Salix – sonnige „Augenweide“ und schmerzstillendes Mittel

Was für uns Menschen im Winter das „Nadelgrün“ bedeutet, symbolisieren Weidenzweige für das Frühjahr. Mit flauschigen „Maikätzchen“ besetzt oder als quirlige „Korkenzieher“ sind diese kaum als Zimmerschmuck wegzudenken. Wobei die meisten Naturfreunde bei der erst genannten Variante zurecht mahnend den Zeigefinger erheben. Weidenkätzchen stehen bekanntlich unter Naturschutz, weil sie im zeitigen Frühjahr eine unersetzliche Nahrungsquelle für heimische Insekten sind.

Die ursprüngliche Weide (Salix) ist ein Baum, welcher uns bereits seit dem Altertum begleitet. Viele Mythen verbindet die Menschheit damit. Sie ist Symbol für Fruchtbarkeit und ebenso für Trauer, Tod und Hexerei (knorrige, alte tlw. hohle Stämme regen bei Dämmerung gespenstische Fantasien an). Wir wollen sie lieber als Zeichen der Lebenskraft betrachten, denn selbst verletzte oder uralte Stämmen treiben immer wieder aus. Oft wurzeln in die Erde gesteckte Weidenruten in Kürze an und eilen mit zügigem Wachstum dem Himmel entgegen.

Heutzutage ist uns die Weide in vielfältigsten Arten und Züchtungen (über 350) bekannt, bspw.: 

  • die Trauerweide (Salix babylonica) mit ihren herabhängenden langen Ruten (Christus soll mit Weidenruten gegeißelt worden sein …),
  • die Silberweide(Salix alba) mit silbergrauen Blättern
  • die Kopfweide, meist eine „geköpfte“ (eingekürzte) Silberweide oder Korb-Weide (Salix viminalis), deren biegsame einjährige Ruten gewässert und anschließend zu vielfältigem Flechtwerk (bspw. Körbe, Stühle und Zäune)verwendet werden können und
  • die Salweide (Salix caprea), die sehr zeitig blüht und sonnengelbe Kätzchen hat.

Die Weide müsste einen großen Status in der Medizin bekommen. Vor allem die Rinde birgt ganz besondere Inhaltsstoffe in sich. Neben den Gerbstoffen kann das Salicin medizinisch genutzt werden, die Grundformel für das Aspirin. Salicin wird in Acetylsalicylsäure (ASS) umgewandelt und in Massen synthetisch hergestellt. So sind die Wirkstoffe korrekter dosierbar. Die Pharmaindustrie hat sich damit um 1900 einen enormen Wirtschaftszweig aufgebaut. Das Monopol, Schmerzen erfolgreich zu therapieren, bringt viel und stetig Profit. Das ist sicherlich ein Grund, warum das Wissen nicht „unnötig“ verbreitet wird. 

Die desinfizierenden und entzündungshemmenden Wirkstoffe der Weidenrinde haben ein breites Einsatzspektrum. In der Naturheilkunde wird die Rinde des Weidenbaumes vor allem bei Erkältungskrankheiten mit Fieber eingesetzt. Schlimme Kopf- und Gliederschmerzen sowie rheumatische und entzündliche Beschwerden können nachhaltig gelindert werden. Zur Ausleitung von Harnsäure (Gicht) können die Bestandteile der Weide entsprechend dosiert angewendet und eingenommen werden. Bei entzündetem Zahnfleisch und Erkältungsschmerzen im Rachen wirkt sie beim Gurgeln entzündungshemmend. 

Verwendet wird die Rinde von mindestens zwei- oder dreijährigen Ästen. Für einen Tee kann man, wenn es schnell gehen muss, einen gehäuften Teelöffel frischer oder zwei Teelöffel getrockneter Weidenrinde (pro Tasse) mit kochendem Wasser übergießen und 15 Minuten ziehen lassen. Für einen wirksamen Kaltauszug das Ganze ca. 8 Stunden angesetzt und vor der Verwendung kurz aufgeköchelt. Der Tee hat einen bitteren Geschmack, was letztendlich auch die Verdauung anregt.

Bei Magengeschwüren darf Weidenrinde keinesfalls innerlich angewendet werden. Vorsicht ist bei der Verwendung während einer Schwangerschaft geboten. Das gilt genauso für die chemische Variante. Manche Menschen können allergische Reaktionen auf den Wirkstoff Salicin bekommen. In diesen Fällen sollte man sich zu Alternativen beraten lassen. 

Unproblematisch kann die Weidenrinde äußerlich angewendet werden. Sie eignet sich gut als Badezusatz. Die Gerbstoffe wirken zusammenziehend und helfen bspw. bei starker Schweißbildung. Daher ist ein Rindensud sehr für Fußbäder zu empfehlen. 

Weiterhin ist bekannt, dass ein Tee aus Weidenkätzchen bei nervösen Störungen (bspw. Schlafstörungen) Abhilfe bringen kann.

Weiden wachsen bevorzugt auf feuchtem Boden. Sie nehmen über ihre Wurzeln enorme Mengen an Wasser auf und transportieren dieses bis in die Blätter, wo es verdunstet. Der Baum eignet sich also, um nasse Gebiete zu entwässern.

Männliche (gelb) und weibliche Blüten (eher grünlich) wachsen übrigens auf verschiedenen Bäumen und sind zur Bestäubung auf Wind oder Insekten angewiesen.

Im März erscheinen regulär die Blüten, bei milden Witterungsverhältnissen schon wesentlich vorher. Die besonders zeitig und üppig blühende Salweide gehört zu den wichtigsten und ergiebigsten „Futterbäumen“ für unsere Bienen und Hummeln im zeitigen Frühjahr. Deshalb sei an dieser Stelle nochmals der „Zeigefinger“ benannt, denn abgeschnitten und in die menschlichen Wohnstuben gebracht, nährt er nur den Blick. Die Insekten gehen möglicherweise leer aus …

Verwenden Sie für Ihre Dekorationen lieber eigens herangezogene Produkte aus dem Handel oder greifen auf die nicht minder dekorativen „Korkenzieherweidenäste“ von Gartenfreunden zurück.

Alles Gute für Ihre Gesundheit und Ihr Wohlergehen

Ihr Andreas Wolf-Kather

aus VS Aktuell 1/2017, erschienen im  VS Aktuell 1/2017