6. Stadtdelegiertenversammlung

Nach einer kurzen Pause eröffnete die Vorsitzende Regina Ziegenhals die 6. Stadtdelegiertenkonferenz. Als Gäste konnte sie den Vorsitzenden des Landesverbandes Sachsen der Volkssolidarität Olaf Wenzel sowie den Landesgeschäftsführer Dr. Jürgen Schmieder begrüßen. Von den 67 eingeladenen Delegierten waren 54 anwesend, 13 hatten sich entschuldigt.


Grußwort des Landesvorsitzenden

In seinem Grußwort betonte Olaf Wenzel, dass der Stadtverband Chemnitz zu den erfolgreichsten Mitgliederverbänden der Volkssolidarität gehöre, über einen stabilen Mitgliederbestand verfüge und wirtschaftlich stark sei. Der Vorsitzende des Landesverbandes wies darauf hin, dass solide Stadt- und Kreisverbände für den Landesverband wichtig sind, um die Interessen des auch für Nichtmitglieder offenen Wohlfahrtsverbandes Volkssolidarität vertreten zu können. Dafür sei der Stadtverband Chemnitz ein zuverlässiger Partner.


Bericht des Vorstandes

Im Bericht des Vorstandes nahm die Vorsitzende Regina Ziegenhals zunächst Bezug auf aktuelle politische Debatten. So verwies sie auf die durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes notwendig gewordene Neuermittlung der Regelsätze für Hartz IV, auf die geringen 5 Euro, die dadurch monatlich mehr gezahlt werden und auf das schlechte Bild der Hartz-IV-Empfänger, welches von einigen Politikern immer wieder propagiert werde. Im Gegensatz dazu ständen Steuersenkungen, die dem Mittelstand als Dank für Parteispenden bewilligt werden, und die Boni an Bänker, während die Steuerzahler für die Banken bürgen.
 Unverständlich wäre auch der Begriff „Kopfpauschale“. Zum einen sei er diskriminierend, zum anderen verberge sich dahinter, dass jeder vom Rentner bis zum Millionär den gleichen Betrag bezahlen solle. Regina Ziegenhals fragte, wo da der Sozialstaat bleibe. Sie rief die Delegierten dazu auf, die Unterschriftenaktion „Solidarisch statt Kopfpauschale“ des Bundesverbandes der Volkssolidarität zu unterstützen.
 Nachfolgend ging die Vorsitzende auf die erreichten Ergebnisse der vergangenen vier Jahre ein. Durch Gesetzesänderungen, Preiserhöhungen, Änderungen im Lebensumfeld vieler Menschen sowie der demografischen Entwicklung mussten die sozialen Dienste auf den Prüfstand gestellt und auf die neuen Gegebenheiten ausgerichtet werden.
 Grundlage für die Arbeit sei der Erhalt des Stadtverbandes als starker Mitgliederverband, wobei die Gewinnung neuer Mitglieder einen wichtigen Aspekt darstelle. Eine weitere wichtige Grundlage für die Arbeitsfähigkeit des Mitgliederverbandes würden die Begegnungsstätten sein. In diesen sei es aufgrund des steigenden Durchschnittsalters der Mitglieder schwieriger geworden, geplante Veranstaltungen und auch Reisen kostendeckend auszulasten. Dies würde eine gemeinsame Planung aller Beteiligten erfordern. Dahin gehend wurde das Beratungssystem mit den Leitungsmitgliedern der Wohngruppen so abgeändert, dass sich die Wohngruppenleitungen mindestens einmal jährlich treffen und beraten, wie auf Grundlage der Arbeitspläne Veranstaltungen der Wohngruppen und der Begegnungsstätten sowie Halb- und Tagesfahrten besser ausgelastet werden können. Durch die Klubräte werde gesichert, dass in den Begegnungsstätten Veranstaltungen aufgelegt werden, die auch den Interessen hochbetagter Mitglieder entsprächen. Diese gemeinsame Konzentration der Wohngruppen auf eine Begegnungsstätte in der Umgebung ihres Wirkungsbereiches sei erforderlich, da vor dem Hintergrund sinkender Einnahmen und steigender Ausgaben die große Anzahl an Einrichtungen perspektivisch nicht mehr finanzierbar sei. Diese Tendenz werde anhalten, da die Renten nicht in dem erforderlichen Niveau steigen.  
 Regina Ziegenhals sprach im Bericht auch die drohenden Mittelkürzungen im sozialen Bereich seitens der Kommune an. Der Stadtverband wäre konkret bei den Kindertagesstätten und den Begegnungsstätten davon betroffen. Sie erwähnte, dass die Liga der Freien Wohlfahrtspflege, in der auch der Stadtverband vertreten ist, darum kämpfe, dass die Einsparmaßnahmen verträglich gestaltet werden. Bei den geförderten Begegnungsstätten wäre es besser, durch die Reduzierung inhaltlicher Anforderungen die Breite der Einrichtungen zu erhalten anstatt vier Einrichtungen in Chemnitz wie angedacht gar nicht mehr zu fördern.
