Anlässlich des Weltalzheimertages lud das Sozialamt Chemnitz am 21. September in das Clubkino Siegmar ein. Im Mittelpunkt standen drei kurze Filme von drei Seniorinnen. Gisela Betschneider (76), Helga Schubert (69) und Christa Görner (76) sind oft im Stadtteiltreff Regensburger Straße anzutreffen. Für die VS Aktuell standen die Mitglieder der Volkssolidarität dort Rede und Antwort. Das Interview führte Stephan Ullrich.
Wie sind Sie zum Film gekommen?
Christa Görner: Die Idee stammt nicht von uns, sondern von Grit Heinig vom Sozialamt Chemnitz. Sie hat bei der Volkssolidarität angefragt, ob einige Senioren Einrichtungen für an Demenz erkrankte Menschen filmisch näher vorstellen könnten. Sylvia Oschätzchen, die Leiterin unseres Stadtteiltreffs, kam auf uns zu und fragte, ob wir dabei mitmachen möchten. Und da uns das Thema am Herzen liegt, haben wir zugesagt.
Hatten Sie bereits im Vorfeld Beziehungen zum Thema Demenz?
Christa Görner: Zwangsweise, man wird ja älter.
Gisela Bretschneider: Ich habe das Thema lange Zeit von mir geschoben. Als eine Freundin von mir an Demenz erkrankte, war das nicht nur ein tiefer Einschnitt in die Freundschaft, sondern ich habe mich dann mit der Krankheit näher beschäftigt. Zum Glück ist Demenz mittlerweile ein öffentliches Thema, über welches viel berichtet wird.
Christa Görner: Als ich über das Schicksal von Walter Jens gelesen hatte, wurde mir bewusst, dass es jeden treffen kann. Obwohl er ein geistig stark beschäftigter Mensch gewesen ist, erkrankte er an Demenz. Ich habe seitdem viele Filme dazu gesehen, das Thema interessiert mich sehr. Man macht sich ja selbst Gedanken, was einmal aus einem wird. Wir haben bei den Dreharbeiten auch einen Menschen kennengelernt, der an Demenz leidet und noch unter 40 ist.
Helga Schuster: Ich hatte den ersten Kontakt zu diesem Thema, während ich bei einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme in der Geriatrie des Städtischen Klinikums als Patientenbetreuerin tätig war. Durch die Arbeit habe ich erkannt, dass oft falsche Vorstellungen im Umgang mit den erkrankten Menschen bestehen.
Sie haben für die Filme drei Einrichtungen, die an Demenz erkrankte Menschen betreuen, besucht. Wie ist es Ihnen dort ergangen?
Gisela Bretschneider: Trotz des ernsten Themas hatten wir bei den Dreharbeiten viel Spaß. Beim Umgang mit der Technik hat uns Norma Kux vom SAEK – manchmal mit viel Geduld – über die Schulter geschaut und bspw. wertvolle Hinweise zu verschiedenen Lichtverhältnissen gegeben. Grit Heinig vom Sozialamt war auch immer dabei und sehr einfühlsam.
Christa Görner: Wir haben auch mit den Leitern der Einrichtungen gesprochen. Diese Vorgespräche haben wir aber nicht aufgenommen. Im Pflegeheim des ASB haben wir einen Bewohner interviewt, der seine an Demenz erkrankte und mittlerweile verstorbene Frau begleitet hat, in der Wohngemeinschaft von Advita haben wir mit drei Angehörigen gesprochen und in der SenVital Seniorenresidenz mit einer Alltagsbegleiterin. Dabei stand jede von uns einmal als Kamerafrau und Regisseurin hinter und einmal als Interviewerin vor der Kamera.
Haben Sie mit den Menschen gesprochen, die von den Einrichtungen betreut werden?
Helga Schuster: Natürlich. Mit der ganzen Drehtechnik haben wir für Aufsehen gesorgt und die Bewohner haben sich für unsere Arbeit interessiert. Aber wir haben sie nicht aufgenommen.
Christa Görner: Wir haben in jeder Einrichtung viel gefilmt. Vieles musste wieder raus, damit die Filme nicht zu lang werden. Den Feinschliff hat dann Norma Kux übernommen. Im SenVital haben wir mit viel Aufwand die beiden Fahrstühle gefilmt, damit der wunderbare Charakter des ehemaligen Hotels besser herüberkommt. Im Film haben wir diese Szene dann vermisst, jedoch im Abspann als Hintergrund wiedergefunden. Das ist eben so beim Film …
Was nehmen Sie aus dem Filmprojekt mit?
Christa Görner: Wir waren alle drei begeistert dabei, haben es gerne gemacht und dabei viel gelernt! Unsere Psyche war dabei manchmal sehr stark belastet. Wir haben unter diesem Thema auch gelitten.
Gisela Bretschneider: Menschen zu sehen, die dasitzen wie kleine Kinder – da bekomme ich immer noch Gänsehaut. Es macht mich traurig, wenn vor allem jüngere Menschen ohne Wissen darüber so lapidar sprechen.
Helga Schuster: Oft ist es ihnen gar nicht bewusst, wenn sie im Spaß „Du hast wohl Alzheimer?“sagen.
Gisela Bretschneider: Wir haben aber auch gesehen, wie eine Betreuerin durch Gespräche oder einer gemeinsamen Beschäftigung, wie das Backen, die erkrankten Menschen einbezogen hat.
Helga Schuster: Und waren beeindruckt, wie glücklich sie sein können.
Wie haben Sie die Premiere im Kino erlebt?
Gisela Bretschneider: Wir sind nur zu zweit dort gewesen, Christa war im Urlaub. Zu Beginn wurde ein kleines Interview mit uns geführt. Mit diesem und mit unseren drei Filmen haben wir glaub ich die Veranstaltung ganz schön aufgelockert.
Gibt es schon Vorstellungen für ein weiteres Filmprojekt?
Helga Schuster: Nicht direkt. Aber wir haben festgestellt, dass man vielleicht etwas zu Kindergärten machen könnte, so aus Sicht der Omas.
Wo und wann kann man den Film sehen?
Gisela Bretschneider: Wir haben DVDs vom Sozialamt bekommen. Sicherlich wird eine davon im Stadtteiltreff bleiben und wer möchte, kann sich dort den Film sicherlich anschauen.
Was machen Sie, wenn Sie gerade einmal nicht im Filmgeschäft tätig sind?
Christa Görner: Sport, Konzerte und Theater – das Alter so lange es geht in vollen Zügen genießen. Und wir sind Omas, die sich um ihre Enkel kümmern.
Sylvia Oschätzchen: Oft sind sie hier im Stadtteiltreff anzutreffen. Gisela Bretschneider leitet ehrenamtlich eine Sportgruppe. Helga Schuster ist Verantwortliche für Kultur in der Wohngruppe 018 und leitet die Holzwerkstatt. Und Christa Görner unterstützt mich beim Ausfüllen der Namen auf den Speiseplänen und hilft mir bei Veranstaltungen. Was wären wir ohne Ehrenamt?!
Danke für das interessante Gespräch!