Immer häufiger werben Hersteller von Haushaltsreinigern und Artikeln für die Körper-Hygiene mit Aufschriften wie „hygienisch sauber“ oder „keimfrei“. Doch was steckt hinter diesen Versprechen und ist der Einsatz von Desinfektionsmitteln im Haushalt überhaupt sinnvoll?
Notwendiger Einsatz in Krankenhäusern
Krankenhäuser, Arztpraxen und OP-Säle sind Orte, an denen der Einsatz von Desinfektionsmitteln dringend erforderlich ist. Bevor in der Mitte des 19. Jahrhunderts der Zusammenhang zwischen der hohen Sterberate in Krankenhäusern und der Übertragung von Erregern durch die behandelnden Ärzte erkannt wurde, konnten sich die unsichtbaren Keime ungehindert ausbreiten.
In Krankenhäusern treffen viele Erreger auf geschwächte Menschen oder könnten sich in offenen OP-Wunden nur allzu leicht einnisten. Deshalb entscheidet die Hygiene in Krankenhäusern nicht selten über Leben und Tod. Der Einsatz von Desinfektionsmitteln, mit denen nicht nur die Hände der behandelnden Angestellten, sondern auch Betten, Türgriffe und Toiletten desinfiziert werden, ist allerdings nur einer von vielen Bestandteilen eines Hygiene-Programms. Dazu gehören auch die Sterilisation von OP-Werkzeug, das Wechseln der Kleidung, Tragen von Mundschutzen, konsequentes antiseptisches Arbeiten und die Quarantäne besonders ansteckender Patienten.
Bakterien: Nicht alle sind schädlich!
Unsere Umwelt und unser Körper sind voll von verschiedenen Bakterien. Ohne sie könnten wir nicht verdauen, nicht atmen, könnte unsere Haut nicht funktionieren. Allein im menschlichen Organismus finden sich über 10.000 Milliarden Bakterien. Bakterien lassen Joghurt und Käse entstehen. Ein gesundes Immunsystem ist an diese Keime gewöhnt und kann mit ihnen umgehen – insbesondere mit den sogenannten Hauskeimen, also der besonderen Form von Bakterien, die sich in einem einzelnen Haushalt oder einer Familie herausbilden. Diese Keime können uns so gut wie nie etwas anhaben.
Training für Bazillen
Werden Desinfektionsmittel außerhalb von Krankenhäusern in Haushalten eingesetzt, besteht die Gefahr, dass die Keime durch ihren Einsatz regelrecht trainiert werden. Bakterien sind sehr anpassungsfähig. Je häufiger sie in Kontakt mit einem Desinfektionsmittel kommen, umso schneller lernen sie, sie auszutricksen. Die Folge: Die dringend benötigten Desinfektionsmittel in Krankenhäusern verlieren ihre Wirkung und die Entstehung von hochresistenten Super-Keimen wird beschleunigt.
Leeres Werbeversprechen
Die Werbung der „desinfizierenden“ Haushaltsreiniger ist ein leeres Versprechen – zum einen ist die Einwirkzeit viel zu kurz, zum anderen kann es eine keimfreie Umgebung in einem Haushalt gar nicht geben. Für die Hygiene im Haushalt sind herkömmliche Reiniger-Produkte völlig ausreichend. Achten Sie darauf, Putzlappen und Handtücher häufig zu wechseln und Mülleimer zu leeren. Auch einfache Hygiene-Regeln wie die getrennte Aufbewahrung von Fleisch, Milchprodukten und Gemüse verhindert die Ausbreitung von Keimen in Ihrer Küche wirkungsvoll. Vor allem regelmäßiges Händewaschen mit normaler Seife sorgt dafür, dass Bakterien und Co kein leichtes Spiel haben.
Gefahr für die Umwelt
Der Einsatz hochwirksamer Desinfektionsmittel ist nicht nur überflüssig, er birgt sogar Gefahren: Desinfektionsmittel können Allergien auslösen und bei Kindern schwere Vergiftungen verursachen. Außerdem geraten sie in das Trinkwasser, wo sie das empfindliche Gleichgewicht der Wasserorganismen zerstören.