Themennachmittag über Asylbewerber

Am 6. April 2017 trafen sich Mitglieder und Gäste der Wohngruppe Kleinolbersdorf-Altenhain im Gasthof Kleinolbersdorf zu einem Informationsnachmittag über Asyl­­- bewerber. Ulrike Riethmüller vom Sozialamt Chemnitz gab uns einen Überblick über ihre Arbeit in der Abteilung Migration, Integration, Wohnen sowie zu den einzelnen Sachgebieten im Sozialamt, wie Unterbringung, soziale Beratung und Betreuung, dem Asylbewerber-Leistungsgesetz und der Integration. 

Das Sachgebiet Unterbringung bemüht sich generell um Wohnungslose. So gibt es in Chemnitz vier Asylbewerber-Wohnheime, in denen zurzeit 341 Alleinstehende, vorwiegend Männer, untergebracht sind. Das Sozialamt hat 738 Wohnungen angemietet, in denen Familien untergekommen sind. Schwierig ist es dabei, die Landeskultur und die Religion der Flüchtlinge zu berücksichtigen. Ulrike Riethmüller teilte uns mit, dass alle Aufenthalte immer befristet sind.

In der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Sachsen werden angekommene Flüchtlinge untergebracht und versorgt. Vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge werden Herkunft, Fluchtgeschichte und persönliche Daten erhoben. Fehlende Papiere müssen die Flüchtlinge über die entsprechende Botschaft beschaffen. Es beginnt das Asylverfahren, bei dem ein sogenannter Aufenthaltstitel festgelegt wird. Zunächst ergibt sich ein vorübergehendes Bleiberecht von einem Jahr, auch wenn die Rückkehr ins Heimatland erst einmal noch nicht möglich ist.

Die Flüchtlinge werden in Deutschland nach dem „Königsteiner Schlüssel“ auf die Bundesländer verteilt, nach welchem die Aufteilung des Länderanteils bei gemeinsamen Finanzierungen geregelt wird. Auf Sachsen entfallen für das Jahr 2017 6% aller in Deutschland ankommenden Flüchtlinge. Für alle Flüchtlinge ohne Aufenthaltstitel beginnt eine Rückkehrberatung zur freiwilligen Rückreise ins Heimatland. Das DRK bemüht sich finanziell um die Reintegration im Herkunftsland und den Rückflug finanziert die Internationale Organisation für Migration (IOM). Ist der Flüchtling nicht zur Rückkehr ins Heimatland bereit, erfolgt die Abschiebung.

Hat ein Flüchtling einen Aufenthaltstitel bekommen, dann beginnt eine Aufenthaltsgewährung von drei Jahren. Dabei tragen Bund, Land und Kommunen alle Kosten der Unterbringung, Betreuung und Lebenshaltung der Flüchtlinge gemeinsam. Mit einem Aufenthaltstitel müssen sich Flüchtlinge im Jobcenter melden, sie bekommen Leistungen entsprechend dem SGB II (Sozialgesetzbuch) und dürfen eine eigene Wohnung mieten. In Chemnitz übernehmen die AWO, der Sächsische Flüchtlingsrat, die Stadtmission und das DRK die Betreuung der Flüchtlinge. Ein Betreuer ist zurzeit für 80 Flüchtlinge zuständig.

Die Volkssolidarität Chemnitz hat mit Förderung des Freistaates Sachsen  „CULTRA – Projekt für kulturellen Austausch“ ins Leben gerufen. Tukayana Paulo-König, aus Angola stammend, ist Sozialbetreuerin dieses Projektes und berichtete uns von dessen Anliegen. Sie wies darauf hin, dass Integration auf Gegenseitigkeit beruht und nicht bedeutet, die eigene Kultur ablegen zu müssen. Dabei sind einige Regeln in unserem Land schwer zu verstehen und der ­Umgang mit Hausgeräten, die Heizungsregulierung, der Stromverbrauch, die Mülltrennung und viele andere – für uns banal erscheinende – 

Dinge, insbesondere der nachbarschaftliche Umgang mit Mitmietern stellen Asylbewerber täglich vor große Herausforderungen.

Yousef Ahmad, ein Asylbewerber aus Syrien, gestaltete den Nachmittag kulturell aus: Er spielte und sang für uns kurdische und arabische Lieder über Liebe, Freundschaft und Frieden, spielte gleichzeitig (!) auf seiner Gitarre, mit einer Mundharmonika, an je einem Fuß eine selbst gebastelte Trommel bzw. eine Rassel. Die Lieder waren sehr rhythmisch. Auch ohne den Text zu verstehen, waren wir von der fremdländischen Musik begeistert. Yousef berichtete uns zudem in gutem Deutsch aus seinem Leben in Deutschland, wo er seit zwei Jahren lebt. Er erhielt kürzlich einen Aufenthaltstitel, deshalb konnte er seine Ehefrau und seine zweijährige Tochter, die er bisher noch nicht gesehen hat, nach Deutschland holen. Seinen Wunsch, als Musiker zu arbeiten, kann er sich ohne Berufsabschluss nicht erfüllen.

Viele Mitglieder unserer Wohngruppe brachten Bücher, CDs und Spielzeug für das Projekt mit, welche gern entgegengenommen wurden. Einen aktuellen Überblick, über die Flüchtlingszahlen finden Sie unter www.chemnitz.de.

aus VS Aktuell 3/2017, erschienen im  Cultra   VS Aktuell   VS Aktuell 3/2017 Aus dem Mitgliederleben