Zum Sparpaket „EKKo“

Der zweite Teil des Chemnitzer Sparpaketes (EKKo – Entwicklungs- und Konsolidierungskonzept) wurde mit großer Mehrheit durch den Stadtrat in seiner Sitzung am 26. Januar 2011 beschlossen. 65 Vorschläge der Ratsverwaltung standen in der mehrstündigen Stadtratssitzung zur Debatte. Die „Rathausspitze“ hatte vorher eindringlich das Paket beworben, da ab 2011 der Freistaat Sachsen seine Zuschüsse an die Kommunen stark reduzieren werde. Als Folge würde Chemnitz unter einem millionenschweren Haushaltsloch leiden. Bis 2015 müsse der Haushalt jedoch ausgeglichen werden, sonst drohe der Stadt die Zwangsverwaltung. Aus diesem Grund folgten trotz anfänglicher großer Ablehnung die Fraktionen der Aufforderung von Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig. Viele Änderungsanträge wurden eingebracht, wodurch einige Maßnahmen etwas abgemildert wurden. 

Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass bereits eine Klage seitens der Kommune eingereicht wurde, da es die Pflicht von Bund und Land sei, die Städte mit ausreichend finanziellen Mitteln auszustatten. Ich bin deshalb als Stadtrat dem „Chemnitzer Bündnis gegen Kürzungen“ beigetreten. Viele junge Menschen, sozial kompetente Personen und Institutionen engagieren sich darin für eine sozialgerechte Chemnitzer Politik.** Bei den Bündnistreffen ging und geht es um Aktionen, welche die Stadträte von unangebrachten Sparmaßnahmen abbringen, sie über die schwerwiegenden Folgen für die Träger sozialer Angebote aufklären und schließlich vom Bürgerwillen überzeugen sollen. Damit der Wähler erkennen kann, „ob nach der Wahl auch vor der Wahl“ ist, forderte das Bündnis von den Stadträten namentliche Abstimmungen zum EKKo, schließlich würde dies die neue Technik im teuer sanierten Ratssaal unkompliziert möglich machen. Das Gesuch wurde mit der Erklärung abgelehnt, dass „wegen der vielen Entscheidungen zum Sparpaket klassisch per Hand abgestimmt werden“ müsse und deshalb eine namentliche Abstimmung für die Räte unzumutbar sei. Davor hieß es noch, die Technik sei trotz öffentlicher Übergabe noch nicht komplett einsetzbar. Dass diese bestens funktioniert, zeigte sich in der Stadtratssitzung, denn einige Abstimmungen wurden trotzdem per Knopfdruck getätigt.

Einige Entscheidungsfindungen möch­te ich nachfolgend kurz kommentieren:

  • Dem Botanischen Garten gelang ein Teilerfolg: Die geplante Kürzung von 240.000 € jährlich wurde auf „nur“ 40.000 € reduziert. Für den Erhalt der Einrichtung konnten bisher rund 38.000 Unterschriften vom Förderverein „Botanischer Garten“ in einem Petitionsschreiben gesammelt werden. Darunter sind auch viele von Freunden der Volkssolidarität. Der große Aufwand hat sich gelohnt!
  • Die geplante Schließung des beliebten Freibades Bernsdorf wurde verhindert. Ein ungutes Gefühl bleibt, denn die beschlossene Formulierung „dass der Badebetrieb aufrecht gehalten werden solle“ könnte auch bedeuten, dass das Bad nur so lange geöffnet bleibt, wie es die bauliche Substanz zulässt. Möglicherweise eine aufgeschobene Schließung?
  • Die Ablehung des Beschlusses „Reduzierung der Betreuungszeit in Krippen und Kitas auf 6 Stunden“ ist ein soziales Bekenntnis für Familien!
  • Die Gebäude des Umweltzentrums und der „Lila Villa“ sowie ehemalige Rathäuser eingemeindeter Ortsteile sollen nicht verkauft werden, wodurch die Arbeit und der Fortbestand der dort ansässigen wichtigen Institutionen gefestigt werden kann.
  • Die geplanten Einsparungen bei den Begegnungsstätten wurden abgelehnt,  d. h. „intern“ auf das Jahr 2012 verschoben, bis durch den Sozialausschuss die neue Förderausrichtung im Bereich der Seniorenbegegnungsstätten abgeschlossen ist. Für die drei Einrichtungen, die auf der Streichliste immer noch ganz oben stehen, besteht also noch eine Chance.

Mit großem Unverständis musste ich folgende mehrheitlich beschlossene Entscheidungen wahrnehmen:

  • Die Saunen in der Schwimmhalle Gablenz und „Am Südring“ werden geschlossen. Die Bürger sollen teurere Alternativangebote nutzen.
  • Die Rückerstattung von Semesterbeiträgen für Studenten wird gestrichen. Unsere Stadt, „die Älteste in ganz Europa“, hat anscheinend keinen Zulauf an jungen Menschen nötig und fühlt sich offenbar attraktiver als andere Studienstandorte.
  • Eine Subventionierung des Kita- Mittagessens gibt es nur noch für Kinder aus sozial schwachen Familien. Aber: Wann ist wer sozial schwach? Wer denkt an die vielen Haushalte, wo beide Eltern abeitstätig sind und dennoch kaum von ihrem Einkommen leben können?
  • Ab 2015 wird die Pacht für Kleingärten angehoben. Viele Lebenskosten sind auch angestiegen. Auf die Summe des Ganzen kommt es doch an, ein paar Cent hier und ein paar Euro dort – wo führt das bei Menschen mit geringen Einkommen hin?
  • Die neue Schulnetzplanung setzt gegen das Vorhaben: „Kurze Beine, kurze Wege“. Dass Kinder unser wertvollstes Gut sind, wird vor der Wahl immer wieder behauptet, danach anscheinend aber schnell wieder vergessen. Das Prinzip scheint so zu funktionieren: Wenn soziale Errungenschaften abgeschafft sind, kann man wieder dafür kämpfen! Die Wählervereinigung Volkssolidarität fordert dazu auf, sich am Bürgerbegehren des Kreiselternrates zu beteiligen. Unterzeichnen Sie die in vielen Einrichtungen ausliegenden Unterschriftenlisten!

* In der folgenden Kommentierung des Urteils vom Oberverwaltungsgericht Bautzen finden Sie die Nachweise der Quellen durch jeweilige Ziffernangaben aus dem Urteilsbeschluss. Das gesamte Urteil ist auf der Homepage der Wählervereinigung Volkssolidarität Chemnitz unter der Adresse www.vosi-im-stadtrat.de zu finden. Als Antragsteller wird Andreas Wolf und als Antragsgegner der Stadtrat von Chemnitz bezeichnet.

**Informationen zum Bündnis und deren Organisatoren sind im Internet unter

basta.in-chemnitz.de zu finden.

aus VS Aktuell 1/2011, erschienen im  VS Aktuell 1/2011 Wählervereinigung Volkssolidarität Chemnitz (Vosi)