Mit der Erteilung des Bleichprivilegs 1357 entwickelte sich Chemnitz zur bedeutenden Textilstadt, denn nur gebleichtes Leinen darf exportiert werden.
Im 15. Jahrhundert wurde durch Funde von Silbererz im Erzgebirge die Stadt zu einem Ort der Erzverwertung und der Metallverarbeitung.
Ende des 18. Jahrhunderts entstanden durch Wasserkraft angetriebene Spinnmühlen, wie bspw. die Spinnerei der Brüder Bernhardt. In dieser wurde in Deutschland das erste Mal fabrikmäßig gesponnen – somit kann gesagt werden, dass in Chemnitz die technische Revolution für Deutschland begann.
Der Zeugschmied Richard Hartmann kam 1832 aus dem Elsass nach Chemnitz und gründete fünf Jahre später seine eigene Firma und stieg zum erfolgreichsten Unternehmer Sachsens auf. In seiner Firma wurde außer Flugzeugen und Schiffen fast alles produziert.
Deutschlands erste Werkzeugmaschinenfabrik gründete der ungarische Schmiedegeselle Johann Zimmermann. Für seine Erfindungen wurde er von der Kaiserin Maria-Theresia in den Adelsstand erhoben.
Im Jahr 1883 überschritt Chemnitz erstmalig die Grenze von 100.000 Einwohnern. Nur 18 Jahre später, im Jahr 1901, hatte sich diese Zahl verdoppelt. Zur Weihe des Neuen Rathauses 1911 lebten in der Stadt über 300.000 Menschen. Mit der Bevölkerungsexplosion sprudelten die Einnahmen des Stadtkämmerers und die Stadt stand im Vergleich mit anderen Städten in Deutschland an achter Stelle. Chemnitz wurde immer als „Rußchemnitz“ bezeichnet, die überlieferte Bezeichnung „sächsisches Manchester“ ist die treffendere Bezeichnung.
Die Chemnitzer Kunsthütte suchte für ihre fünf Sammlungen, welche an verschiedenen Standorten der Stadt untergebracht waren, neue Ausstellungsräume. Zu Ehren des 25-jährigen Regierungsjubiläums von König Albert sollte ein Museum mit seinem Namen eröffnet werden. Man hatte allerdings nicht mit Protesten der Hausbesitzer am Neustädter Markt gerechnet und somit verzögerte sich der Baubeginn. Erst im Jahr 1906 konnte mit dem Bau des Museums begonnen werden.
Mit der Umgestaltung des Neustädter Marktes zum Königsplatz, der Einweihung des Neuen Stadttheaters und der Eröffnung des König-Albert-Museums 1909 hatten Kunst und Kultur einen festen Platz in Chemnitz. Im Neuen Stadttheater, das ab 1928 zum Opernhaus wurde, begann 1912 die Ära Tauber. Als Generalintendant erlebte er die erfolgreichsten Jahre und inszenierte 1914 als sächsische Erstaufführung Wagners Parsifal. Mit Stolz bezeichnete man Chemnitz als das sächsische Bayreuth. Richard Tauber Junior gab 1913 am Königsplatz sein Debüt als Opernsänger.
Krönender Abschluss bei der Gestaltung des Königsplatzes war die Aufstellung der Figurengruppe „Die vier Tageszeiten“ von Professor Johannes Schilling. Die Sandsteinfiguren waren ein Geschenk des letzten Königs von Sachsen, Friedrich August dem Dritten. Dresden besitzt Bronzeabgüsse, Chemnitz hat die Originale.
Mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges war es mit der Blütezeit der Stadt vorbei. Die Investitionen gingen zurück, die Stadt musste sparen und die Bevölkerung geriet mehr und mehr in Not. Die von vielen zitierten „Goldenen 20er Jahre“ waren für die wenigsten Menschen goldig. Mit der Inflationszeit und den Folgen der Weltwirtschaftskrise wurde es für die Menschen in Chemnitz immer schwerer. 1933 kamen neue „Heilsbringer“ an die Macht und versprachen ein „1000-jähriges Reich“. Dieses dauerte nur 12 Jahre und brachte für Millionen von Menschen unsägliches Leid.
Der leider verstorbene Türmer Stefan Weber beschreibt ausdrucksvoll die Angriffe auf die Stadt: „Bis zum Frühjahr 1944 kannten die Menschen in Chemnitz Luftangriffe auf deutsche Städte nur aus den Wochenschauen. Die ersten Luftangriffe auf Chemnitz und seine Vororte fanden im Mai 1944 statt, Rottluff und Rabenstein, Siegmar und Schönau bekamen die Folgen der Bombardements zu spüren. Im Februar 1945 erfolgte ein weiterer schwerer Luftangriff, bei dem es das Küchwald- und Schloßviertel, den Kaßberg, Ebersdorf und Hilbersdorf traf. Am 14. Februar gab es weitere Angriffe auf Siegmar-Schönau, auf Altchemnitz, Reichenhain, Erfenschlag und Einsiedel. Es folgten am 2. und 3. März weitere Luftangriffe auf die Stadt. Die größte Katastrophe stand der Stadt jedoch noch bevor.
Der 5. März war ein grauer Montag, zwischen 9:45 und 12:10 Uhr erfolgte ein Luftangriff auf die Innenstadt. Gegen 20:20 Uhr wurde Großalarm ausgelöst und die Sirenen dröhnten in allen Stadtteilen. Der englische Rundfunk gibt um 20:00 Uhr bekannt: 900 Flugzeuge starten zum Großangriff auf Chemnitz. Um 21:30 Uhr brach über Chemnitz die Hölle herein. Die Luft war erfüllt von ununterbrochenem Motorenlärm, die Bomber warfen ihre todbringende Ladung über der Stadt ab, die Erde bebte, Häuser brannten, stürzten ein und Menschen irrten schutzsuchend umher. Dieses Inferno dauerte bis 22:30 Uhr an, die Bomberverbände zogen ab, innerhalb einer Stunde waren 80 % der Innenstadt vernichtet.“
Nüchterne Bilanz: Nahezu 4.000 Menschen kamen um, 100.000 wurden obdachlos, von den 110.000 Wohnungen wurden 72.000 entweder total zerstört oder schwer beschädigt. Alle Theater und sieben Kirchen waren zu Ruinen geworden, fast alle Schulen wurden beschädigt, die Stadtbücherei mit über 60.000 Büchern und Dokumenten war zu Schutt und Asche geworden.
Am 6. März 1945 berichtete die New York Times die siegreiche Zerstörung der Stadt. Nach Schätzungen sind in den drei Wochen von Februar bis März 1945 etwa 8.000 Tonnen Sprengstoff auf die Stadt abgeworfen worden.
Die selbsternannten „Heilsbringer“ von 1933 sind verantwortlich für die Zerstörung der Stadt. Fast alles, was in Jahrhunderten geschaffen wurde und die Stadt geprägt hat, lag in Schutt und Asche. Fabriken und Häuser kann man wieder aufbauen, die Menschen, die ihr Leben verloren, die verwundet an Leib und Seele waren, hatten die Hauptlast des Krieges zu tragen.
Die großen Wunden, die der Krieg der Stadt zugefügt hat, sieht man teilweise bis heute.
Über den schweren Wiederaufbau der Stadt berichte ich im nächsten Heft.
Quellenauswahl: Tilo Richter, Der Theaterplatz, Passage-Verlag, Leipzig 2001, Uwe Fiedler, Bomben auf Chemnitz, Verlag Heimatland Sachsen GmbH, Chemnitz 2005. Stefan Weber, Chemnitzer Seiten, Heft 1/ 2010