Jeden zweiten Dienstagnachmittag im Monat verwandeln ein paar Leute den Saal des Stadtteiltreffs Regensburger Straße in ihre Werkstatt – die „Holzwerkstatt“. Rhythmisch schnarren Laubsägen, von Männerhänden durch Sperrholz geführt. Ausgesägtes wird von Frauen mit geschickten Fingern in verschiedenen Farben bemalt. Dazu gibt es leise, angenehme Musik. Ab und zu fallen ein paar Bemerkungen, Scherze, Hinweise. Nach gut zwei Stunden sind wieder ein Sterntalermädchen, Sonnengesichter, ein auf dem Mond schlafendes Baby oder ein kecker Fußballjunge und ein Osterhase fertig. „Das machen wir alles für die Begrüßung der Neugeborenen in Familien von Mitarbeitern unseres Stadtverbandes und auch über seine Grenzen hinaus“, sagt Helga Schuster, die den Zirkel seit September 2012 leitet. Der vorherige Leiter, Wolfgang Krüger, hatte die Funktion aufgegeben, um seine kranke Frau zu pflegen. Aber alle Teilnehmer wollten, dass der gemeinsame Spaß weitergeht. Darum übernahm Helga, die seit 2011 dabei ist, die organisatorisch-leitenden Aufgaben. Sie besorgt das Material aus Baumärkten und Bastelläden, hat auch öfter mal eine Idee für neue Vorlagen zu verschiedenen Figuren und wird tatkräftig unterstützt von ihrem Mann Rainer. „Der hat schon immer gerne gewerkelt“, bemerkt sie dazu, “wie übrigens die anderen auch.“
Froh darüber, dass die „Holzwerkstatt“ weiterläuft, ist die Leiterin des Stadtteiltreffs, Sylvia Oschätzchen. „Der Zirkel gehört zu unseren aktivierenden Angeboten und ist gut für die Mobilität“, sagt sie. „Schön, dass die Schusters ihn weiterführen. Wir wünschen uns nur, dass noch mehr dabei mitmachen.“ Einig ist sie sich mit der Gruppe, dass die ihr Wirken und die Ergebnisse auch am Tag der offenen Tür, dem Internationalen Kindertag, vorstellt. Die Zirkelleiterin will dabei Mädchen und Jungen die Möglichkeit bieten, sich beim Bemalen der Figuren auszuprobieren.
„Andere einbeziehen, zum Mitmachen animieren, das ist es, was Frau Schuster charakterisiert“, schätzt Regina Wieland, Leiterin der Wohngruppe 018, zu der fast alle „Holzwürmer“ gehören, ein. Helga sei ein fröhlicher Mensch, für vieles offen. Sie sei eine Stimmungsmacherin und habe zu den Mitgliedern der Wohngruppe einen guten Kontakt.
Durch die ältere Schwester Erika Beyer ist sie gegen Ende 2009 zur Volkssolidarität gekommen. Aufgrund ihres Wesens und ihrer vielseitigen Interessiertheit wurde sie dann 2011 auf der Jahreshauptversammlung in die Leitung der Wohngruppe, die über 100 Mitglieder zählt, gewählt. Verantwortlich für Kultur, hat sie seither Verschiedenes organisiert, so einen Vortrag und Vorführungen mit einem „Retter auf vier Pfoten“ von einer Mitarbeiterin der Hundestaffel der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft. Einen Chemnitzer Kriminalisten gewann sie für ein Gespräch zum Verhalten gegenüber Trickbetrügern. Mit dem stellvertretenden Leiter der Wohngruppe, Werner Vogel, organisierte sie für noch rüstige Gruppenmitglieder eine Wanderung von den Felsendomen Rabenstein nach Grüna. Für den Jahresplan 2014 hatte sie die Idee, eine Frau aus einer Selbsthilfegruppe einzuladen, die zum Thema Demenzprävention etwas berichten kann. Dabei soll dann auch der Kurzfilm gezeigt werden, den sie mit Gisela Bretschneider und Christa Görner aus der 018 und mit technischer Hilfe von Norma Kux (Filmwerkstatt/siehe Heft 4/2013) im Auftrage des Sozialamtes fertigte. Der Streifen hatte vergangenen September im Klubkino Siegmar Premiere. Zwar waren die Arbeit mit der Kamera und die Interviews anstrengend. Trotzdem wäre Helga Schuster, gewiss auch die beiden anderen Frauen, bereit, bei einem neuen Filmprojekt mitzumachen.
Diese Flexibilität gehört schon immer zum Leben der Chemnitzerin. So hat sie sich seit ihrer Jugend in verschiedenen Berufen ausprobiert. Zuerst wurde sie Weberin in der hiesigen Möbelstoff- und Plüschweberei. Später qualifizierte sie sich zur Handelskauffrau, arbeitete dann auch als Sekretärin im Kesselbau bis Ende 1996. Sie war Verkäuferin, übernahm eine ABM als Patientenbetreuerin in der Geriatrie des Städtischen Klinikums und half vor sieben Jahren ihrem Schwiegersohn Duong Nguyen die Gaststätte „Spaten“ am Harthweg aufzubauen. Fit hält sie sich bei der Sportgruppe in der Regensburger Straße und beim Schwimmen im Gablenzer Bad. Helgas ganze Liebe gilt der großen Familie einschließlich Leonberger-Hündin Dana. Mit ihrem Mann wohnt sie im Haus von Tochter Uta und Duong am Weißen Weg, und im Grundstück gibt es ständig genug zu tun. Seit 2008 Rentnerin, sagt sie von sich: „Ich bin kein Typ fürs Zuhause-Sitzen. Ich muss immer etwas unternehmen, ständig unter Menschen sein. Ich will andere mitziehen.“