Wein, Weib und Gesang sind Trumpf an einem der letzten Oktobernachmittage im Bürgertreff „bei Heckerts“. Zum fröhlichen Herbst- und Weinfest haben sich mehr als 40 Mitglieder der Wohngruppen 072 und 073 in dem „Würfel“ zwischen Faleska-Meinig- und Wilhelm-Firl-Straße eingefunden – Frauen in der Überzahl. In leuchtend orangefarbener Bluse stellt Dr. Monika Mozes, Leiterin der 072 seit 2006 und Weinkönigin für ein paar Stunden, köstliche Rebensäfte aus Ungarn vor. Dabei erwähnt die studierte Pädagogin, dass das Donauland auf einer Fläche von 80.000 Hektar Wein anbaut, dass es mehr als 8.000 Rebsorten auf der Welt gibt und dass selbst Papst Pius begeistert vom Ungarwein gewesen ist. Ebenso begeistert vom Grünen Veltliner, Egri Bikaver, Muskat Ottonel und Tokaj Szamorodni singen die fröhlichen Probierer/innen zwischendurch vom Muskateller, der ausgetrunken sein muss und vom Schatz, dessen rote Wängelein röter als der Wein sind. Sie genießen die von Monikas Sohn Jan eingespielte, zum Wein passende Musik sowie die auf der Filmwand des Hauses gezeigten ungarischen Städte- und Naturlandschaften. Am Ende lauten ihre Urteile: „Gut gelungen, Spitze, wunderbar!“
Genau das ist es, was Monika Mozes in ihrem Wirken für die Soli, der sie seit 1974 angehört, bewegt. „Der Kontakt mit vielen Menschen macht mir Spaß“, bekennt sie und, „ich habe Freude daran, wenn sich andere über das freuen, was wir anbieten und was wir erreichen.“ Zu dem „wir“ gehören die drei weiteren Leitungsmitglieder der Wohngruppe, mit denen sie einen engen, fast familiären Kontakt pflegt. Dann auch noch eine Revisorin und elf Volkshelfer. „Wir sind eine dufte Truppe“, bestätigt Annelies Mager, die für Kultur und für die „Geburtstage des Monats“ zuständig ist. Zum Weinfest hatte sie entsprechende Gedichte, Lieder und Trinksprüche ausgewählt. „Das Miteinander in unserer Leitung macht Spaß, und Monika lenkt das“, schätzt sie ein. „Immer kommt sie mit klaren Vorstellungen zu unseren Beratungen, berücksichtigt jedoch stets die Gedanken von uns anderen.“ Ihre Stärke liege darin, Menschen für etwas zu aktivieren. Das könne Kuchenbacken sein, wie Anfang September zum Stadtteilfest am Boulevard Faleska-Meinig-Straße, das großen Anklang fand. Die Leitungsmitglieder haben den Kuchen dann im „Café Volkssolidarität“ ausgegeben. Monika gewinnt auch Leute für verschiedene Vorträge, für Basteln von Adventsgestecken und Weihnachtspäckchenpacken für hilfsbedürftige Kinder in Rumänien.
Zum „wir“ muss aber auch das enge Zusammenspiel von Mutter und Sohn gezählt werden. Beide verstehen sich ohne viel Worte. Mal hat sie eine Idee, mal er. Und dann helfen sie einander beim Umsetzen. So bei vielen Veranstaltungen und Begegnungen der Soli oder der Bürgerinitiative Morgenleite/Markersdorf-Nord. Die Anregung zur Gründung der Bürgerinitiative kam im Spätsommer vor zehn Jahren von Monika. „Ich habe immer gewollt, dass auch in unserem Wohngebiet Bürger etwas für Bürger tun“, bemerkt sie dazu. Jeden zweiten Donnerstag im Monat beraten die Mitglieder der Initiative ihre nächsten Aufgaben im „Würfel“, der seit März 2011 Treffpunkt für Bewohner der Umgebung ist. Hier finden seitdem Spielenachmittage, Autorenlesungen, Handarbeitsvormittage, Kaffeeklatsch, gemeinsames Kochen, Weihnachtsfeiern, Sonntags-Brunch und vieles mehr statt. Monika selbst bietet seit Anfang 2012 eine gut besuchte Vortrags- und Gesprächsreihe über Chemnitz vom Mittelalter bis zur Gegenwart an.
Von Beginn an wurde der Begegnungsort für die Wohngruppen der Volkssolidarität offen gehalten, wie die Leiterin der 072 feststellt. Und die nutzen ihn regelmäßig. Die Belange der Gruppen und der Senioren überhaupt vertritt Monika im Bürgernetzwerk Chemnitz Süd. Das will das Leben der Einwohner erleichtern, sei es mit einer günstigen Parkplatz-Zufahrt für Behinderte, zusätzlichen Fahrradständern an einem Museum oder anderen Projekten.
Das Kümmern um Mitmenschen ist ein Wesenszug von Monika Mozes. Der wurde bereits in ihrer Kindheit in Limbach ausgeprägt, wo sie vor allem bei den Großeltern mütterlicherseits aufgewachsen ist. Vater Gothart war aus dem 2. Weltkrieg nicht zurückgekommen. Mutter Lisa musste als Verkäuferin für den Unterhalt sorgen. Das kleine Mädel erlebte, wie sich Opa Johannes nach Kriegsende im Wohnungsausschuss des Ortes für die Unterbringung von Umsiedlern, die alles verloren hatten, einsetzte. Und Oma Martha wirkte hilfreich im Frauenausschuss der Kleinstadt. Später, von Berufs wegen, engagierte sich Monika als Lehrerin und als Pionierleiterin im mecklenburgischen Strasburg und in Karl-Marx-Stadt für Kinder und Jugendliche. Nach der politischen Wende unterrichtete sie bis zur Rente Aussiedler in der Chemnitzer Erwachsenenbildung.
Wollte man heute ihren (Un-)Ruhestand charakterisieren, müsste man sagen, die Frau ist das Ehrenamt an sich.