Am unteren Ende der abschüssigen Gleesbergstraße von Bad Schlema hält der Chemnitzer VW-Kleinbus mit dem neckischen Namen „VOSI mobil“. Kraftfahrer Sandro Pelloth hilft den acht Frauen nach Kavaliersart beim Aussteigen. Da ist es kurz vor 09.30 Uhr. Der kleine Trupp mit Jutta Lanßky an der Spitze begibt sich geradewegs zum Kurmittelhaus mit dem Gesundheitsbad „ACTINON“. Nicht zum ersten Mal. Blicke streifen die metallene Schönheit „Radonia“ am Brunnen. Dann sind die Badefreudigen im Haus. An der Kasse nehmen sie die elektronischen Schlüssel für die Umkleidespinde entgegen. Jutta, Leiterin der Wohngruppe 042 im Heckertgebiet und Markersdorf, hat 16 ihrer Mitglieder, wie immer rechtzeitig, angemeldet. Der Kleinbus ist schon wieder unterwegs, um die zweite Gruppe zu holen. Seit vier Jahren kommen die Chemnitzerinnen jeden dritten Donnerstag im Monat zum Baden hierher. Warum? Renate Triebsch bringt es auf den Punkt: „Zur Gesundheit und zum Spaß.“
Und Spaß haben die Schwimmerinnen in dem Badeparadies mit rund 650 Quadratmetern Wasserfläche innen und außen, mit Sprudeln und plötzlichen Güssen aus großen Rohren. Das warme, radonhaltige Nass reicht ihnen bis zu den Schultern oder bis zum Kinn. Alle machen mit bei der Wassergymnastik, die ein jüngerer Bademeister leitet. Nach gut zwei Stunden endet das feuchte Vergnügen, aber nicht der Ausflug. Schließlich geht es vor der Rückfahrt noch in die nahe gelegene „Thüringer Klause“ zum Mittagessen. Auch hier hat Jutta Lanßky vorsorglich Plätze bestellt.
Seit zehn Jahren leitet sie die Wohngruppe, der heute noch 63 Mitglieder angehören. Fast 90 waren es, als sie im Frühjahr 2000 bei ihnen Unterschriften für den kommunalen Erhalt der sächsischen Sparkassen gesammelt hat. Alle unterschrieben. Der Vorstand der Sparkasse Chemnitz hatte seine eben in Rente gegangene Mitarbeiterin um diese Aktivität gebeten. Juttas Vorgängerin Erna Klemz wollte, dass sie in der Wohngruppe mehr über Aufgaben und Wirken des Geldinstituts berichtet. Die so Gefragte konnte unter anderem darauf verweisen, dass sie im Auftrag ihrer Arbeitsstelle bei der Finanzierung des VITA-CENTERs mitgewirkt hat. Erna hat sie dann 2001 für die Volkssolidarität gewonnen. Ein Jahr darauf ist sie einstimmig zur Leiterin gewählt worden, da ihre Vorgängerin wegen Krankheit etwas zurückstecken musste.
Von Anfang an widmet Jutta der Arbeit im Verein einen großen Teil ihrer Freizeit, wenngleich sie für Haus und Grundstück in der Meinersdorfer Straße auch viel Kraft braucht. Gemeinsam mit Hauptkassiererin Christine Stöckel und Eleonore (Lore) Kunze hat sie unter anderem dafür gesorgt, dass sich in der Begegnungsstätte „Am Harthwald“ Frauen an einem Kreativzirkel beteiligen konnten. Auf dem Programm standen z. B. Seidenmalerei, Töpfern und die japanische Papierfaltkunst Oregami. Wer sie in ihrem Haus besucht, findet Zeugnisse solch künstlerischer Gestaltung im geschmackvoll eingerichteten Wohnzimmer. Zur Zeit nimmt sie mit einigen Frauen der Wohngruppe dienstags im Bürgertreff „bei Heckerts“ an der lockeren Handarbeitsrunde teil.
Schon länger organisiert sie mit Leitungsmitglied Brigitte Lasch jeden zweiten Donnerstag im Monat kleine Wanderungen für ihre Leute, die sich auf diese Weise fit halten wollen. Ziele waren bereits der Chemnitzer Tierpark oder das Wasserschloss Klaffenbach. Bei Reisen, welche die Wohngruppenleitung mit Hilfe des Vereins-Reisebüros am Rosenhof veranstaltet, kümmert sich Jutta besonders um die Älteren, die nicht mehr ganz so beweglich sind. Sie sorgt dafür, dass sie gute Plätze und bei Mehrtagesfahrten gute Zimmer haben. Da wurden im April das Allgäu besucht und im Mai die sächsischen Schlösser Wolkenburg und Colditz. Über all dies gestaltet sie eine Chronik mit vielen Fotos. Großen Anklang fand auch der Sommertreff Ende Juni im soziokulturellen Zentrum Scheffelstraße.
Ihren Sohn Sven hat sie ebenfalls für die „Soli“ gewonnen. Er hilft ihr beim Gestalten von Programmen und Einladungen am Computer. Wenn Mitfahrgelegenheiten gebraucht werden, springt Ehemann Siegfried mit dem Pkw ein. Er ist seit 1976 Mitglied. Tochter Ines lebt in Taupadel bei Schmölln.
Ihr eigenes Engagement sieht Jutta Lanßky so: „Als ich Rentnerin wurde, hatte ich plötzlich mehr Freizeit, die mir während meiner Arbeit in den Kreditabteilungen bei der Notenbank und bei der Sparkasse nicht gegeben war. Da habe ich gedacht, ja, die kann ich für die Volkssolidarität nutzen, als mich Erna Klemz angesprochen hat. Und ich wollte etwas für Leute tun, denen es nicht so gut geht wie mir.“ Mit dieser Haltung hat sie in ihrer Wohngruppe großen Kredit.