markt 18/19, etwa dort, wo sich heute der gläserne Neubau des Türmerhauses befindet. Das Geschäft erwarb den Ruf als „feinstes Wäsche- und Ausstattungshaus von Chemnitz“. Eine zeitgenössische Darstellung schildert, dass die Chemnitzer Hausfrauen vor den attraktiv gestalteten Schaufenstern immer wieder angezogen wurden, wodurch meist ein guter Geschäftsgang die Folge war. Die Firma betrieb zudem einen eigenständigen Fabrikationsbetrieb und eine gut gehende Engros- und Exportabteilung mit Verbindungen in viele Länder. Das profilierte Geschäftsunternehmen der Weißwarenbranche, das für über einhundert Jahre zu den größten und renommiertesten der Stadt gehörte, fiel dem Luftangriff vom 5. März 1945 zum Opfer. Über 70 Jahre später, am 5. Mai 1937, meldete das „Chemnitzer Tageblatt und Anzeiger“ die Eröffnung eines Bekleidungshauses in der Gartenstraße, das ein besonders vorteilhaftes Eröffnungsangebot präsentierte – das Warenhaus Gebrüder Böhm, später Hochmuth & Co. KG. Das Kaufhaus hielt über die Jahre, was es versprochen hatte. Auch dieses Unternehmen fiel dem Luftangriff am 5. März 1945 zum Opfer. Es wurde unter großen Schwierigkeiten und Anstrengungen wieder aufgebaut. 1957 erfolgte die Wiedereröffnung der Hochmuth & Co. KG. Sie wurde eine beliebte Einkaufsstätte der Chemnitzer. Allein im Jahre 1961 verzeichnete sie 188.000 Kunden. Doch dann kam die Entscheidung über die Neugestaltung des Stadtzentrums und damit verschwanden die Gartenstraße und auch die Hochmuth & Co. KG am Ende der 1960er Jahre aus dem Stadtbild.

aus VS Aktuell 2/2008, erschienen im  VS Aktuell 2/2008 Aus der Stadtgeschichte