 Der Stadtverband Chemnitz sei konkret bei der Begegnungsstätte „Am Harthwald“ von den geplanten Mittelstreichnungen betroffen. Die Einrichtung werde daher nur noch den Wohngruppen, den Teilnehmern am Mittagstisch und ehrenamtlich geführten Zirkeln zur Verfügung stehen. Die regelmäßigen Kernöffnungszeiten könnten jedoch nicht mehr aufrecht erhalten werden.
 Auch der Stadtteiltreff Oberfrohnaer Straße werde wie bisher nur den Wohngruppen und den Mitgliedern zur Verfügung stehen, da die angestrebte Zusammenarbeit mit einem Verein nicht zustande kam. Die Mietverträge für die Begegnungsstätten in Hartmannsdorf und in der Philippstraße und teilweise auch des „Treff am Rosenhof“ mussten gekündigt werden, da die Nutzung nicht im Verhältnis zu den Kosten stehe.
 Für die Wohnanlage für Betreutes Wohnen mit Begegnungsstätte in der Regensburger Straße wird eine Verlängerung des Betreiber- und Mietvertrages angestrebt, obwohl die GGG als Eigentümer der Wohnanlage entgegen den ursprünglichen Vereinbarungen immer mehr Wohnungen ohne Betreuungsvertrag vermietet.
 Regina Ziegenhals berichtete, dass im September 2010 in der neuen Wohnanlage in Hainichen das Richfest gefeiert werden konnte. Die Eröffnung soll im Frühjahr 2011 erfolgen.
 Um auch Bürgern mit Grundsicherungsrente ein Wohnen im Betreuten Wohnen zu ermöglichen, wurde die Listensammlung 2009 unter dieses Motto gestellt. Mit den erzielten Einnahmen sowie Geldern weiterer Sponsoren wurde ein barrierefreier Zugang zum Haus Hilbersdorfer Straße 74 geschaffen. Ein Teil der Gelder kommt zudem Interessenten zu Gute, für die eine Doppelbelastung durch die gleichzeitige Miete der alten und der neuen Wohnung während des Umzuges nur schwer finanzierbar ist. Sie können den ersten Monat mietfrei die neuen Räumlichkeiten nutzen.
 Regina Ziegenhals appelierte an die Delegierten, dass das Betreute Wohnen noch mehr Unterstützung durch die Mitgliedschaft erhalten müsse, damit eine bessere Auslastung erreichen werden kann. Diese sei zwar mit 93 % gut, jedoch würden durch jede leerstehende Wohnung dem Verband auch Kosten entstehen.
 Die Sozialstationen hätten sich im Berichtzeitraum stabil entwickelt. Ein großer Teil der Leitungen und Mitarbeiter wären schon seit der Gründung der Einrichtungen im Februar 1991 dabei und würden eine gute Arbeit leisten.
 Durch ständige Steigerung der Einkaufspreise sowie der Kosten von Strom und Wasser und durch Investitionen aufgrund neuer gesetzlicher Vorschriften ist der Stadtverband gezwungen gewesen, die Preise für die Versorgung mit Mittagessen und den Partyservice zu erhöhen. Ein Rückgang der Essensteilnehmer sei dadurch nicht zu verzeichnen zu gewesen.
 Die Inanspruchnahme des Reisebüros durch Mitglieder der Volkssolidarität könne als stabil eingeschätzt werden. Die Qualität der Reiseangebote sei gestiegen. Ein Vergleich mit einem anderen lokalen Anbieter zeige, dass Mehrtagesfahrten kostengünstiger angeboten werden.
 In den Kindertagesstätten wäre im Berichtszeitraum sehr viel von den Mitarbeitern, Kindern und Angehörigen abverlangt worden. So hätten beispielsweise Sanierungsmaßnahmen in den Objekten Ernst-Enge-Straße und Sebastian-Bach-Straße durchgeführt werden können. Die notwendigen Brandschutzmaßnahmen im Objekt Max-Türpe-Straße hätten trotz Mittelzusage noch nicht begonnen werden können.
 Regina Ziegenhals berichtete den Delegierten auch, dass am 29. September 2010 die Grundsteinlegung für ein Pflegeheim im bayerischen Wiesau erfolgte. Das Haus wird ab Ende 2011/Anfang 2012 von einem Tochterunternehmen betrieben werden.
 Zum Abschluss verwies die Vorsitzende auf die schwierigen Anfänge des Stadtverbandes vor 20 Jahren und auf das seitdem Erreichte. „Wir haben alle ein großes Stück Geschichte gemeinsam mitgeschrieben“, sagte sie und dankte den ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitern für ihr Engagement.


