Erinnern Sie sich? In der letzten VS Aktuell ging darum, dass ich am 3. November 2010 mittlerweile zum dritten Mal in den Sozialausschuss gewählt wurde und dass die Oberbürgermeisterin dagegen Widerspruch einlegte, da ich aufgrund der sogenannten geforderten Spiegelbildlichkeit kein Anrecht auf einen Platz darin haben würde. „Nach einer Berechnung der Oberbürgermeisterin würden sich die Ausschusssitze nach diesem Verfahren folgendermaßen verteilen:
CDU-Ratsfraktion: 3 Sitze
Fraktion Die Linke: 3 Sitze
Fraktion SPD: 3 Sitze
Fraktion FDP: 2 Sitze
Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN: 1 Sitz
Ratsfraktion Pro CHEMNITZ: 1 Sitz“
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„Mit Beschluss B-304/2010 [die Wahl, Anm. d. R.] bestellte der Antragsgegner [der Stadtrat, Anm. d. R.] anschließend u. a. den Antragsteller [Andreas Wolf, Anm. d. R.] als Mitglied für den Sozialausschuss. Von der Berechnung der Oberbürgermeisterin ergab sich insofern eine Abweichung, als auf die Fraktion FDP nur ein Ausschusssitz entfiel.“ (10) Die FDP erhielt also weniger Stimmen als „gewünscht“ und somit wurde ich als Stadtrat für die Volkssolidarität erneut als Mitglied im Sozialausschuss bestätigt.
„Die Oberbürgermeisterin erhob mit Schreiben vom 08. November 2010 Widerspruch nach § 52 der Sächsischen Gemeindeordnung gegen den Beschluss B-304/2010, der nach ihrer Überzeugung ‚rechtswidrig‘ sei, weil er ‚die Anforderungen an die Spiegelbildlichkeit nicht erfülle.‘“ (11)
Mein darauf eingelegter Antrag auf einen vorläufigen Rechtsschutz gegen die angestrebte Aberkennung meiner ordnungsgemäßen Wahl als Mitglied des Sozialausschusses wurde vom Verwaltungsgericht Chemnitz zweimal abgeschmettert. Wir als Wählervereinigung wollten uns dieses undemokratische und nach meiner und der Überzeugung meines anwaltlichen Vertreters Klaus Bartl rechtswidrige Vorgehen der Ratsverwaltung nicht gefallen lassen. Gemeinsam wurde viel Zeit und Kraft investiert, um zu unserem „Recht zu kommen“. Nach Abweisung meiner Anträge beim Verwaltungsgericht Chemnitz blieb nur noch der Beschwerdeweg zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG) Bautzen. Dessen Entscheidung traf am 12. Januar 2011 per Fax ein und ist zweifellos ein herber Rückschlag für unsere Stadtratsarbeit und eine weitere Enttäuschung in unserer Hoffnung auf Gerechtigkeit in dieser Sache.
Zunächst verdeutlicht der Beschluss des OVG, dass der Widerspruch der Oberbürgermeisterin gegen die Wahl des Sozialausschusses am 3. November 2010 auf eine offenbar falsche Rechtsauffassung basiert. Diese kann meines Erachtens auf eine offensichtlich rechtsfehlerhafte Stellungnahme des Rechtsamtes bzw. des zuständigen Rechtsbürgermeisters zurückgeführt werden.
Wieso geht der Beschluss nachfolgend aber davon aus, dass das ordnungsgemäße Wahlergebnis vom 3. November 2010 nicht anerkannt werden kann? Dazu Auszüge aus der Entscheidung des OVG: „Zwar spricht, soweit sich dies im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtschutzes feststellen lässt, vieles dafür, dass der Beschluss des Antragsgegners vom 03. November 2010 (B-304/2010) nicht wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der spiegelbildlichen Besetzung im Sinne von §42 Abs. 2 Satz 1 SächsGemO rechtswidrig war.“ (19) „Allerdings ist der Beschluss vom 03. November 2010 nicht wirksam geworden, weil die Oberbürgermeisterin ihm fristgemäß widersprochen hat.“ (21) „Vor Ablauf der Widerspruchsfrist konnte der Antragsteller auf den Bestand seiner Bestellung noch nicht vertrauen.“ (23) „Damit oblag es der Oberbürgermeisterin, die Rechtsmäßigkeit des Beschlusses vom 03. November 2010 in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang, ob sie hierbei zu einer unzutreffenden Rechtsauffassung gelangte und dem Beschluss deshalb, da sie ihn für rechtswidrig hielt, widersprach.“ (22) Und dann kommt ein bemerkenswerter Satz: „Denn dem Antragsgegner“ – gemeint sind hier die an den Entscheidungen und an der Wahl vom 24. November 2010 teilnehmenden Mitglieder des Stadtrates – „blieb es, wenn er anderer Rechtsauffassung ist, unbenommen, den Beschluss vom 3. November 2010 auf den Widerspruch der Oberbürgermeisterin zu bestätigen und damit das Verfahren nach §52 Abs. 2 Satz 5 SächsGemO zu ermöglichen.“
Vom Juristischen übersetzt soll das bedeuten: Die Stadträte hätten feststellen können, dass der Beschluss (die Wahlhandlung vom 3. November 2010 und somit auch meine Wahl in den Sozialausschuss) rechtens gewesen ist. Sie hätten deshalb den Widerspruch der Oberbürgermeisterin ablehnen können, was dann zu einer Überprüfung der Rechtsmaterie durch die Landesdirektion Sachsen als Rechtsaufsichtsbehörde nach § 52 Abs. 2 Satz 5 SächsGemO geführt hätte.
Für mich ist es schon bitter, wenn dann das OVG weiter formuliert: „Folglich ist es auch nicht willkürlich, dass der Antragsteller durch den Beschluss vom 24. November 2010 seiner am 03. November 2010 beschossenen Bestellung zum Mitglied im Sozialausschuss des Antragsgegners wieder verlustig gegangen ist.” (23) Dass der Widerruf meiner Bestellung als Mitglied im Sozialausschuss auf einem Rechtsirrtum der votierenden Mitglieder des Stadtrates beruht, ficht das OVG nicht an, übergeht es schlechterdings.
Gegen diese Entscheidungen werde ich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren klagen, das Hauptsacheverfahren weiter betreiben und, wenn ich bei den sächsischen Gerichten mein Recht nicht finde, zum Verfassungsgericht gehen. Das, so meine ich, ist meine Pflicht aus der Wahlentscheidung, die 2009 ca. 4,3 % der Chemnitzer Wählerinnen und Wähler zu Gunsten der Kandidaten der Wählervereinigung Volkssolidarität getroffen haben, womit sie mir mein Mandat und die sich hieraus ergebende Verantwortung als Mitglied des Stadtrates verliehen.