Bevor am 4. Januar das Telefon von Marina Müller klingelte, sah es für die Leiterin der Sozialstation Scheffelstraße noch nach einem eher ruhigen Jahresstart aus. Doch schon wenige Minuten später wusste sie, dass die erste Woche doch hektischer wird, als gedacht: Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) hat sich zur Regelprüfung angesagt. Im Gegensatz zu den sogenannten Anlassprüfungen, die aufgrund einer Anzeige oder einer Beschwerde durchgeführt werden, ist jede Pflegeeinrichtung einmal jährlich mit einer Regelprüfung dran. Für die Sozialstation in der Scheffelstraße beginnt diese wenige Stunden später am Morgen des 5. Januar 2012. Zwei Mitarbeiter begleiten die Prüfer des MDK, die i. d. R. Pflegeberufe erlernt haben und in diesen tätig gewesen sind, den ganzen Tag. Die Einrichtungsleiterin beantwortet Fragen zur Struktur der Sozialstation und sucht die geforderten Unterlagen heraus. Dazu gehören die Versorgungsverträge mit den Krankenkassen sowie die Pflegeverträge mit den Patienten bzw. deren Angehörigen oder gesetzlich bestellten Betreuern, aber auch Regelungen unter anderem zum Datenschutz, zur Erstellung von Kostenvoranschlägen, zur Bezugspflege sowie zum Umgang bei Notfällen, Nachweise über die Überprüfung und Anleitung der Pflegehilfskräfte durch Pflegefachkräfte, zur ständigen Erreichbarkeit (Rufbereitschaft) des Pflegedienstes, über Weitergabe von Informationen sowie über Dienstbesprechungen, die Dienstpläne der letzten drei Monate, Stellenbeschreibungen, Ausbildungsnachweise und vieles mehr. Stichprobenartig werden diese Unterlagen von einem der beiden Mitarbeiter des MDK geprüft.
Währenddessen besucht sein Kollege gemeinsam mit Pflegedienstleiterin Karin Makai und ihrer Stellvertreterin Irina Demba fünf Patienten der Sozialstation, um vor Ort die Qualität der Pflege und auch die Zufriedenheit einschätzen zu können. Zu wem gefahren wird, hat zuvor das mitgeführte Notebook des MDK bestimmt. Nach dem Zufallsprinzip wurden für jede Pflegestufe Zahlen generiert, nach dem die Kandidaten für einen Besuch „ausgezählt“ wurden. Telefonisch wurde noch das Einverständnis der Patienten oder deren gesetzlichen Vertreter erfragt. Anhand von Checklisten wird dann in den Wohnungen die Pflege und ordnungsgemäße Durchführung der vom Arzt verschriebenen Maßnahmen bis ins Detail kontrolliert. Auch die Pünktlichkeit der Pflegekräfte, die bei schlechten Witterungsverhältnissen manchmal kaum einzuhalten ist, wird überprüft. Dann wird die Pflegedienstleiterin darum gebeten, die Wohnung des Patienten zu verlassen, damit sich der Mitarbeiter des MDK in einem Vier-Augen-Gespräch noch über seine Zufriedenheit mit dem Pflegedienst informieren kann.
Zurück in der Sozialstation wird noch die Pflegedokumentation geprüft. Danach ziehen sich die beiden Prüfer des MDK zur Beratung zurück. Zum Abschluss wird ein gemeinsames Gespräch mit der Leiterin und der Pflegedienstleiterin geführt. Darin teilen die Prüfer des MDK ihren Eindruck mit, weisen auf eventuelle Mängel hin und beraten, was besser gemacht werden könnte. Dann ist der Arbeitstag auch schon vorbei.
Wenige Wochen nach der Prüfung durch den MDK erhält die Sozialstation einen Prüfbericht und eine Benotung durch den MDK. Die Kollegen können stolz sein, denn ihre Einrichtung erhielt die überaus gute Gesamtnote 1,1.
„Zufrieden zurücklehnen können wir uns jetzt aber nicht“, mahnt Marina Müller, „Den MDK haben wir für dieses Jahr zwar weg, aber es warten noch andere Prüfungen.“ In der Tat können auch andere Institutionen die Einrichtung prüfen. Dazu gehört beispielsweise das Gesundheitsamt, welches erst vergangenes Jahr das gesamte Hygienemanagement der Einrichtung geprüft hat. Oder das Eichamt, welches die Blutzucker- und Blutdruckgeräte der Sozialstation kontrollieren kann. Alle Elektronikgeräte werden zweijährlich geprüft, der Fahrstuhl vierteljährlich durch eine Fachfirma und jährlich durch den TÜV. Auch Feuerlöscher und Rauchabzug werden geprüft, Arbeits- und Brandschutzbegehungen finden zudem durch eine gebundene Firma jährlich statt. Vorgeschrieben sind diese Prüfungen alle. „Auch wenn sie meistens nicht so umfangreich wie eine Prüfung durch den MDK sind, bedürfen sie dennoch einiges an Zeit“, resümiert Marina Müller, „Prüfungsangst darf man nicht haben!“