Vor kurzem wurde an der Seniorenresidenz „Manufaktur Bernhard“ in der Klaffenbacher Straße eine Gedenktafel eingeweiht. Sie erinnert daran, dass unser Nationaldichter J. W. Goethe hier in Harthau die ehemals erste Baumwollmaschinenspinnerei Sachsens, die eine neue Epoche im Textilgewerbe – die maschinelle Produktion – einläutete, am 28. September 1810 besuchte. Sein Begleiter Dr. Riemer vermerkte darüber: „Köstlicher Mechanismus“. Goethe nutzte das Gesehene zu einer detaillierten Darstellung in seinem Roman „Wilhelm Meisters Wanderjahre“.
Goethe reihte sich damit unter die berühmten Besucher der Stadt Chemnitz ein, deren vollständige Aufzählung ganze Bände füllen würde. Deshalb kann im Nachfolgenden nur eine kleine Auswahl – ohne Rangordnung und Priorität – getroffen werden. Vorangestellt werden muss aber noch, dass für den Besuch nicht immer friedvolle, sondern oftmals kriegerische Absichten bestimmend waren.
Zu den sicher unwillkommenen Besuchern der Stadt gehörte im April 1509 der berüchtigte Ablasshändler Tezel, der vom Erker eines Gebäudes am Roßmarkt (heute Rosenhof) aus zu den Chemnitzern predigte und ihnen für klingende Münze ewiges Seelenheil versprach. Im Dreißigjährigen Krieg brachte der gefürchtete Feldherr Wallensteins Holck viel Leid und Schrecken über die Stadt. Vom 19. bis 23. November 1632 nahm dann Wallenstein mit seinem Stab in der Johannisgasse (Gasse vom Markt in Richtung Johanniskirche) Quartier. In einem der Häuser ließ er den Leichnam seines bei Lützen gefallenen Reitergenerals Heinrich von Pappenheim aufbahren. Im Siebenjährigen Krieg weilte vorn 17. bis 19. März 1761 eine bedeutende Persönlichkeit der deutschen Geschichte, der Preußenkönig Friedrich II., später mit dem Attribut „der Große“ versehen, im Volk aber der „alte Fritz“ genannt, in der Stadt. Er war hier zu einer Rekognoszierung des Chemnitzer Terrains und zu einer Truppenschau gekommen. Der Preußenkönig war jedoch damals bei den Einwohnern der Stadt keineswegs beliebt. Denn der preußische Staat mit seinen Truppen bildete eine schwere Bedrückung für sie. Als Feindgebiet musste Chemnitz für die Dauer des Krieges seine gesamten Steuern und noch andere Kontributionen in Höhe von 600.000 Talern an Preußen entrichten.
Die kriegerischen Ereignisse 1812/1813 führten wiederum zahlreiche Persönlichkeiten des In- und Auslandes nach Chemnitz. Einer der Ersten war Napoleon am 12. Mai 1812. Er befand sich auf dem Weg zur Eröffnung des Russlandfeldzuges. Unter Glockengeläut fuhr er von der Zwickauer Straße her durch das Nikolaitor und einem Triumphbogen zum Hauptmarkt, wo ihm die Kommunalgarde die militärische Ehrenbezeugung erwies. Die ganze Stadt war damals auf den Beinen. Doch Napoleon ließ sich von diesen Ehrerbietungen nicht beeindrucken und hielt es nicht einmal für nötig, aus seiner Kutsche auszusteigen. Nach dem Pferdewechsel fuhr er sofort mit seinem großen Gefolge und einer starken militärischen Bedeckung weiter über die Johannis und die Freiberger Straße nach Dresden. Im Verlaufe des Kriegsgeschehens traf am 3. April 1813 das preußische Hauptquartier mit dem populären Feldmarschall Blücher an der Spitze in Chemnitz ein und bezog auf dem Neumarkt Quartier. Ihm zu Ehren gab die „Casino-Gesellschaft“ einen Ball. In einer zeitgenössischen Darstellung heißt es darüber: „Das Ganze war anständig und die Gesellschaft sehr vergnügt, indem die hohen Gäste sich äußerst herablassend benahmen und von den Frauenzimmern mehrere ohne Unterschied zum Tanz aufzogen“.
Im Zusammenhang mit der Völkerschlacht bei Leipzig kamen zahlreiche bedeutende Persönlichkeiten nach Chemnitz. Am 8. Oktober 1813 kam das Hauptquartier der Verbündeten gegen Napoleon unter Führung des österreichischen Fürsten von Schwarzenberg hierher, der sich auf dem Markt einquartierte. Am 9. Oktober 1813 folgte Zar Alexander I. von Russland (daran erinnert noch heute die Alexanderstraße auf dem Sonnenberg). Am 14. Oktober 1813 bezog Kaiser Franz von Österreich in Chemnitz Quartier. Die Kunde vom Sieg der Verbündeten in der Völkerschlacht brachte Minister von Hardenberg nach Chemnitz.
In unserer Stadt fanden auch Verfolgte schützendes Obdach. Am 28. Juni 1813 fand Theodor Körner als Verwundeter bei seiner Flucht nach Karlsbad hilfreiche Unterstützung. Richard Wagner erhielt auf seiner Flucht nach dem Scheitern des Dresdner Maiaufstandes am 10. Mai 1849 tätige Hilfe. Doch Chemnitz hatte auch „unfreiwillige“ Gäste. Zu ihnen zählt August Bebel, der im Ergebnis des Chemnitzer Sozialistenprozesses von 1885 sechs Monate in der Gefangenenanstalt in der Herrenstraße am Roten Turm verbringen musste. Am 20. August 1876 erwiesen der Rat der Stadt und die Stadtverordnetenversammlung Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke, der mit dem Großen Hauptquartier in Chemnitz eingetroffen war, als dem „Helden des deutsch-französischen Krieges von 1870/71“ mit einem Festessen im Gesellschaftshaus der „Casino-Gesellschaft“ ihre „untertängste Ehre“. Am 22. Juni 1899 wurde sein Denkmal vor dem Rathaus enthüllt.
In der Schar der illustren Gäste sollen noch zwei ungewöhnliche ihren Platz haben. Am 21. September 1911 weilte der berühmte amerikanische Erfinder Edison mit seiner Familie in der Stadt und nahm in „Hartensteins Weinstuben“, Bretgasse 2, das Mittagsmahl ein. Am 30. Oktober 1930 wohnte der bekannte und beliebte Tiroler Bergsteiger Louis Trenker in den „Regina-Lichtspielen“, Lohstraße der Uraufführung seines Filmes „Sohn der weißen Berge teil“.
Gäste von Weltgeltung waren die erste Frau im Weltraum, Valentina Tereschkowa, und der erste Deutsche im Kosmos, Sigmund Jähn. Für die Zäsur der politischen Wende 1989/90 sollen abschließend die Namen Bundeskanzler Helmut Kohl und der seinerzeitige SPD-Parteivorsitzende Willy Brandt genannt sein.