„Der Schloßteich mit seinen Anlagen ist kein nutzlos verausgabtes Geld, er ist eine Schöpfung, deren sich unsere Nachkommen hoffentlich auf Jahrhunderte hinaus erfreuen werden.“
Carl Robert Zipper, Stadtrat und Vorstand des Verschönerungsvereins für Chemnitz
Unterhalb des von Lothar Supplinburg etwa um 1125 gegründeten Bergklosters zu Chemnitz breitete sich eine große Wiesenaue aus, die vom Pleißbach auf seinem Weg von der Röhrsdorfer Höhe zum Chemnitzfluß durchflossen wurde. Diesen fischreichen Bachlauf ließ der Abt Heinrich von Schleinitz 1493 anstauen, indem er einen Damm in weitem Bogen vom Klosterberg in Richtung der heutigen Hartmannstraße errichten und in dessen Wasser Karpfen einsetzen ließ. Damit war die Fischversorgung der Mönche in der Fastenzeit gesichert.
Nach der Säkularisierung des Klosters 1541 ging der Teich in das Eigentum des Amtes Chemnitz über, das ihn 1818 an den Schlossmüller Johann David Matthes verkaufte. Seitdem wechselte das Teichareal mehrfach seinen Besitzer. 1860 aber wurde es prekär. Der Gutsaufkäufer Johann Gottfried Opitz brachte das Areal am 25. April 1860 an sich, um den Teich trocken zu legen und bebauen zu lassen.
Da schellten bei dem damaligen Bürgermeister Johann Friedrich Müller die Alarmglocken. Vollengagiert erreichte er in zähen Verhandlungen mit dem Besitzer, den Stadtverordneten und dem Königlichen Finanzministerium um das Vorkaufsrecht, dass die Stadt für 19.000 Taler den Zuschlag erhielt. In dem Stadtrat Carl Robert Zipper fand die Stadt den geeigneten Mann, der das Vorhaben, ein echtes Park- und Erholungszentrum für die Bevölkerung der Industriestadt zu schaffen, konsequent in die Tat umsetzte. Später kam dann noch Gartenbaudirektor Otto Werner hinzu. Befördert wurde das Unternehmen noch besonders, als sich 1864 der Verschönerungsverein für Chemnitz seiner Verwirklichung anschloss.
Die Initiatoren entwickelten dabei nicht nur Tatkraft und gärtnerisches Geschick, sondern auch eine Weitsicht, die bis in unsere Tage reicht. Die Verdienste um die Schloßteichanlagen würdigte die Stadt 1874 mit der Widmung der Müllerstraße und 1913 mit dem vom Chemnitzer Bildhauer Bruno Spieß geschaffenen Müller-Zipper-Brunnen auf der Schloßteichinsel.
Die Umgestaltung des Areals erfolgte schrittweise. Die ersten Etappen waren: Beseitigung des Schilfes und der Binsen, Uferbefestigung, Dammerhöhung und Anlage eines Dammweges rings um das 12 Hektar große Teichterrain sowie gärtnerische Gestaltung. Aus den Erdmassen der 1867/68 vorgenommenen Entschlämmung entstand die Schloßteichinsel. Auf ihr befinden sich heute ein attraktiver, gut besuchter Kinderspielplatz und ein reich „graffitiverzierter“ Musikpavillon.
1933 erwarb die Stadt das Areal der in der Weltwirtschaftskrise in Konkurs gegangenen Sächsischen Maschinenfabrik vorm. Richard Hartmann AG. Auf diesem kontaminierten Abbruchgelände wurden im Winter 1933/34 48.000 m³ Schloßteichschlamm abgelagert, um die Vegetation zu ermöglichen. Die Herstellung der eigentlichen Parkanlage von 33.000 m² erfoderte den Aufbruch des Terrains bis in eine Tiefe von zwei Metern und die Bergung von 12.000 m³ Bruchsteinen sowie 150.000 kg Eisen und Buntmetall aus dem Erdreich.
