Ich hatte in Angola in den 80er Jahren eine unbeschwerte Kindheit. Wir waren fünf Mädels, nicht reich aber wir hatten alles, was wir brauchten.
Meine Stadt heißt „Sidat, das Akazien Rubresch“ oder „Die Stadt der Roten Akazien“. Und so war es auch: Im Frühling, der bei uns zwischen Juli und September ist, blühen die Akazien strahlend rot – ein unvergesslicher Anblick!
Im Sommer kommen die Früchte: Mangos, Ananas, Bananen, auch Kaffee – alles riecht so intensiv auf seine Art – das kann man sich hier kaum vorstellen!
Wir sind natürlich zur Schule gegangen, aber auch in die Kirche, wo wir Religionsunterricht bekamen. Außerdem war ich verrückt nach Sport: Handball, Karate, Tanzgruppen – da gab es zum Glück für mich ein großes Angebot.
Wir haben auf der Straße jeden Menschen begrüßt, auch wenn wir ihn nicht kannten. Man weiß es nicht, wann wir einander mal brauchen! Unsere Haustür war immer weit auf. Wir schließen die Tür nie, solange jemand zu Hause ist.
Ein Nachbar war Konditor und hat uns ab und zu ganz leckere Quarkbällchen gemacht. Das war für uns ein Highlight.
Sonntags fuhr ein anderer Nachbar die Kinderschar aus der Nachbarschaft zum Strand. Wir, 30 bis 40 Kinder, nahmen unser Picknick mit und schmissen uns in seinen großen IFA-Lastwagen. Dann haben wir den ganzen Tag gespielt und getobt. Das waren Zeiten!
Als der Bürgerkrieg im Frühling 1992 losging, haben wir Kinder am Anfang den Krieg begrüßt! Wir dachten „Wow – jetzt wird’s hier wie im Film!“
Es dauerte nicht lange bis wir begriffen, wie schrecklich Krieg ist. Wir haben Leichen gesehen, viele Städte sind kaputt gegangen. Als wir wieder in die Schule gehen konnten, waren manche Mitschüler nicht mehr da. Was für ein Schock – sie sind im Krieg verstorben.
Der Bürgerkrieg war nach drei Monaten zu Ende. Ich besuche meine Heimat regelmäßig – die schöne Stadt der roten Akazien!