Gifte kommen überall in unserem Lebensumfeld vor, seien sie industriell erzeugt oder natürlich, wie sie beispielsweise durch Bakterien und Schimmelpilzen entstehen. Besonders die Botanik kann mit einer Vielzahl an giftigen organischen Verbindungen aufwarten. Schon die urzeitlichen Menschen wussten aufgrund fataler Erfahrungen damit umzugehen. Der „moderne“ Mensch setzt sich dagegen viel zu wenig mit den Wirkstoffen der Flora auseinander. Scheinbar kommen im Schutz der Großstadt nur wenige auf den Gedanken, sich damit beschäftigen zu wollen. Begegnungen mit Pflanzengift sind eher auf uralte Märchen und Krimischmöker zurückzuführen. Waldspaziergänger betrachten dagegen den Fingerhut lieber aus der Ferne. Auch die meisten Kleingartenbesitzer kennen Pflanzen, von denen lieber nicht „genascht“ werden sollte.
Heutzutage gibt es jedoch in den Gartencentern und über den Internethandel eine nie zuvor gekannte Vielfalt an Pflanzen. Und wie sieht das mit den Zimmerpflanzen aus, welche in jedem Supermarkt zum Mitnehmen verführen? Kinder finden oft Beeren und Samen verlockend. Vor Eibe (Taxus baccata), Stechpalme (Ilex aquifolium), Efeu (Hedera-Arten), Liguster (Ligustrum-Arten), Nachtschatten (Solanum Arten), Pfaffenhütchen (Euonymus europaea) sowie weitere im Text aufgeführte Pflanzen sollte ihnen der notwendige Respekt vermittelt werden. Nicht nur der Verzehr, sondern auch der Hautkontakt über Wunden oder das unbedachte Ablecken von Fingern nach dem Berühren von Pflanzenteilen können durchaus tödlich enden. Wild-, Garten und Zimmerpflanzen können auch für Haustiere eine Gefahrenquelle darstellen. Auch der Blick über die Zäune vieler Kleingärtner offenbart, wie sorglos mit den Händen am Grün hantiert wird. Grund genug, um einen kleinen Einblick zu den giftigsten Vertretern der heimischen Flora zu geben.
Selbst eine Pflanze mit einem geringen Giftgehalt kann einen Menschen mit entsprechender Veranlagung in Lebensgefahr bringen. Durch Schockzustände kann es zum Herz-Kreislauf-Versagen kommen. Das ist ähnlich wie bei Insektenstichen, die für die meisten Menschen lediglich mit schmerzhaften Momenten und Unwohlsein abgegolten sind. Magen- und Darmprobleme sind wohl die geringfügigsten Wirkungen, welche beim „Genuss“ entsprechender Pflanzenteile auftreten können. Durch Lähmung der Atmung könnte auch der Tod eine Folge sein. Weiterhin gibt es auch viele Sorten, welche nicht unmittelbar zum Tod führen, sondern schlimme Kontaktallergien auslösen können, wenn unbedacht mit der Hand das Grün berührt wird.
Äußerliche Symptome wie Rötungen, Blasen, Quaddeln können beispielsweise durch die phototoxische, einer Verbrennung ähnlichen, Wirkung des Bärenklau (Heracleum mantegazzianum), durch die stark allergieauslösenden Pflanzenhaare der Becherprimel (Primula obconica) oder durch den giftigen, hautreizend ätzenden Milchsaft der Wolfsmilchgewächse (Euphorbia-Arten) hervorgerufen werden.
Innerliche Symptome sind Vergiftungserscheinungen. Bei den Garten- und Wildpflanzen sollten Sie sich vor einer ganzen Reihe an Arten vorsehen. So wirken alle Bestandteile der Herbstzeitlosen (Colchicum autumnale) als Zellgift und sind für den Menschen tödlich. Der Gefleckte Schierling (Conium maculatum) gehört zu den giftigsten einheimischen Pflanzen. Sokrates wurde 399 v. Chr. mit dem Schierlingsbecher, einem Trunk aus dieser Pflanze, hingerichtet. Auch Maiglöckchen (Convallaria majalis), Eisenhut (Aconitum napellus), Christrose (Helleborus Arten), Tabak (Nicotinana tabacum), Kermesbeere (Phytolacca americana), Akelei (Aquilegia vulgaris), Ritterspron (Delphinum-Arten), Hundspetersilie (Aethusa cynapium), Schwarzes Bilsenkraut (Hyoscyamus niger), Stechapfel (Datura stramonium), Tollkirsche (Atropa bella donna), Gefleckter Aronstab (Arum maculatum), Zaunrübe (Bryonia-Arten), Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae), Kornrade (Agrostemma githago) und Schöllkraut (Chelidonium majus) sind bei uns heimisch. Von den Gehölzen sind beispielsweise Seidelbast (Daphne mezereum), Eibe (Taxus baccata), Ginster (Genista-Arten, besonders Färberginster), Goldregen (Laburnum anagryoides), Thuja occicentalis, Robinia pseudoakacia und Buxus sempervierens giftig, wie auch die Kübelpflanzen Oleander (Nerium oleander), Wunderbaum (Ricinus communis), Engelstrompete (Datura) oder Ruhmeskrone (Gloriosa superba).
Giftpflanzen sind auch in den heimischen Wänden zu finden. So werden beispielsweise der Saft der Dieffenbachia und der Wüstenrose (Adenium obesum) als Pfeilgift und das Gift aus den Knollen der Alpenveilchen (Cyclamen persicum) für den Fischfang verwendet. Bogenhanf (Sansevieria trifasciata), Feigen- und Gummibäume sind besonders für Haustiere gefährlich. Korallenbäumchen und Amaryllis sind ebenfalls giftig.
Die eben genannten Pflanzen sind durch natürliches Vorkommen, Anbau und Handel die häufigsten Vertreter in der Region. Wer für Kleinkinder oder Haustiere verantwortlich ist, sollte sich intensiver mit dem Thema beschäftigen. Übrigens, wer gar nichts mit der Botanik am „Hut“ hat, sollte trotzdem auf der „Hut“ sein. Stichwort Kartoffeln (Solanumgewächs)! Ergrünte Kartoffelteile, selbst in gebratener Form, können zum Tode führen!
Bei Verdacht auf Vergiftungserscheinen sollten Sie sofort einen Notruf absetzen. Äußern Sie sofort ihren Vergiftungsverdacht und folgen Sie den Weisungen. Nehmen Sie Kohle-Präparate ein und trinken Sie auf keinen Fall Milch. Der Fettanteil lässt die Giftstoffe nur noch besser ihre fatale Wirkung entfalten.
Mit meinem Beitrag möchte ich keinesfalls Ängste schüren, sondern vielmehr jedermann zum bedachten Umgang mit der Natur aufrufen! Es nutzt nichts, das, was zum Unheimlichen erklärt worden ist, zu verdammen oder gar ausrotten zu wollen. Bei aller Sorgfalt wird es uns doch irgendwann begegnen. Ein durch Aufklärung vernünftiger Umgang sorgt dafür, dass wir aus dem Wissen große Vorteile ziehen können. Die moderne Schulmedizin wäre ohne den jahrtausendalten Erfahrungsschatz der Naturheilkunde aufgeschmissen. Und zu oft werden natürliche Heilverfahren abgewertet, anstatt diese zumindest als wertvolle Ergänzung einzubeziehen. So können viele Pflanzengifte sogar heilend wirken, es kommt eben auf die richtige Dosis an.