Die neue unter der Oberbauleitung von Stadtbaurat Fred Otto im französischen Gartenstil erbaute Anlage erfuhr eine 2,5 Meter hohe Terrassierung und wurde danach gartenarchitektonisch aufbereitet. Auf dem höchsten Abschnitt entstand ein Brunnenhof mit einem 300 m² großen Becken, aus dem sich eine farbig ausgeleuchtete Wasserpyramide erhob. Der 1938 in Betrieb gegangene Springbrunnen wurde im Jahre 2001 nach historischem Vorbild restauriert. An seinem Aufgang befinden sich die berühmten Schillingschen Figuren „Vier Tageszeiten“. Im Parkabschnitt Rosengarten wurde die von dem Chemnitzer Künstler Richard Scheibe geschaffene Bronzeskulptur „Morgenröte“ aufgestellt. Nach wiederholtem Vandalismus wurde sie vorsorglich in Sicherheit gebracht und befindet sich jetzt im Bestand der Städtischen Kunstsammlungen. Heute erinnert nur noch der leere Sockel an ihren einstigen Standort. Überdies findet sich im Schloßteichterrain noch eine Postmeilen-Viertelstein-Säule mit der Jahreszahl 1723 und einem Posthorn und die von dem Chemnitzer Künstler Hanns Diettrich geschaffene Thälmann-Büste.
Um den Schloßteich auch noch zu beleben, erhielt der Rat der Stadt am 13. Juni 1863 von den Zwickauer Amtskollegen ein Paar brutfähige Schwäne „als Zeichen freundnachbarlicher Beziehungen“, die für Jahrzehnte zum Statussymbol wurden. Heute bevölkern an ihrer statt mannigfaltige Entenarten das Gewässer.
Das Schloßteich-Terrain wurde von der Bevölkerung voll angenommen. Bereits vor seiner städtischen Inbesitznahme konstituierte sich am 4. August 1840 eine „Gondel-Gesellschaft“. Kaum noch bekannt ist heute jedoch, dass am Schloßteich das erste Chemnitzer Freibad eingerichtet wurde. Das 300 m² große Becken mit einem Ein-Meter- und einem Drei-Meter-Sprungbrett wurde am 23. Juni 1875 in Betrieb genommen. Es fand außerordentlichen Zuspruch. So wurde es in den 97 Öffnungstagen des ersten Betriebsjahres von 17.499 Personen besucht. Der wachsende Zuspruch führte später zu seiner Verlegung. Ein besonderes Ereignis für den Schwimmsport im Schloßteich bildete die Ausrichtung des „I. Sächsischen Bundesschwimmfestes“ am 12. Juli 1896 vor Tausenden Zuschauern. Noch einmal kam es später zu einem bedeutenden Schwimmereignis im Schloßteich. Anlässlich eines Volksfestes zum Besten der „Chemnitzer Kinderhilfe“ am 26. August 1921 fanden ein 1.000-Meter-Wettkamp mit anschließendem Massenschwimmen statt.
Auch für die Gastronomie war gesorgt. In der Promenadenstraße Nr. 1 lag der in den 1880er Jahren entstandene „Schloßgarten“, gegenüber auf dem Schloßberg existierten das Restaurant „Schloß Miramar“, das aus der vor 1856 bestehenden Schenke „Kesselgarten“ hervorgegangen war, und das 1880 erbaute „Schloßteich-Restaurant“ und am Wasser das beliebte „Milchhäusel“. Das Schloßteichterrain gehörte zu den beliebtesten Naherholungsplätzen. Vielfältige kulturelle Straden, wie z. B. die „Petersburger Nächte“ auf dem Eis ab Februar 1901 oder die späteren Schloßteichfestwochen der Jugend, selbst Fallschirmsprünge ins Wasser und sogar eine internationale Rennbootregatta verzeichnet die Schloßteichchronik. Heute ist es vor allem die Gondelstation mit ihrem mannigfaltigen Bootsangebot.
Das Schloßteichareal wurde aber auch nicht vor harten Schlägen verschont. Am 2. Dezember 1866 ereignete sich beim Eislaufen ein schweres Unglück, bei dem neun Kinder und zwei Jugendliche den Tod fanden. Am 27. Mai 1916 richtete eine Windhose schwere Schäden am Baumbestand an. Auch die Luftangriffe 1945 hinterließen auf dem Areal ihre Spuren.
Eine Erinnerung zum Schluss: Bei der KOSMOS-Ausstellung in den nahe gelegenen Schloßteich-Messehallen im September 1971 hatten wir die wohl einmalige Gelegenheit, originales, von Volkspolizisten gut bewachtes, „Mondgestein“ zu sehen.