Diskussion

In der Diskussion ging es vordergründig um den Erhalt der Begegnungsstätte „Am Harthwald“. Der Hauptkassierer der im Stadtteil ansässigen Wohngruppe 046 Manfred Rohner appelierte an den Vorstand, alles zu tun, damit das Sozialamt der Stadt Chemnitz von seinen Plänen abrückt. Mit der Schließung der Einrichtung würde das ehrenamtliche Wirken der Volkshelfer im Stadtteil erschwert.


Entlastung des Vorstandes

Die Berichte des Vorstandes, des Steuerberaters Thorsten Adomeit, des Revisors Peter Klingst sowie der Geschäftsbericht für das Jahr 2009 wurden den Delegierten zur Diskussion gestellt und von diesen einstimmig bestätigt. Der Vorstand des Stadtverbandes wurde für das Jahr 2009 einstimmt entlastet.


Erste Ehrenvorsitzende gewählt

Die Stadtdelegiertenversammlung beschloss einstimmig, dass Regina Ziegenhals, die nicht mehr zur Wahl als Vorstandsvorsitzende antrat, mit Wirkung vom 07. Oktober 2010 der Titel „Ehrenvorsitzende“ auf Lebenszeit verliehen wird. Alle in der Satzung geregelten Rechte und Pflichten einer Ehrenvorsitzenden werden ihr übertragen.
 Claus Belaschki führte aus, dass Regina Ziegenhals nach nunmehr 45 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit in ihrer Wohngruppe und 20 Jahren als Vorstandsvorsitzende den Staffelstab an die jüngere Generation weitergegeben hätte. Sie habe in all diesen Jahren Freud und Leid, auch die Last als Vorstandsvorsitzende getragen, war wochentags wie feiertags immer für den Verein, seine Mitglieder und Mitarbeiter da. Das würde nicht nur ein 40-Stunden-Job sein, sondern auch wahnsinnig viel Verantwortung, die es jeden Tag zu tragen gilt. Ohne ihre Unterstützung und Mitwirkung wäre der Verein sicher nicht das, was er heute ist. Claus Belaschki betonte den historischen Moment in der Geschichte der Volkssolidarität Chemnitz, denn Regina Ziegenhals würde die Erste sein, der dieser Titel verliehen wird.


Wahlen

Die Mitglieder des Vorstandes wurden in geheimer Wahl gewählt. Als neuer Vorsitzender ist Andreas Lasseck gewählt worden. Er ist seit 1990 Geschäftsführer der Chemnitzer Volkssolidarität, hat diese Tätigkeit jedoch wegen seiner neuen Funktion im Verein niedergelegt. Ulrike Ullrich, seit 2005 gleichgestellte Geschäftsführerin, wird nun allein die Geschäftsführung übernehmen.
 In den Vorstand wurden als Mitglieder gewählt: Jens-Peter Adler, Claus Belaschki, Thomas Hartmann, Brigitte Hofmann, Christine Kortyka, Dr. Frieder Lämmel, Klaus Tomczak, Eva Unger, Regina Ziegenhals.
 Als Revisor wurde Peter Klingst vorgeschlagen und von den Delegierten bestätigt.
 Für die Teilnahme an der Landesdelegiertenkonferenz wurden Andreas Lasseck und Ulrike Ullrich delegiert.
 In den Beirat des Stadtverbandes wurden Gertrud Köhler und Manfred Rohner und als Nachfolgekandidaten Brigitte Decker und Ulla Zeißig gewählt.

aus VS Aktuell 4/2010, erschienen im  VS Aktuell 4/2010 Aus dem Verein