Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Freunde der Volkssolidarität,
70 Jahre ist die Volkssolidarität geworden, 25 Jahre unser Stadtverband. Ein Familienfest im Tierpark, ein thematisch passendes „Buntes Herbstlaub“, die Dankeschön-Veranstaltungen im Silbersaal, die LichtNacht Chemnitz und zahlreiche weitere Veranstaltungen unserer Wohngruppen und unserer Einrichtungen – wir haben die beiden Jubiläen gut genutzt, um das Ansinnen unseres Verbandes in die Öffentlichkeit zu tragen. Es waren bewegende Momente, die wir erleben konnten.
Besonders bewegt hat mich jedoch ein Ereignis, welches so nicht geplant war: Am 17. Oktober, dem Gründungstag der Volkssolidarität, waren wir auf dem Heimweg von einer wunderbaren Festveranstaltung des Bundesverbandes in Erfurt, als wir einen Anruf von unserem Fachgebietsleiter Mahlzeitenversorgung Martin Spur erhielten. Er teilte uns mit, dass in wenigen Stunden mehrere Busse im Adelbert-Stifter-Weg ankommen werden, etwa 300 Flüchtlinge an Bord.
Wenige Tage zuvor hatten wir der Landesdirektion zugesagt, die Betreuung von asylsuchenden Menschen in einem Großraumzelt auf dem Gelände der Ersteinnahmeeinrichtung zu übernehmen. Als Beginn wurde der 23. Oktober anvisiert, es waren ja noch viele Vorbereitungen zu treffen.
Doch das Leben hält sich nicht an Vereinbarungen. Jeden Tag kommen Flüchtlinge an der deutschen Grenze an, mehr als zunächst erwartet. Sie müssen versorgt werden und so mussten wir unsere Einrichtung auf dem Adelbert-Stifter-Weg fast eine Woche eher als geplant für die Menschen öffnen.
Da standen wir nun an einem Samstagabend vor einem großen und zwei kleinen Zelten, allesamt noch ohne Innenwände, und sehr vielen Liegen. Uns fehlten vor allem Sitzgelegenheiten für die Flüchtlinge, Hygieneartikel, darunter Windeln für die Babys, und sogar die Verpflegung, da unsere Zentralküche am Wochenende einfach nicht genug Lebensmittel auf Lager hatte. Was wir jedoch am dringendsten benötigten, waren Mitarbeiter und Helfer, die sich um die Flüchtlinge kümmern. Kurzerhand wurden die Telefone in die Hand genommen. Ein Partner fand sich, der Essen liefern konnte. Baumärkte signalisierten, dass noch Biertischgarnituren vorrätig seien. Viele Kollegen kamen vorbei und halfen uneigennützig, trotz Wochenende. Sogar eine Familienfeier wurde abgebrochen und die Gäste packten kurzerhand mit an. Schichten wurden organisiert, Essen ausgegeben, für Sicherheit gesorgt (es war noch kein Wachschutz da). Viele halfen auch „hinter den Kulissen“, telefonierten und stellten Kontakte her.
Wir trauten unseren Augen nicht. Hatten wir doch Tag für Tag in der Presse lesen und in Funk und Fernsehen hören können, wie ablehnend viele unserer Mitmenschen gegenüber Flüchtlingen sind. Die Welle der Hilfsbereitschaft war überwältigend. Sie zeigte uns, dass die Bürger, die gegen asylsuchende Menschen auf die Straße gehen, zwar zahlreich, dennoch nur eine Minderheit sind.
Ich bedanke mich an dieser Stelle insbesondere bei den Kollegen und Helfern, die uns in dieser schwierigen Situation unterstützten, ganz herzlich. Sie haben die Solidarität gezeigt, die unseren Verband besonders macht. Und das zufällig am Jahrestag der Gründung der Volkssolidarität.
Liebe Leser, ich danke Ihnen für das Jahr 2015, in dem wir wieder gemeinsam vielen Menschen, die unserer Unterstützung bedürfen, helfen konnten. Ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr!