Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Freunde der Volkssolidarität,
sehr geehrte Damen und Herren,
„Studie: Betrug und Korruption bei Pflege an der Tagesordnung“ – in fetten Lettern prangte diese Überschrift am 14. August auf der Titelseite einer regionalen Tageszeitung und stellte eine ganze Branche unter Generalverdacht. Der Beitrag und vor allem der Leitartikel wenige Seiten später hinterließen bei mir den Eindruck, dass Pflegeheime aufgrund der Profitgier der Betreiber nur Verwahranstalten wären. Anlass für den Beitrag ist eine Studie unter dem etwas reißerischen Titel „Transparenzmängel, Betrug und Korruption im Bereich der Pflege und Betreuung“ von Transparancy International Deutschland gewesen, die am Vortag in Berlin veröffentlicht wurde.
Bei der Lektüre dieser Studie offenbarte sich für mich jedoch ein völlig anderer Eindruck. Denn diese zählt nicht massenweise Vergehen im Bereich der Pflege auf, sondern beschreibt vielmehr die durchaus komplizierten und schwer durchschaubaren Rahmenbedingungen, die Betrug und Korruption erst ermöglichen. Sie weist Lücken in Gesetzen, Vorschriften und im Kontrollsystem der Pflegekassen und des Staates auf, die für Betrug und Korruption genutzt werden könnten und von einigen auch genutzt werden. Dafür bringen die Autoren einzelne Beispiele, die sie zumeist aus Zeitungen, Zeitschriften und dem Fernsehen entnommen haben. Doch sie stellen nicht wie die Zeitung mit ihrer Überschrift eine ganze Branche unter Generalverdacht. Darauf hinzuweisen, dass es Möglichkeiten für Betrug und Korruption gibt, bedeutet noch lange nicht, dass die Mehrheit der an der Pflege beteiligten Institutionen und Menschen korrupt ist.
Nur gut für uns, dass die Tageszeitung genau diese Stelle aus der Studie zitiert, in der erwähnt wird, dass gemeinnützige Träger wie wir keine Gewinne machen dürfen. Damit sind wir wenigstens vom Vorwurf der Profitgier ein wenig reingewaschen. Dennoch ist der Spagat zwischen den gesetzlich festgeschriebenen Rahmenbedingungen und einer menschenwürdigen Pflege bei den begrenzten finanziellen Mitteln, die von den Pflegekassen zur Verfügung gestellt werden, auch für einen gemeinnützigen Träger nicht immer einfach zu halten. Es ist an der Zeit, dass die monatlichen Zuzahlungen auch im Bereich der Pflegestufen 1 und 2 dementsprechend erhöht werden, wie das bereits vor einigen Jahren bei der Pflegestufe 3 erfolgte.
Der Zeitungsbeitrag hat bei unseren Mitarbeitern in der Pflege, bei den von ihnen gepflegten Menschen und bei ihren Angehörigen für viel Verunsicherung gesorgt. Wie können wir jungen Menschen nach der Lektüre eines solchen Artikels noch für einen Beruf in der Pflege gewinnen? Sie wollen sicherlich nicht ein Rädchen in einer Gelddruckmaschine namens Pflegeheim sein. Doch die Medien wecken in den letzten Jahren durch ihren Fokus auf sogenannte Pflegeskandale immer mehr diesen falschen Eindruck, der für die meisten Pflegeeinrichtungen in unserem Land nicht gerechtfertigt ist. Aus wenigen schwarzen Schafen wird in den Augen der Presse eine ganze Herde.
Mit viel Engagement und Liebe gehen unsere Pflegekräfte ihrer körperlich schweren und auch geistig fordernden Arbeit nach, um den von ihnen betreuten Menschen einen würdevollen Lebensabend zu ermöglichen. Im Namen des Vorstandes möchte ich mich bei ihnen dafür herzlichst bedanken.
Andreas Lasseck
Vorsitzender
VOLKSSOLIDARITÄT Stadtverband Chemnitz e. V.