Etliche Variationen einer alten Sage werden bis heute mit der Wegwarte (Cichorium intybus) in Verbindung gebracht und es gibt zu ihr viele Erzählungen und Gedichte, u. a. von Hermann Löns. Eines jedoch vereint alle diese Interpretationen: Die strahlend blauen Blüten vom Wegesrand sollen die Augen verwunschener Frauen sein, die in unsterblicher Liebe auf ihren Liebsten an jenem Ort, wo sie von ihm scheiden mussten, warten. In ewiger Treue verharren die Unglücklichen am Scheideweg und halten in der Hoffnung auf eine Wiederkehr nach ihrem Geliebten Ausschau. Nach langer Verzweiflung vom Himmel zu jenen blauen Blumen verwandelt, werden sie dort stehen, bis sich ggf. ein „Happy End“ ergibt. Seltener gibt es die Wegwarte mit weißen Blüten, wobei es sich um ein verzaubertes Burgfräulein handeln soll, welches in tiefer Sehnsucht auf ihren Ritter wartet. Blaue Blüten stehen für die Hofdamen, welche die Unglückliche begleiteten. Manche vermuten, jene weißen Blütenköpfe würden zu guten Feen gehören und besäßen daher große magische Kraft.
Wie auch immer: An jeder Sage soll etwas Wahres sein. Für den Kundigen ist sie tatsächlich ein wohlbringender Schatz.
Wie es der Name schon sagt, ist die Wegwarte häufig an Wegen, Wiesen- oder Feldrainen vorzugsweise an sonnigen Stellen zu finden. Für den Garten kann sie aus Samen gezogen werden. Blühen werden die Pflanzen erst im zweiten Jahr. Sie haben eine lange Pfahlwurzel, welche tief ins Erdreich dringt. Die Blätter erinnern an den Löwenzahn. Ihr sparrig verzweigter Stängel wächst aufrecht, kann über einen Meter hoch werden und führt einen Milchsaft. Die einzelnen Blüten öffnen sich zwischen Juni und Oktober bei aufgehender Sonne und schließen sich nach ca. sechs Stunden gegen Mittag – für immer. Die kurze Blütezeit verleiht ihr mancherorts den volkstümlichen Beinamen „Faule Magd“.
Schon seit der Antike wird die Pflanze naturheilkundlich genutzt und namhafte Ärzte und Heiler haben sich mit ihrer Heilkraft beschäftigt. Heute schätzt sie nicht nur die Volksheilkunde, sondern auch die moderne medizinische Wissenschaft als nützliche Heilpflanze ein. Ihre Wirkstoffe bringen dem Menschen Gesundheit und Kraft. Die in ihr enthaltenen Bitterstoffe eignen sich hervorragend, um Magen oder Darm bei empfindlichen Störungen zu behandeln. Auch Leber, Milz und Galle können positiv beeinflusst werden. Bei hartnäckigen Hautproblemen kann eine äußerliche Anwendung in Betracht gezogen werden. Auch in der „Bachblüten-Kunde“ findet die Wegwarte ihren Platz.
Friedrich dem Großen wird nachgesagt, dass er seinem Volk den Zichorientrunk nahelegte. Allerdings ging es dem „Alten Fritz“ weniger um gesundheitsförderliche Maßnahmen, sondern er störte sich daran, dass das Kaffeetrinken auch beim gewöhnlichen „Pöbel“ in Mode kam. Er erhöhte die Einfuhrzölle und erließ zudem 1781 ein Kaffeeröstverbot. Somit förderte der Preußen-König den Anbau des heimischen „Kaffeekrautes“. Die Produktion von Zichorienkaffee erlebte einen regelrechten Aufschwung, was die eigene Wirtschaft ankurbelte. Infolgedessen entstanden etliche Fabriken.
Auch in darauffolgenden Zeiten wurde in Deutschland Kaffee mit den gerösteten und gemahlenen Wurzeln der Wegwarte gestreckt, dunkel gefärbt und bitter gemacht. Heute ist es ein magenfreundliches Kultgetränk, ganz ohne Koffein. Bspw. können Frauen in der Schwangerschaft sehr gut als Alternative zum Kaffee das braune Gebräu vertragen. Wer aus gesundheitlichen Bedenken nur entkoffeinierten „Kaffee“ zu sich nimmt, könnte auch auf das Zichorien-Produkt umsteigen, da beim Entkoffeinierungsprozess von Kaffeebohnen unerwünschte Nebenstoffe entstehen können.
Die Blätter der Wegwarte lassen sich als Gemüse verwenden. Sie ist mit der Salat-Endivie verwandt und diente der Zuchtform für den heutigen Chicorée. Die Blüten kann man beispielsweise für Teemischungen verwenden.
Das alles macht deutlich: Der jahrtausendealte Kult um die magische blaue Blume hat seine Berechtigung! Probieren Sie es einfach mal aus!