Zu den Winterfreuden zählt auch das Eislaufen. Jung und Alt tummeln sich dann auf den zugefrorenen Gewässern und erfreuen sich der witterungsbedingten Sportart. Doch dabei gilt es, sich unbedingt an die gebotenen Sicherheitsvorschriften zu halten, sonst kann es zu schrecklichen Unglücksfällen kommen. Ein tragisches Beispiel dafür liefert die Geschichte unserer Stadt vor fast anderthalb Jahrhunderten. ?
Der 2. Dezember 1866 war ein strahlender Wintertag, der direkt zum Eislauf lockte. Deshalb fanden sich bereits in den Vormittagsstunden zahlreiche Chemnitzer an der Eisbahn am Schloßteich ein. Doch das Eis hatte erst eine Dicke von 2,5 Zoll (6,35 cm) erreicht und war damit noch nicht tragfähig, so dass die Eisbahn auf dem Schloßteich noch nicht freigegeben werden konnte. Deshalb ließ der Schloßteichpächter Fromhold die entsprechenden Verbotstafeln aufstellen und die Einhaltung des Verbots durch seine Mitarbeiter überwachen. Doch sie konnten gegen die eislaufbegierige Menschenmenge nichts ausrichten. Diese setzte sich ganz einfach über das Verbot hinweg. Und so befanden sich nach der amtlichen Darstellung des Königlichen Gerichtsamtes Chemnitz vom 3. Dezember 1866 gegen 14 Uhr etwa 1.000 Menschen auf dem Eis des Schloßteichs. ?
Um diese Zeit hatte sich ein Jugendlicher an eine Stelle in der Nähe des Anlegeplatzes der Gondelgesellschaft herangewagt, die aber noch eisfrei war, da unter ihr der Pleißbach floss. Hier waren bereits am 15. Dezember 1817 zwei Lyceumsschüler eingebrochen und ertrunken. Auch dieses Mal verpasste der Jugendliche den Halt und stürzte in das Eisloch. Vier seiner Kameraden bildeten sofort eine Kette und zogen ihn so aufs Land. ?
Nun erst nahm das tragische Geschick seinen Lauf. Der Vorfall war von vielen Schlittschuhläufern bemerkt worden, und so fuhren sie aus purer Neugier zum Ort des Geschehens. Das führte jedoch zu einer Überlastung der noch zu schwachen Eisdecke. Sie brach unter dem Gewicht der Menge ein und 32 Personen stürzten in das eiskalte Wasser, gerieten dabei sogar unter das Eis. Angst- und Hilfeschreie gellten. Eilends kamen Spaziergänger mit Stangen und Leitern zu Hilfe. Einen beispielhaften Einsatz leistete bei der Rettung der Eingebrochenen die Schloßchemnitzer Feuerwehr. Dadurch wurden 21 Personen dem nassen Tod entrissen und von Ärzten wiederbelebt. ?
Für elf Menschen aber kam jede Hilfe zu spät. Sie konnten nur noch tot geborgen werden. Es waren neun Kinder zwischen 11 und 15 Jahren und zwei Jugendliche, 19 und 20 Jahre alt. Einer von beiden war auch derjenige, der beim ersten Eiseinbruch von seinen Kameraden geborgen worden war und sich danach selbstlos bei der Rettung der anderen beteiligte. Seinen Einsatz bezahlte er mit dem Leben. ?
Makaber aber war damals, dass nach dem schrecklichen Unglück Hunderte unbewegt ihren Schlittschuhlauf fortsetzten und erst durch die Feuerwehr – widerstrebend und unter Beschimpfungen der Rettungskräfte – zum Verlassen der unsicheren Eisfläche des Schloßteichs gezwungen werden mussten.