„Stolpersteine“ erinnern europaweit an das Schicksal von Menschen, die während des Nationalsozialismus ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Selbstmord getrieben worden sind. Am 26. Juni informierte Andreas Liese vom Bürgermeisteramt der Stadt Chemnitz im Stadtteiltreff Zöllnerstraße über das Projekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig, der auch in Chemnitz einige dieser Gedenksteine verlegt hat. Rund 20 Besucher fanden den Weg in die Einrichtung und lauschten bei Kaffee und Kuchen gespannt dem Vortrag.
Gunter Demnig konzipierte die „Stolpersteine“ 1993 und konnte bereits ein Jahr später die ersten in Köln verlegen. Inzwischen erinnern über 22.000 Gedenksteine in 530 Orten in Deutschland, den Niederlanden, in Belgien, Österreich, Polen, Tschechien, Ungarn und der Ukraine an die Opfer des Nationalsozialismus. Installiert werden sie im Bürgersteig vor den Häusern, in denen sie zuletzt gewohnt haben. Die 10 x 10 cm großen Betonsteine werden mit einer Messingplatte versehen, auf der die jeweiligen Lebensdaten eingraviert sind, und bündig in den Boden eingelassen. Vorbeigehende sollen sie sehen, im Geiste darüber stolpern und kurz innehalten.
Im November 2005 ergriff der Verein der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten Chemnitz die Initiative und wandte sich mit dem Vorschlag zur Verlegung von Stolpersteinen in Chemnitz an den damaligen Oberbürgermeister. Eine Arbeitsgruppe wurde gegründet und bereits 2007 konnten die ersten Steine eingelassen werden.
Es sei sehr wichtig, aller Opfergruppen des Faschismus zu gedenken, berichtet Andreas Liese. In Chemnitz komme daher die Verlegung der Steine einer Totenwürdigung aller Menschgruppen gleich. Er schilderte auch den Weg bis zur Verlegung eines Steines: Nachdem ein Vorschlag vorliegt, erfolgen dazu umfangreiche Recherchen durch einen Historiker. Danach erfolgt die Absprache mit dem Künstler, der die Steine anfertigt. Schließlich muss noch der Grundstückseigentümer, vor dessen Haus der Stein verlegt werden soll, informiert werden. Die Ermittlung der Verlegeorte sei dabei oft schwierig, da viele Straßen nicht mehr existieren oder einen anderen Namen tragen. Hierzu werde altes und neues Kartenmaterial verwendet.
Auf der Zöllnerstraße, gegenüber des Stadtteiltreffes, befindet sich einer der ersten Stolpersteine von Chemnitz. Darauf steht geschrieben: „Hier wohnte Max Pinkus“. Die Zöllnerstraße 6 war ein sogenanntes Judenhaus, in dem jüdische Bürger zentralisiert und für den Abtransport in die Konzentrationslager verfügbar gehalten worden sind. Das Haus war die letzte Unterrichtsstätte für jüdische Kinder in Chemnitz.
Insgesamt gibt es derzeit 66 Stolpersteine im Stadtgebiet. Allein in diesem Jahr würden noch 17 weitere Steine verlegt werden.
Anm. d. Red.: Die Wohngruppe 003 (Stadtzentrum) der Volkssolidarität Chemnitz übernahm 2007 die Patenschaft über einen Stolperstein für Arnold Winter. Dieser wurde 2008 verlegt. VS Aktuell berichtete in der Ausgabe 04/2008.